26th chapter

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Von jetzt an höre ich schweigend zu, während Pläne geschmiedet werden, wie man die Regierung am besten stürzen oder wenigstens dazu zwingen könnte, die Forderungen der Rebellen zu erfüllen.

„Wie wäre es mit Plan B", meint Louis mitten in der Diskussion plötzlich.

Gerade habe ich nicht wirklich aufgepasst, daher weiß ich nicht, worum es davor ging und werde jetzt wieder aufmerksam.

„Dave, wie siehst du das?", will Louis weiter wissen. „Fühlst du dich vorbereitet?"

„Ich?", entgegnet der junge Mann, der mir gegenüber so misstrauisch war, jetzt. „Warum sollte ich mich vorbereitet fühlen? Dasselbe könnte ich wohl dich fragen. Du musst es schließlich am Ende durchziehen."

„Nein", widerspricht Louis und ich merke, dass die Stimmung augenblicklich angespannter wird. „Ich kann nicht."

„Wieso nicht?", fragt Dave provozierend. „Wir hatten es bisher immer so besprochen!"

„Die kennen mich", erklärte mein Seelenverwandter verärgert. „Die wissen, wer ich bin. Ich kann da nicht einfach so reinspazieren!"

„Da mach dir mal keine Gedanken", sagt Dave allerdings. „Die erkennen dich eh nicht wieder. Da arbeiten so viele Leute!"

„Nein, damit meine ich, sie kennen mich wirklich", widerspricht er. „Sie würden mein Gesicht erkennen. Ich kann das nicht machen."

„Warum bist du mittlerweile so bekannt unter diesen Leuten?", fuhr Dave ihn an. „Liegt das etwa alles an der Kleinen?"

Er nickt mit dem Kopf in meine Richtung und ich ziehe die Schultern ein, um mich so klein wie möglich zu machen. Ich will nicht noch mehr Ärger provozieren, als ich ohnehin schon getan habe.

„Louis kann nicht gehen und basta", mischt sich mit einem Mal Bobo ein.

Seine Stimme klingt grimmig und ich kann gut verstehen, wieso Dave darauf erst einmal schweigt.

„Na dann mach ich es eben", brummt er schließlich. „Ich bin bereit, alles für die Sache zu tun, auch wenn es mein Leben kosten würde."

„Vielleicht ist das, was dich erwartet, wenn du geschnappt wirst, schlimmer als der Tod", meint einer der Anwesenden und ich frage mich mittlerweile wirklich, was sie planen.

Und noch weniger verstehe ich, warum Louis diese Mission, was auch immer es sein mag, nicht durchführen kann. Warum kennen die Leute ihn dort und warum dürfen sie ihn nicht kennen?

„Egal, welche Schmerzen auf mich zukommen", sagt Dave währenddessen überzeugt, „ich werde es auf mich nehmen. Jede Sache braucht ihre Märtyrer."

Ich muss mich zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. Nun übertreibt er aber wirklich!

Allerdings gibt es mir auch den Verdacht, dass es sich um etwas wirklich Gefährliches handeln muss, wenn Tod nicht das Schlimmste ist, was im Falle eines Scheiterns auf ihn warten könnte.

„Du musst also dafür sorgen, dass man deine Markierung auf keinen Fall sieht", wirft Ada warnend in den Raum. „Denk dran: Sobald sie es sehen, ist es aus."

„Sehe ich aus, als wäre ich blöd?", fährt Dave sie grob an. „Natürlich wird man von dem verdammten Mal nicht das Geringste sehen. Schließlich trage ich einen langärmligen Anzug."

Es geht also darum, etwas in 'meinem' Stadtteil zu machen.

Sie wollen irgendwohin, wo Rebellen normalerweise unerwünscht sind.

Aber warum kann Louis das nicht mehr erledigen? Er kommt mir nicht wie jemand vor, der sich um seine Aufgaben herumdrückt. Außerdem ist er schon oft dort gewesen, um mich zu besuchen und auch um Medikamente für Ada zu besorgen. Also dürfte es doch eher ein Vorteil für ihn sein, da er sich besser auskennt und noch dazu kann es nicht so schwer sein, wie sie hier alle behaupten.

Es muss sich wohl um etwas Anderes handeln.

„Sicherer ist es, wenn du dazu noch eine Armbinde oder so hast. Nur für alle Fälle", meint Louis.

„Ich werd' schon dran denken", winkt Dave gleichgültig ab.

„Und nimm die Pläne mit", spricht Louis weiter. „Der erste Sicherheitscheck ist gleich hinter dem Eingang. Wenn du da durchgehst, bist du in der Eingangshalle. Von dort aus führen zwei Lifts in die oberen Stockwerke, für die man einen Sicherheitscode braucht, den du auf jeden Fall vorher auswendiglernen musst."

Und da wird mir klar, was sie machen wollen.

Die Beschreibung des Gebäudes kommt mir zu bekannt vor, vor allem, weil es eine Kontrolle schon direkt nach dem Eingang gibt. Ich war schon mehrmals dort, als ich meine Eltern begleitet habe.

Sie wollen ins Staatsgebäude einbrechen.

Und ich weiß gleichzeitig, dass ihr Plan schon von dem Moment an, wo sie das Gebäude auch nur betreten, zum Scheitern verurteilt ist.

„Das wird nicht funktionieren", murmele ich leise.

Trotzdem hören sie mich und sehen zu mir.

„Wie war das?", hakt Louis nach.

„Euer Plan. Ein Einbruch ins Staatsgebäude. Das wird nicht funktionieren."

Er lacht ungläubig. „Mira, wir planen das schon seit Jahren, glaub mir, wir sind vorbereitet. Wir wissen, was auf uns zukommt."

Nein, das wissen sie nicht, sonst hätten sie die Idee schon lange verworfen. „Ihr werdet nichtmal durch die erste Kontrolle kommen. Sie werden euch sofort entdecken."

„Nein, wir haben das schon geplant. Wir geben uns-", versucht Louis anzufangen, doch ich unterbreche ihn: „Habt ihr eine Möglichkeit gefunden, Identitätschecks mit DNA-Analysen zu umgehen? Oder computergesteuerte Kameras, die eine Datenbank haben, in der das Gesicht von jedem Mitarbeiter gespeichert ist und die Fremde sofort erkennt, woraufhin sie eine Information an den Sicherheitsdienst weiterschickt?"

Sie starren mich ungläubig an, was mir sagt, dass sie es eindeutig nicht so weit geplant haben. Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, dass solche Sicherheitsmaßnahmen überhaupt existieren.

Doch jetzt, da ich sie ansehe, merke ich, dass ich damit ihren kompletten Plan zerstört habe.

Und sie tun mir fast schon ein wenig leid.

Die Dinge, die sie nicht sehen || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt