36th chapter

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Langsam lässt Louis von meinen Lippen ab und beugt sich zu meinem Ohr hinab.

„Ich liebe dich", flüstert er, während er sich meinen Hals entlang küsst.

Ich genieße seine Berührungen und den Moment, in dem wir uns zum ersten Mal so nah sind.

Immer und immer wieder flüstert er diese drei Worte zwischen seinen Küssen, wodurch sie fast wie eine Art Beschwörung klingen – fast so, als würde er sie zum Abschied flüstern.

Dieser Gedanke treibt mir Tränen in die Augen. Ich komme damit zurecht, die Farben zu verlieren, aber ich könnte nicht damit leben, Louis zu verlieren.

Dieser hat meinen Stimmungswechsel bemerkt, weshalb er sich etwas von mir löst und mich fragend anblickt.

„Sie dürfen mich nicht von dir trennen", schluchze ich schon fast, während sich tatsächlich eine Träne löst und mir über die Wange fließt.

Einen Moment blickt er mich traurig an, dann beugt sich der Mann über mir wortlos zu mir hinunter und küsst die Träne weg, legt danach seine Lippen wieder auf meine und flüstert gegen sie: „Das werden sie niemals schaffen."

Meine Hände legen sich wie von selbst auf seinen Rücken und drücken ihn noch näher an mich heran, auch wenn das schon eigentlich gar nicht mehr möglich ist, aber ich brauche ihn im Moment mehr als alles andere auf dieser Welt.

Ich will seinen Worten Glauben schenken, doch ich habe Angst.

Jedoch versuche ich, den Gedanken zu unterdrücken und als ich mich wieder auf ihn und die von ihm ausgehende Wärme konzentriere, weiß ich, dass er alles dafür tun würde, damit wir nicht getrennt werden.

Ich vertraue ihm und das versuche ich ihn, spüren zu lassen. Gleichzeitig weiß ich allerdings, dass dieses Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht, andernfalls hätte er dem Plan für Daves Befreiung niemals zugestimmt.

Langsam fahre ich also seine Seiten entlang, hin zu dem Saum seines Oberteils, welches ich etwas nach oben ziehe und unsicher auf eine Reaktion von ihm warte.

Er stützt sich zuerst auf seine Arme und setzt sich anschließend kurz auf, um es sich auszuziehen und ich bin erleichtert, dass ich anscheinend alles richtig gemacht habe.

Meine Augen liegen auf seinem Bauch und ich berühre ihn leicht mit meinen Fingerkuppen. Zurückhaltend und völlig benebelt streiche ich über ihn, während meine Augen sich in seine Haut bohren.

Ich habe noch nicht viel von seiner Haut gesehen, nur einmal etwas, als er mir sein Mal zeigte.

Die Farbe, die man wahrscheinlich als Hautfarbe bezeichnen würde, ist nicht so intensiv wie manch andere, die mir durch Louis schon geschenkt wurde, doch trotzdem ist sie wundervoll.

Mein Seelenverwandter verwehrt mir jedoch den Anblick, als er sich wieder auf mich legt, nach meiner Hand greift und diese neben meinem Kopf mit seiner verschränkt, was ich ihm allerdings keinesfalls übelnehme. Mit der anderen stützt er sich etwas ab, damit nicht sein gesamtes Gewicht auf meinem Körper lastet und diesmal strecke ich meinen Kopf etwas nach oben, lege meine freie Hand in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir runter, damit ich seine Lippen wieder schneller auf meinen spüren kann.

Ich merke, dass er grinst und will gerade in den Kuss hinein lächeln, als die Tür des Wohnwagens aufgerissen wird und ich erschrocken meinen Kopf zurückziehe und meine Hand fallen lasse.

Niemand anderes als Bobo steht im Türrahmen und sieht uns gehetzt an, ehe er kurz die Augenbrauen hebt, die Situation anscheinend begreift, leicht mit einem Mundwinkel zuckt und dadurch seinen ernsten Gesichtsausdruck etwas auflockert.

„Bobo", zischt der Mann über mir dem Älteren zu, setzt sich auf und greift nach seinem Shirt, um sich dieses wieder überzuziehen.

Ich sehe zu ihm und erkenne, dass ich seine Haare zerzaust habe und seine Wangen eine Farbe angenommen haben, die ich zwar schon ein paar Mal bei ihm gesehen habe, die mir jedoch trotzdem jedes Mal wieder unglaublich gut gefällt, da sie Louis ziemlich süß aussehen lässt.

„Was gibt's?", will der Anführer brummend wissen und der Mund des Dunkelhäutigen verzieht sich wieder zu einem Strich.

„Die Regierung ist hier", spricht er und bringt sein Anliegen damit genau auf den Punkt.

Sowohl Louis als auch ich blicken den Ältesten geschockt an und die intime Stimmung, die eben noch zwischen uns geherrscht hat, ist mit einem Mal verschwunden – allerdings nicht, ohne Spuren zu hinterlassen, denn ich kann Louis' Berührungen noch immer auf meiner Haut spüren.

„Hier?", wiederholt dieser erschrocken und Bobo nickt darauf.

„Ja. Sie durchsuchen systematisch alle Häuser. Bestimmt suchen sie nach ihr."

Er sieht dabei mich an und ein leichter Vorwurf ist in seinem Blick zu finden.

Kein Wunder, schließlich habe ich die Regierung dazu gebracht, hierher zu kommen, wo sie außer mir vielleicht noch andere verbotene Dinge finden werden, welche sich die Rebellen im Laufe der Zeit genommen haben, um zu überleben.

„Das ist schlecht, ganz schlecht", murmelt mein Seelenverwandter leise vor sich hin und zieht mich fest an sich, sodass ich nun wieder die Wärme seines Körpers spüren kann.

Ich schmiege mich an ihn und hoffe, durch seine Berührungen Trost zu finden. Durch sein T-Shirt hindurch spüre ich das aufgeregte Pulsieren seines Herzens und in seinen Augen erkenne ich, dass er krampfhaft nach einem Ausweg sucht.

„Wir müssen schon jetzt aufbrechen", meint er schließlich und fährt sich durch die von mir verwuschelten Haare.

Sein Vorschlag lässt mich schwer schlucken.

Ich habe einen Kloß im Hals, wenn ich daran denke, dass die begrenzte Zeit, in der ich Louis noch so sehen kann, wie er wirklich ist, mit all seinen Farben, noch einmal verkürzt wird.

Aber wenn es für das Wohl aller ist, bleibt mir keine andere Wahl. Ich muss meine eigenen Wünsche aufgeben, wenn ich meine neue Familie retten will.

„Ziehen wir's durch", sage ich also und klinge dabei entschlossener, als ich mich wirklich fühle.

Louis nickt bestätigend. „Ruf die anderen zusammen, Bobo. Planänderung."

Die Dinge, die sie nicht sehen || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt