Hin und her gerissen.

929 38 0
                                    

Es ist 4:37 Uhr, als ich neben Negan aufwache und auf die Uhr schaue.
Ich wälse mich noch eine Weile hin und her, kann aber einfach nicht mehr einschlafen.
Ich blicke zu Negan, der neben mir schläft.
Er sieht so friedlich aus, als könnte er keiner Fliege etwas zu leide zu tun.
Aber ich weiß, dass er das sehr wohl kann. Er tötet Menschen, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hat meine Freunde getötet und das kann ich ihm niemals verzeihen. Ich werde mich dafür rächen, was er meinen Freunden angetan hat. Ich werde ihn töten.

Als ich mir gerade wieder klar gemacht hatte, warum ich eingewillgt habe seine Frau zu werden, fällt mir auf, dass Negan immernoch nackt neben mit liegt. Wir hatten am Vorabend miteinander geschlafen und zu meinem Entsetzten hatte es mir sogar gefallen.

Schnell verdränge ich den Gedanken an den unglaublich guten Sex und beschließe aufzustehen. Ich kann sowieso nicht mehr schlafen und außerdem möchte ich weg sein, bevor Negan aufwacht. Ich steige so leise wie möglich aus dem super weichen Bett und schlüpfe schnell in meine Klamotten. Prüfend blicke ich nochmal zu Negan. Er ist nicht aufgewacht. Zum Glück.
Ich gehe zur Tür und drücke leise die Klinke nach unten. Dann schleiche ich aus dem Zimmer und schließe die Tür hinter mir.
Verträumt laufe ich die leeren Gänge entlang nach draussen. Ich brauche frische Luft. Ich stehe vor dem Sanctuary und sehe mich um. Meine Aufmerksamkeit bleibt an der großen Treppe, außen am Gebäude hängen. Da oben hätte ich sicher meine Ruhe.
Ich steige die Treppe bis ganz nach oben und sehe mich um.
Von hier oben hat man einen atemberaubenden Ausblick. Alles sieht so klein aus.

Ich setze mich auf den Boden und lehne mich gegen das Geländer, das um die zwei riesigen Schornsteine gebaut ist. Ich winkle meine Beine an und benutze sie als Stütze für meinen Kopf.

Wieder fangen meine Gedanken an, sich um das Geschehene letzter Nacht zu drehen. Wie er meinen Körper sanft liebkost hat, wie seine weichen Lippen auf meinen lagen, wie sein rauer Bart angenehm auf meiner Haut kratzte und wie er sich in mir bewegt hat.
Meine sinnlichen Gedanken an letzte Nacht werden von den grässlichen Gedanken an Glenns zertrümmerten Kopf durchbrochen. Wie mir sein Blut ins Gesicht spritzte, als Negan mit Lucille ins Leere schlug. Die Schreie von all meinen Freunden.
Wieder andere Gedanken durchdringen meinen Kopf. Daryls verletztes Gesicht in der dunklen Zelle. Wie leidend er mich ansah. Und all das war nur Negans Schuld. Er ist ein furchtbares Monster und ich wollte nichts anderes als ihn zu töten. Aber vorhin im Schlaf sah er so friedlich aus, fast schon nett.

Ich war hin und her gerissen. Einerseits hasse ich diesen Mann mehr als alles andere. Mehr sogar als die Beisser. Aber auf der anderen Seite war er gestern so zärtlich zu mir und ich habe seine Nähe genossen.

Ich saß noch einige Zeit auf dem Dach als es schließlich langsam hell wird.
Der Himmel ist in ein morgendliches Blau getaucht. Doch am Horizont bilden sich die ersten roten Schwaden, sie sind leicht violett. So wunderschön und doch so unbedeutend.

Das Sanctuary wacht langsam auf. Ich kann die ersten Arbeiter hören. Und doch fühle ich mich allein. Ich weiß nicht, wie ich weiter machen soll. Nur die Vögel über meinem Kopf, spenden mir einen Hauch von Gesellschaft.

Property of Negan (Negan FF #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt