Ich liege da und starre die Decke an. Sie ist weiß und ich muss an Reinheit denken. Ein seufzen entgleiten mir und vor Schmerz presse ich meine Lippen aufeinander. Mein Kopf beugt sich langsam nach vorne und ich schaue auf meinen Körper herab. Um meine Rippen ist ein fester Verband gewickelt und auch mein linkes Bein ist mit einem Verband versehen.
In diesem Moment klopft es an der Tür und ein Mann mit weißem Kittel kommt herein. "Guten Morgen Nathalie. Wie geht es dir heute?" Ich schaue ihn an und meine Augen werden groß. Er steht nun genau neben meinem Bett und ich muss den Kopf heben, um ihm in sein Gesicht schauen zu können. Ich schaue in seine braunen Augen, doch sie verschwimmen immer wieder zu einem grünlichen Ton. SEINEN Augen. Ich drehe also den Kopf wieder ab und starre die gegenüberliegende Wand an. Ich bemerke aus dem Augenwinkel, wie er sein Gewicht von dem einem Bein auf das andere verlagert und auf eine Antwort von mir wartet. Schließlich seufzt er und schaut mich weiterhin an. "Hör zu Nathalie. Du bist jetzt schon drei Tage hier und ich verlange gar nicht von dir, über die Geschehnisse zu reden. Ich möchte nur wissen, wie es deinem Körper geht. Du hast dir mehrere Rippen gebrochen und dir wurde in dein Bein geschossen. Lass mich dir helfen, bitte." Doch wie die letzten Tage auch, prallen seine Worte nur an mir ab und ich verschließe mich vollkommen.
Am Ende gibt er es wieder auf und verlässt wieder mein Zimmer. Ich schließe meine Augen und lausche meinem Atem. "Es ging alles so schnell. Sie kamen rein und wollten mich retten. Dann kam er und zwei von ihnen starben." Meine Gedanken brechen ab und ich schüttel mit meinem Kopf. Ich drehe ihn zur Seite und schaue aus dem Fenster. Draußen scheint die Sonne und ein paar vereinzelte Wolken ziehen vorüber. "Ich bin schrecklich verwirrt." Ich beobachte die Wolken, doch sie bringen mir nicht die erhoffte Ruhe. "Drei Personen starben, weil sie mir helfen wollten. Drei." Wieder kommen mir die Tränen und die Schmerzen in meiner Brust verstärken sich.
Ich blinzel mit den Augen und drehe meinen Kopf von der einen zur anderen Seite. Verwirrt halte ich inne. "Bin ich etwa schon wieder eingeschlafen?" Ich schaue mich in meinem Krankenzimmer um, doch es sieht alles noch so aus, wie sonst auch. Mein Bett steht auf der linken Seite und mir gegenüber steht ein Tisch mit zwei Stühlen. "Ein ganz normales Krankenzimmer eben."
"Doch obwohl ich nun seit drei Tagen befreit bin, lebe ich noch immer in Angst. Sie hat sich in diesem Keller in mich eingenistet und Haust seitdem dort. Ich sollte glücklich und erleichtert sein, doch ich bin es nicht. Ich fühle mich verwirrt und erschöpft. Ich möchte nur meine Ruhe haben."
Erneut klopft es an der Tür und eine der Krankenschwester tritt mit meinem Essen ein. "Guten Morgen Nathalie. Ich bringe dir dein Frühstück." Sie kommt lächelnd auf mich zu und auch ich schenke ihr ein Lächeln. "Danke sehr." Sie hilft mir mich aufzurichten und ich fange an zu Essen. "Lass es dir schmecken liebes." Dann verlässt sie wie immer den Raum und gönnt mir die Privatsphäre, die ich mir so sehr wünsche.
Die ersten Bissen schmecken wie immer nach Pappe, doch ich zwinge mich dazu weiter zu essen. "Ich wurde schließlich nicht aus diesem Dreckloch befreit, um dann im Krankenhaus zu verhungern!" Also esse ich brav auf und lasse mich dann verschwitzt wieder in mein Bett zurück sinken. "Meine Rippen tuen wirklich bei jedem Atemzug weh." Und wieder muss ich an die Nacht meiner Rettung denken. "Und dann kam er, mein Retter. Er half mir hoch und brachte mich zur Tür. Wir schlichen gemeinsam durch den Garten, doch dann fand ER uns und ich wurde im Bein getroffen. Ich knickte zur Seite weg und auf schlug irgendwo mit dem Kopf an. Dann war alles schwarz." Ein zittert überkommt meinen Körper und die Schmerzen verstärken sich ein weiteres Mal, sodass mir Tränen in die Augen steigen. "Danach wachte ich in diesem Krankenbett wieder auf. Was mit meinem Retter geschehen ist, weiß ich nicht. Ebenso wenig was mit IHM geschehen ist. Doch das möchte ich eigentlich gar nicht wissen. Ich möchte wirklich nur wissen was mit meinem Retter geschehen ist. Ich hoffe, dass ich ihn irgendwann wieder sehen werde."
Die Tür geht ein weiteres Mal auf und die Schwester kommt wieder. "Wie immer schön brav aufgegessen, sehr schön." Aufmunternd zwinkert sie mir zu. Ich bringe erneut ein Lächeln zustanden und zufrieden dreht sie sich wieder um. Doch dann bleibt sie stehen. "Nathalie, darf ich dich etwas fragen?" Mein Magen zieht sich vor Angst sofort zusammen, doch ich nicke tapfer. "Deine Eltern und Freunde sind seit deinem ersten Tag hier und sie würden dich gerne sehen. Denkst du, sie können dich bald mal sehen?"
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Willkommen in meiner ganz persönlichen Hölle
TerrorWie beginnt man am besten eine Geschichte, die ein Leben für immer veränderte? Welche Gedanken und Gefühle schreibt man auf? Wie soll man erklären können, was man selber nicht versteht? Welchen Sinn hat ein Leben, in dem es keine Hoffnung mehr gibt...