Kapitel 6: Gefühle

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Gefühle sind Empfindungen die man nicht beschreiben kann. Jeder von uns durchlebt sie. Doch die Frage bleibt, wie soll man jemanden beschreiben, was man in genau diesem einen Augenblick fühlt, wenn man genau weiß, dass der andere sie niemals nachvollziehen kann?

Menschen befinden sich im selben Raum, sehen das Selbe, doch trotzdem fühlen sie sich dabei ganz unterschiedlich. Jeder Mensch hat eigene Erfahrungen, Wünsche und Prioritäten. In dieser Situation kann der andere vielleicht an das Geschehene von Gestern denken und man selbst freut sich auf ein Ereignis, dass in einer Woche geschehen wird. Egal wie viele Menschen etwas zur selben Zeit erleben, jeder von ihnen fühlt anders.

Selbst wenn sich zum Beispiel die Eltern von Kindern trennen. Jedes Kind fühlt sich dabei anders. Mal denkt das Kind daran, dass es selbst daran schuld sei, mal ist es der Vater oder die Mutter. Selbst wenn es in beiden Fällen der Vater ist, so gibt es doch immer andere Hintergründe. Gefühle sind etwas Kompliziertes und Unberechenbares.

Gefühle sind etwas unbeschreibliches, doch ich möchte versuchen diese Gefühle, die ich in diesem Moment empfinde, in Worte zu fassen:

Die Tür geht auf und ein Mann mittleren Alters steht in der Tür. Ich habe ihn erst einmal in meinem ganzen Leben gesehen, doch trotzdem spüre ich wie sofort eine schwere Last von meinen Schultern fällt und sich Freude in mir ausbreitet. Ein Lächeln gleitet über mein Gesicht, mein Herzschlag erhöht sich.

Ich schaue ihn mir ganz genau an. Er müsste eine Größe von 1,90m haben, doch mir fällt sofort seine Kleidung auf. Er hat eine schwarze Leder Jacke an und um den Hals einen blauen Schal geschwungen. Dazu eine normale Jeans. Noch immer steht er in der Tür und meine Augen wandern weiter. Er hat einen hellen Hauttypen und schwarze kurze Haare. Er erinnert mich an jemanden der sehr viel Rock Musik hört.

Gefühle sind nicht nur etwas was man nicht beschreiben kann, sondern etwas was man auch nicht verstehen kann. Eigentlich müsste ich jetzt große Angst haben und vor diesem Mann zurückweichen. Doch ich tue es nicht. Ich vertraue ihm, denn er ist mein Retter.

Ein erneuter Blitz erhellt das Zimmer, doch es wird schlagartig wieder Dunkel. Irgendwo in der Ferne höre ich ein Donnern. Ich spüre, dass ich verlegen bin und nicht weiß, was ich als nächstes Tun soll. Ich würde gerne etwas sagen, mich bedanken, doch mir fallen die richtigen Worte nicht ein. Also schaue ich ihn weiterhin an und warte auf eine Reaktion die von ihm ausgeht.

Ich sehe wie er einmal tief einatmet und dann in mein Zimmer hineinkommt und die Tür hinter sich schließt. Er macht langsame und bedächtige Schritte und lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Mein Atem wird schneller und obwohl ein so tiefes Vertrauen in ihm habe, bekomme ich doch Angst. Er ist ein Mann, ein Mann mit schwarzen Haaren, ein Mann den ich nicht kenne. Ein Mann.

Er kommt weiter auf mich zu, doch geht er dann an mit vorbei und stellt sich an das Fenster. Mit dem Rücken zu mir gewannt steht er so dar und der kühle Regen kommt ihm ins Gesicht. Es scheint ihn nicht zu stören. Ich sehe wie sich sein Brustkorb regelmäßig hebt und wieder senkt und mir fällt auf, dass er das Licht gar nicht eingeschaltet hat, als er herein kam. Wir sind in vollkommene Dunkelheit getaucht.

Immer wieder erscheint ein heller Blitz am Himmel, gefolgt von einem Donnern, das immer näher kommt. Er hebt seine Arme und ich ziehe vor Schreck die Decke höher vor meine Brust, doch er schließt nur das Fenster. Ich höre wie der Regen gegen das Fenster prasselt und er die Kälte somit aus dem Raum gesperrt hat.

Langsam dreht er sich um und schaut mich an. Sein Gesicht ist mit tiefen Sorgenfalten umgeben. In seinen Augen sehe ich Trauer und Schmerz. "Philipp! Ich muss sofort an Philipp denken." Meine Augen weiten sich und ich ziehe scharf die Luft ein. "Ist er das? Ist das der Mann, der Nicole vor dem Altar hat stehen lassen?"

Er wendet seinen Blick wieder von mir ab und geht auf den Stuhl, der neben meinem Bett steht, zu und lässt sich darauf nieder, nachdem er ihn ein Stück weit weggezogen hat.

Er hebt eine Hand und fährt sich damit durch die Haare. Dann fängt er an mit leiser Stimme zu reden. "Ich weiß nicht was ich sagen soll."

Ich sitze da und schaue ihn überrascht an. "Ich hatte mit vielem gerechnet, was er hätte sagen können. Das er mich fragt, wie es mir geht. Das er mir beschreibt, wie sie mich gefunden hatten. Dass er von mir verlangt, darüber zu reden. Aber nicht, dass er genauso ratlos ist wie ich."

Ich schaue ihn also überrascht an und fange an zu lachen. Es ist ein Geräusch was sich in meinen Ohren falsch und nicht richtig anhört. Es hört sich nach etwas an, dass ich viel zu lange vermisst habe. Doch es ist in dem Moment die einzige Reaktion die mein Körper zu Stande bringt. Ich fange an zu lachen und spüre wie meine Rippen wild dagegen protestieren, doch ich kann nicht mehr aufhören. Die Situation ist so unwirklich, dass ich nicht anders kann, als zu lachen.

Ich bemerke, wie er mich anschaut und eine Augenbraune nach oben zieht. "Er hat genauso wenig mit dieser Reaktion gerechnet wie ich." Doch mir ist das egal und ich lache weiter. Ich lache und lache und weine.

Ich weine und spüre wie ein Knoten in mir platzt. Alles kommt aus mir heraus. Dies war nicht ein Weinen, welches kommt wenn man gerade einmal traurig ist. Dies war ein Weinen in dem all die letzten Wochen von mir abfallen. Ein Weinen in dem ich mich, Nicole und die beiden Polizisten betrauer. Ein Weinen über das Glück meiner Rettung.

Er erhebt sich von meinem Stuhl, setzt sich auf mein Bett und nimmt mich in seine Arme. Ich habe keine Angst davor, sondern lasse mich fallen. Ich falle und er fängt mich auf. Ich habe das Gefühl, ehrlich sein zu dürfen und mich für nichts schämen muss. Seine Arme fühlen sich so vertraut an und ich habe das Gefühl von Geborgenheit. Fast schon so etwas wie Sicherheit.

Ich weine also vor mich hin und lasse mich von meinem Retter trösten.

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Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und ich versuche jetzt immer jedes Wochenende ein neues Kapitel reinzustellen. Tut mir wirklich leid, dass ich es nicht öfters schaffe!

Ich möchte mich auch herzlich für eure ganze Unterstützung bedanken, denn ich freue mich jedes Mal auf neues über sie :D

Ich freue mich jetzt schon wieder auf eure Kommentare

Liebe Grüße

black_rose_kiss

Willkommen in meiner ganz persönlichen HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt