"Es gibt Eigenschaften die besitzt jeder Mensch, doch bei jedem sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine dieser Eigenschaften ist der Hang zur Übertreibung. Vielen denen etwas passiert neigen dazu ihre Geschichten auszufüllen und somit dramatischer machen. Meist ist es noch nicht einmal etwas Bewusstes. Menschen wollen sich einfach nur mitteilen, auch ich möchte mich mitteilen..."
Es ist Abend geworden und draußen neigt sich die Sonne langsam dem Horizont entgegen. Der Himmel zeigt ein frohes Farbenspiel, doch ich nehme es gar nicht war. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Wand des dunklen Kellers, indem ich mich so lange befand. Schon bei meinen letzten Gesprächen war mir aufgefallen, dass ich nicht immer die ganze Zeit über hundertprozentig da war. Es gab Momente wo ich mitten im Gespräch abbrach und wieder in diesem Keller war. Immer wieder reißen mich seine Hände erneut in die Dunkelheit und ich spüre wie eine eisige Kälte mich erfasst.
Genauso war es auch bei dem Gespräch mit meinen Eltern gewesen. Doch diesmal war nicht ich selber diejenige, die wieder zurückging. Dieses Mal, haben meine Eltern mich wieder in den Abgrund gestoßen. Mein Ziel war es gewesen, nach Hause zu gehen, damit ich wieder pünktlich zum Schulanfang da sein konnte. Denn somit würde nie jemand etwas erfahren und ich müsste nicht darüber reden.
Ja ich habe gesagt, dass ich mich mitteilen möchte, aber ich kann es nicht. Immer wenn ich den Mund aufmachen möchte und es loslassen möchte stoße ich an eine Blockade. Das Problem ist, dass ich nicht der einzige Mensch auf dieser Welt bin der Probleme hat. Meine Eltern dachten sie hätten mich für immer verloren und stehen noch immer unter Schock. Ich kann ihnen nicht noch mehr zumuten. Christoph hat mich verraten und bei Sabrina ist es nur ihre Arbeit die sie macht. Und somit kommen wir zu einer weiteren Eigenschaft die über die Menschen gesagt wird: Am Ende sind wir immer allein.
Ich kämpfe mit meinen Gedanken und habe das Gefühl, dass mein Kopf explodiert. Draußen ist es mittlerweile auch dunkel geworden und ich sollte versuchen zu schlafen. Doch jedes Mal, wenn ich das Licht erneut ausschalte sehe ich wieder seine Augen. Wie aus dem nichts kommen sie immer wieder auf mich zu. Ich habe nicht nur Angst seitdem ich dieses Trauma erlitten habe, ich bin auch Verwirrt. Auf einmal scheint nichts mehr von Bedeutung zu sein. Es scheint, als wäre mein Glück von mir gegangen.
Ich ziehe mir die Decke näher zum Kinn heran und grübel über das Glück nach. "Was ist Glück. Warum hat man so oft das Gefühl, dass es allen besser geht nur einem selber nicht? Warum verlässt uns das Glück und lässt uns in Depressionen fallen?" Meine Kopfschmerzen nehmen zu und ich lege mir eine Hand auf die Stirn. Die kühle der Hand lindert den Schmerz und meine Augenlieder flackern kurz auf. "Ich sollte schlafen.“
Ich liege da und habe das Gefühl, dass mich jemand beobachtet. Ich wälze mich von der einen auf die andere Seite, doch das unangenehme Gefühl, welches mich überfallen hat, nimmt stetig zu. Frustriert schlage ich die Augen auf und erstarre. Vor meinem Bett sitzen erneut meine Eltern.
Ich blinzel eine paar Mal und mein Vater lächelt mich vorsichtig an. "Guten Morgen Nathalie. Ich hoffe wir haben dich nicht geweckt." Zu überrascht um etwas zu sagen, schaue ich die beiden einfach nur an. "Hast du vielleicht Hunger?", meine Mutter schaut mich mit ihren großen Rehaugen an und beugt sich leicht zu mir vor. Ich nicke langsam, da ich meiner Stimme immer noch nicht traue. Sofort springt meine Mutter auf und ich zucke zurück. Ihr Blick gleitet zu meinem Vater, doch er schüttelt kaum merklich mit seinem Kopf. Entschieden setzt sie ihre Arbeit nun fort und holt aus ihrer Tasche etwas zu essen heraus. Ich erkenne zwei Schokocroissants und bemerke, dass ich überhaupt keinen Hunger habe. Trotzdem, um die Gefühle meiner Mutter nicht zu verletzen, nehme ich es an und beiße zaghaft hinein. Lange Zeit sagen wir alle nichts, doch dann fängt mein Vater ein lockeres Gespräch an.
Wie auch schon bei dem letzten Gespräch höre ich ihm am Anfang aufmerksam zu, doch schnell verliere ich wieder das Interesse und werde abweisend. Ich weiß nicht, ob meinen Eltern meine Verhaltensänderung auffällt, doch irgendwann bemerke ich, dass sie nicht mehr reden. In diesem Moment fällt mir auch erst auf, dass ich seit meinem ersten Bissen nichts mehr von dem Schokocroissant gegessen habe und schaue schnell flüchtig zu meiner Mutter hinüber. Zu meiner Überraschung packen meine Eltern gerade ihre Sachen zusammen und wollen anscheinend gehen. Ein schlechtes Gefühl überfällt mich.
"Ich wollte sie nicht enttäuschen, nur ich bin einfach noch nicht so weit. Trotzdem, ich muss es tun."
"Wartet.", ruckartig drehen sich die Köpfe meiner Eltern zu mir um und schauen mich an. "Ich... Ich.", unschlüssig wie ich die nächsten Worte formulieren soll halte ich inne. Mein Herz schlägt mir bis zur Brust und ich bekomme kalte, schwitzige Hände. Ich hole noch einmal tief Luft, doch dann lasse ich es endlich heraus, nicht sicher, ob ich damit eine "Bombe explodieren lasse":
"Mama, Papa? Ich möchte mit euch nach Hause kommen."
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Ich weiß es ist kein besonderes Kapitel, aber ich muss ein bisschen überbrücken, vondaher hoffe ich, dass es trotzdem einigermaßen in Ordnung ist :)
Liebe Grüße
black_rose_kiss
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Willkommen in meiner ganz persönlichen Hölle
TerrorWie beginnt man am besten eine Geschichte, die ein Leben für immer veränderte? Welche Gedanken und Gefühle schreibt man auf? Wie soll man erklären können, was man selber nicht versteht? Welchen Sinn hat ein Leben, in dem es keine Hoffnung mehr gibt...