für KleinesEinhorn17
》Inmitten von ,,Alles wird gut"
und ,,Ich habe den Mut"
steht ein ,,Bitte komm zurück"
In den Farben von Blut《-Casper
Anmerkung: In dem Os geht es um Depressionen und Nervenzusammenbrüche. Es sind alles meine persönlichen Erfahrungen und Gedanken. Wem das Thema zu Nahe geht, sollte den Os nicht lesen.
Pov. Giovani Lo Celso
Zitternd kramte ich Marcs Haustürschlüssel aus meiner Jackentasche, bevor ich ängstlich die Tür aufschloss. Seit Tagen war er nicht mehr beim Training und hatte sich krankschreiben lassen. Schon seit Wochen wusste ich, dass es ihm nicht gut ging und ihn sehr viele verschiedene Gedankengänge belasteten. Zum einen holte ihm langsam der Tod seines Vaters wieder ein, der sich dieses Jahr zum fünften Mal Jähren würde, zum anderen hatte er sich heftig mit Roman, seinem langjährigen Freund, und seinen ehemaligen Teamkollegen, zu denen er ein sehr enges und vertrautes Verhältnis hatte, zerstritten. Mit seinem Freund sah es wohl so schlimm aus, dass ich mit Marc schon Abende und Nächte verbracht hatte, in denen er viel geweint und Angst vor einer Trennung hatte. Auch hatte ich das Gefühl, dass ihm die dreifache Belastung aus Liga, Copa del Rey und Europa League zu viel wurde. Zwar stritt er dies ab, da es ,,sein Job" sei und er ,,damit problemlos umgehen" müsse, doch man sah ihm an, dass er das nicht schaffte. Zuvor kam er sonst immer mit tiefen dunklen Augenringen zum Training und war komplett blass, als hätte weder geschlafen noch etwas gegessen. Ich schrieb mit ihm täglich und als er noch zum Training gekommen war, haben wir jedes Mal über ihn und seine Probleme geredet. Nach den Gesprächen meinte er, dass das leere und zerbrochene Gefühl in seinem Körper immer noch da wäre, aber es besser werden würde, wenn ich bei ihm war und ihm zur Seite stand. Ob er das nur sagte, um mich zu beruhigen und meine Sorgen, die ich mir um meinen besten Freund machte, zu besänftigen, wusste ich nicht. Die Tatsache, dass er sich überhaupt nicht mehr blicken ließ und mir seit gestern Morgen auch nicht mehr antwortete, verstärkte den Gedanken und mein mulmiges Bauchgefühl allemal. Das Gefühl und die Angst, dass ihm etwas zugestoßen war oder er sich selbst etwas angetan hatte, war unheimlich groß. Einmal war es vorgekommen, dass er mir unter Tränen Schnittwunden an seinen Armen und Beinen gezeigt hatte und panisch war, weil er nicht wusste, wie er sie verstecken sollte. Damals hatte ich ihm keine Vorwürfe gemacht, sondern lange mit ihm über die Gründe gesprochen und ihm geholfen sein Problem mit Verbänden, Pflastern, langen Klamotten und irgendwelchen Ausreden zu lösen.
Wäre ich in diesem Moment alleine gewesen, hätte ich vermutlich Stunden vor Marcs Haus gestanden ohne es zu betreten oder erst gar nicht den Mut gefunden hier aufzukreuzen. Ich wollte meinen besten Freund helfen, unbedingt für ihn da sein und ihm den ganzen Schmerz erträglicher machen, doch ich wusste nicht wie. Für ihn versuchte ich ein vernünftiger, aufmunternder und stützender Ansprechpartner zu sein, doch ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nie mit der Situation überfordert war oder mir gewünscht hätte, dass all seine Probleme endlich verschwunden waren. In diesen Momenten war Marco für mich da. Schon als ich noch in Paris gespielt hatte, konnte ich mit ihm über alles reden und ihm alles anvertrauen. Er war von dem ersten Tag an für mich da. Manchmal hatte es sich so angefühlt, als würde er sich aus welchen Gründen auch immer für mich verantwortlich fühlen und ein Auge auf mich haben wollen. Das hatte er wie kein anderer und ich war froh, dass er mir damals bei der Eingewöhnung geholfen hatte. Während der Zeit sind auch wir uns immer nähergekommen und haben uns kennen und lieben gelernt.
Mit einem Knacken ging die Haustür auf, als ich den Schlüssel drehte. Ich warf einen Blick zu Marco, der neben mir stand und mir ein warmes Lächeln schenkte, welches mir enorm viel Kraft und Überwindung gab Marcs Haus zu betreten. Damit zog ich den Schlüssel aus dem Schloss und öffnete die Tür weiter, sodass wir eintreten konnten. Das Haus sah von drinnen genauso aus wie von draußen: ordentlich, gepflegt und unscheinbar. Es herrschte Totenstille und vom Flur aus, brannte kein Licht in dem Haus. Wenn ich mir nicht zu hundertprozentig sicher war, dass Marc in seinem miesen Zustand nicht seine Komfortzone verlassen und unter Menschen gehen würde, konnte man meinen, dass er nicht zu Hause war, geschweige denn die letzten Tage da war. ,,Bist du bereit, sodass wir uns aufteilen können oder willst du, dass wir uns zusammen umgucken?" riss mich Marco aus den Gedanken und trat, nachdem er die Tür geschlossen hatte, neben mich.