„Ach was, wer hat dich denn aus dem Bett gekitzelt?",lacht Maite, als sie auf Patrick aufmerksam wird, der die offene Küche betritt und sofort schmunzeln muss.
„Du hast Käsekuchen gebacken.",gibt er zurück und blickt erst jetzt zu der anderen Person, die mit Maite am Tisch sitzt und ihn ebenfalls mustert.
„Ich bin Maria, Maites Freundin."
Sie kommt ihm zuvor und hält Patrick ihre Hand hin, die dieser schüttelt und sich ebenfalls vorstellen möchte, jedoch sofort davon abgehalten wird.
„Du brauchst dich nicht vorzustellen. Maite hat viel über dich erzählt.",grinst sie und schaut zu Maite hinüber, die sich ein wenig beschämt räuspert.
„Ich hoffe nur gutes!",spaßt Patrick, während er ebenfalls zu seiner Schwester blickt. Sie nimmt einen Schluck ihres Kaffees, bevor sie nickt und aufsteht.„Setz dich. Wir haben noch Kuchen.",wechselt sie das Thema, fast so, als wäre es ihr unangenehm darüber zu reden.
„Ich möchte eure Mädelsrunde nicht stören."
„Ach erzähl doch keinen Schwachsinn! Ich weiß, dass du Käsekuchen willst!"
Provozierend kneift Maite ihrem Bruder in die Seite, der darauf bloß lachend seine Hand auf ihre Schulter legt.
„Den Kuchen ja, aber euch nicht stören.",grinst er.
„Du störst absolut nicht. Setz dich ruhig dazu.",mischt Maria sich letztendlich ein, weshalb Patrick doch zustimmt und sich an den Tisch setzt, während Maite ihm ein Stück Käsekuchen auf dem Teller anrichtet und ihm ein Glas, sowie den Orangensaft, auf den Tisch stellt.
Patrick mustert derweil unbemerkt die Freundin seiner Schwester. Offensichtlich kennt er sie nicht, trotzdem kommt sie ihm bekannt vor. Er kann ihr Gesicht nicht zuordnen und merkt förmlich, wie sein Gehirn nach einem Nenner sucht aber erfolglos bleibt.
Sie ist etwa in Maites Alter, hat lange, braune Haare und wirkt ziemlich zierlich.„Hast du wirklich bis jetzt geschlafen?",harkt Maite nach und reißt Patrick somit aus seinen Gedanken, der sofort nach dem Saft greift und sich diesen einschüttet.
„Yes. Wie spät ist es?"
Maite wirft einen Blick zur Uhr und deutet darauf, weshalb auch ihr Bruder dorthin blickt. Es ist bereits kurz nach 16 Uhr.
„Ich verschlafe einfach meinen ganzen freien Tag.",seufzt er, während er sich seinem Kuchen widmet.
Schon damals hatte Maite das Backen in der Familie übernommen und schon bald war der Käsekuchen fester Bestandteil in Patricks Ernährung. Er liebt ihn! Müsste er eine Sache wählen, die er sein Leben lang essen müsste, wäre es eindeutig dieser Kuchen.
„Ist er nicht dafür da?",harkt Maria nach, während sie zu Patrick blickt. Dieser hebt seinen Blick ebenfalls, antwortet aber nicht. Diese Augen. Er kennt Maria und trotzdem weiß er nicht, wo in seinem Leben er sie einordnen soll.
„Für Paddy gibt es keine freien Tage. Er ist halt ein absolutes Arbeitstier."
Erst jetzt löst Patrick seinen Blick von den grünen Augen von Maria. Er hat dem Thema nichts mehr hinzuzufügen. Maite hat vollkommen recht und er weiß mittlerweile, dass er diesen Fakt wohl nicht mehr abstreiten kann. Für ihn ist die Arbeit sichtbar gemachte Liebe. Er liebt seinen Job und geht selbst an die Sachen, die er nicht unbedingt gerne macht, mit Eifer ran. Sie gehören nun mal dazu und sich von dieses Sachen runterziehen zu lassen, macht für ihn absolut keinen Sinn. Alles in allem brennt er für seinen Beruf und könnte sich nichts anderes vorstellen. Er braucht die Bühne, die Fans, die Medienarbeit und auch ab und an die schlaflosen Nächte, in denen er seine Gedanken auf Papier bringt und so neue Werke schafft, um diesen ganzen Kreislauf in Schwung zu halten. Mal ganz abgesehen von den vielen Erfahrungen, Reisen und tollen Leuten, die er durch seinen Job kennenlernen durfte.„Alles okay?"
„Hm?"
Patrick blickt fragend zu seiner Schwester, während er den letzten Bissen des Kuchens runterschluckt.
„Du bist so ruhig. Bin ich gar nicht gewohnt.",lacht sie lediglich doch Patrick sieht in ihrem Blick deutlich, dass sie sich Sorgen macht. Auch Maite kann diesen letzten Teil Besorgnis wohl nicht ganz verdrängen. Sie vertraut Patrick zwar mehr, als es die anderen tun, doch auch in ihr hat die Vergangenheit Spuren hinterlassen und sie weiß noch sehr genau, wie sehr sie Patricks Zustand selbst belastet hat.
„Ich muss erst mal wieder auf mein Leben klar kommen nach so viel Schlaf.",schmunzelt er, während er mit dem Stuhl ein wenig nach hinten rutscht, um aufzustehen und seinen Teller in die Spüle zu stellen.„Wie lange kennt ihr beiden euch schon?"
„Noch nicht so lange. Vielleicht ein knappes halbes Jahr. Ich wohne im Nachbarort",antwortet Maria.
„Ich wusste nicht, dass Maite mit so hübschen Frauen zu tun hat.",gibt er grinsend zurück, bevor er sich wieder neben seiner Schwester niederlässt, die ihn verwundert anblickt.
„Sehr schmeichelhaft, Herr Kelly. Maite hat mir schon erzählt, dass du ein kleiner Charmeur bist."
Sie grinst überlegen.
„Tja, dann gibt es wohl keine Überraschungen mehr.",schmunzelt er.
Noch etwa eine Stunde saßen die drei zusammen, bevor Maite sich in ihr Zimmer verzogen hatte, Maria gegangen war und Patrick sich kurzerhand unter die Dusche gestellt hatte. Er war selbst verwundert über seine Bemerkung. Früher hatte er solche Schmeicheleien oft gebracht und auch sonst kein Problem damit gehabt, offen über sein Empfinden gegenüber Frauen zu sprechen. Doch nach Joelles Tod hatte dies sich grundlegend geändert. Selbst auf Aftershow Partys hielt er hinter den Berg oder hatte gar Probleme damit, wenn ihm eine Frau näher kam.„Maite..?"
Sofort blickt seine Schwester von ihrem Buch auf und direkt zu Patrick, der am Türrahmen zu ihrem Schlafzimmer steht.
Er wirkt unsicher, dabei hat er selbst gerade keinerlei Bedenken vor diesem Gespräch.
„Du willst reden?",harkt sie nach. Patrick nickt, weshalb Maite ihr Buch zu klappt und neben sich auf die Bettseite klopft. Das Angebot lässt er sich nicht entgehen und lehnt sich, ebenso wie seine Schwester es tut, mit dem Rücken an die Bettlehne.
„Was ist mit Jimmy? Ist er sehr sauer?"
Verwundert blickt Maite zu ihrem Bruder hinüber. Sie hat mit einer anderen Frage seinerseits gerechnet. Schließlich steht die Sache mit Maria im Raum und sie hatte deutlich gesehen, dass Patrick sich an sie erinnert. Auch, wenn er sie vielleicht nicht direkt zuordnen konnte.
„Er ist zumindest nicht hier aufgekreuzt. Am Telefon klang er trotzdem nicht allzu begeistert.",antwortet seine Schwester.
„Ich weiß, dass es dumm von mir war. Du kennst Jimmy. Er lässt einfach nicht locker... Ich fühle mich eingeengt. Eingeengt von ihm und meinen eigenen Gedanken."Seine Worte werden zum Ende leiser. Es fällt ihm deutlich leichter mit Maite zu reden. Er weiß einfach, dass sie ihm keine Vorwürfe machen wird.
„Du musst mit ihm darüber reden. Weder Patricia, noch ich oder irgendjemand anders kann ihm das sagen, was in dir vorgeht."
Langsam nickt er, bevor er seinen Blick ebenfalls zu Maite richtet und ihr in die Augen blickt.
„Ich kann es auch nicht.",sagt er leise.
Diese Worte gehen nicht in Maites Ohren, sondern auf direktem Wege in ihr Herz, welches anfängt zu schmerzen. Patrick strahlt gleichzeitig so viele Selbstzweifel, wie auch Unwohlsein aus und am liebsten würde sie ihren Bruder nur noch in den Arm schließen und nie wieder loslassen wollen.
„Patrick, was ist so schwer daran? Wieso kannst du darüber nicht reden?"
Er zuckt mit den Schultern. Auf diese Frage soll er jetzt eine Antwort finden? Bei den vielen Fragen, die in seinem Kopf umherschwirren?
„Manchmal brechen kleine Teile hinaus.",flüstert er schon fast tonlos, während er seinen Blick auf die Bettdecke richtet.
„So wie jetzt?"
Er nickt.„Hör mal, wie sieht dein Terminplan aus?",fragt sie einfühlsam. Kurz zögert Patrick.
„Freitag, Samstag Hamburg und Sonntag Halle. Danach sind erstmal zwei Wochen Pause, bevor es zum Endspurt geht. Wieso fragst du?"
„Vielleicht sollten wir uns am Montag mal mit Tricia und Jimmy zusammensetzen. Ich komme auch mit."
Zögernd blickt Patrick zu Maite auf, die ihren ruhigen Blick immer noch auf ihren Bruder richtet.
„Was soll das schon bringen?"
„Hey, seit wann gibt ein Kelly einfach auf, ohne vorher alles versucht zu haben? Lass es uns wenigstens versuchen. Vielleicht lassen die beiden, aber vor allem Jimmy, dann ein wenig lockerer.",erwidert Maite zuversichtlich und auch Patrick zwingt sich ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Eigentlich hat Maite recht.Ein Versuch ist die ganze Sache doch wert und selbst wenn es nicht von Erfolg gekrönt ist, kann er dann behaupten, dass er wenigstens das Gespräch zu den beiden gesucht hatte. Er möchte einfach nur seinen Freiraum und nicht, wie damals, auf Schritt und Tritt von seinem älteres Bruder verfolgt und bevormundet werden.
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Gegen den Verstand
Fanfiction„Wenn wir uns an dem Ort treffen, an dem wir uns kennengelernt haben, du mich aber nicht siehst, tue mir bitte einen Gefallen. Lass die Vergangenheit endlich los.." Triggerwarnung: In dieser Geschichte werden Themen behandelt, die für Menschen in p...