Gewitter

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Patrick seufzt zufrieden, als er sich auf dem großen Sofa niederlässt. Draußen wütet ein heftiges Gewitter. Regen prasselt gegen die Scheiben, Blitze erhellen die Abendstunden und immer wieder ist ein lautes Donnerkrollen zu hören. Der heiße Sommertag hat sich deutlich abgekühlt, weshalb auch Bowie es sich vor dem großen Kamin im Wohnzimmer gemütlich gemacht hat. Patrick blickt ebenfalls in das lodernde Feuer, während er einen Schluck des Weines trinkt, dessen Glas er gedankenverloren in seiner Hand dreht. Vor ihm auf dem Tisch liegen Zettel verstreut, während seine Gitarre ihren Platz neben ihm auf dem Sofa findet. Er musste seine Gedanken einfach in einen Text verfassen, der sich wohl eher größtenteils an Maite richtet.

Patrick hatte sich seiner Schwester anvertraut. Zumindest den Teil, den er zuvor schon Thomas erzählt hatte. Auf dem Rückweg nach Düsseldorf herrschte schweigen zwischen den Geschwistern und noch nie zuvor war den beiden ein einfaches Schweigen so unangenehm. Es schien fehl am Platz. Trotzdem fanden sie nicht die richtigen Worte und ließen es dann doch einfach darauf beruhen. Fraglich, ob sie mit ihren Worten die Situation nicht vielleicht noch unangenehmer gestaltet hätten.
Das darauffolgende Zusammentreffen mit Patricia und Jimmy lief harmloser ab, als sie es sich gedacht hatten. Trotz allem blieb Patrick schweigsam gegenüber seinen anderen Geschwistern und auch Maite unterliegt der Schweigepflicht, weshalb sie dazu nichts näheres sagen konnte.

Erst gegen Nachmittag hatten die beiden sich wieder auf den Heimweg gemacht und seitdem Patrick wieder Zuhause ist, ist es ungewöhnlich still. Keine lauten Gedanken, keine Geschwister. Bloß das Gewitter und das leise schnarchen von Bowie sind zu hören. Ja, das hat er deutlich vermisst. Vor allem nach den letzten Tagen.
Ein heller Blitz durchflutet den Raum und nur wenig später folgt ein lauter Donner, der selbst den schwarzen Labrador aus seinem Schlaf reißt. Schmunzelnd blickt Patrick zu ihm, klopft dann aber auf die Seite des Sofas, die noch frei ist. Mit eingezogenen Schwanz nimmt Bowie das Angebot an und legt seinen Kopf auf Patricks Oberschenkel, der etwas zögernd zu dem Rüden hinunterblickt. Viel zu lange ist es her, als sie das letzte mal so zusammensaßen. Bowie auf der einen und Joelle auf der anderen Seite, die Abends gerne mit einem Glas Wein vor dem Kamin gesessen hatte und mit Patrick zusammen den Abend ausklingen ließ.
„Dann müssen wir wohl miteinander vorlieb nehmen, hm?"
Sanft streichelt er dem Hund über den Kopf, der bloß ein zufriedenes Brummen von sich gibt und seine Augen wieder schließt. Patrick gleitet ein sanftes Lächeln auf die Lippen, ehe er den letzten Schluck trinkt und das leere Glas in der Hand behält. Ein weiterer Blitz gefolgt von einem noch lauteren Donner.

Patrick zuckt jedoch erst zusammen, als Bowie aufspringt und bellend zur Tür läuft. Irritiert stellt er das Glas auf dem Tisch ab und folgt dem Hund in den Flur. Bowie steht jaulend vor der Tür, vor der sich, im Licht des Bewegungsmelders, deutlich eine Person abzeichnet. Manchmal kommt es Patrick so vor, als würde selbst Bowie noch darauf warten, dass Joelle einfach wieder durch diese Tür spaziert.

„Maria?"
Patrick steht seine Verwirrung förmlich ins Gesicht geschrieben, was Maites Freundin zum schmunzeln bringt. Stille. Er kennt sie. Er ist sich zu 100 Prozent sicher und doch kann er sie in keinen seiner Lebensabschnitte zuordnen. Erst das nächste Donnern reißt ihn wieder aus seinen Gedanken.
„Kann ich rein kommen? Es regnet ziemlich stark.."
„Sorry.. ja... komm rein."
Maria tritt ein, bevor Patrick die Haustür wieder schließt und Bowie sich ins Wohnzimmer verzieht.
„Schön geräumig hast du es hier.",lächelt sie, während sie sich ihre Schuhe abstreift und sich die nasse Regenjacke bereitwillig von Patrick abnehmen lässt, der diese über das Treppengeländer hängt.
„Irgendwo braucht man ja Platz, um seine Kreativität auszuleben.",witzelt er.
„Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Da ist es wärmer."
Zustimmend nickt Maria und sieht sich staunend um, als sie das große Wohnzimmer mit der Fensterfront zum Garten erblickt.
„Möchtest du etwas trinken? Kaffee, Wein, Wasser oder sonstiges?"
„Ein Wasser wäre lieb."
Nickend verschwindet Patrick in der Küche.
Maria bleibt mit ihrem Blick zuerst an dem Flügel hängen, der in einer Ecke des Raumes seinen Platz findet. Er ist in einem matten schwarz gehalten. Andächtig streicht sie über die Oberfläche.
„Spielst du?",möchte Patrick wissen, als er den Raum wieder betritt und das Wasserglas auf dem Tisch abstellt, auf dem noch immer sein Wein Glas steht. Schnell räumt er das Zettelchaos zu einem Papierstapel zusammen und legt diesen ordentlich auf den Tisch, was Maria erneut schmunzeln lässt.
„Ich habe mal, aber das ist Ewigkeiten her.",gesteht sie, während sie sich neben Bowie auf dem Sofa niederlässt. Patrick stellt seine Gitarre zur Seite, sodass auch er sich setzen kann.

Gegen den VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt