Es ist dunkel.
Patrick starrt vor sich auf den Fußboden, den er in der Dunkelheit der Nacht nur erahnen kann. Er hat versucht zu schlafen. Mehrere Stunden hat er dies versucht und trotzdem ist es ihm nicht gelungen. Zu viel geht in seinem Kopf vor.
Es hatte lange gedauert, bis die Kelly Geschwister zur Ruhe gefunden hatten. Patricia hatte Thomas irgendwann gebeten zu gehen, da sie merkte, dass diese Konfrontation mit Patrick nicht gut war. Jimmy war wütend, Maite besorgt und er einfach nur müde. Jimmy schläft auf dem Sofa, während Patrick sich das Gästezimmer mit Maite teilt, die friedlich schläft und nicht mitbekommt, dass er auf dem Boden sitzt und nicht neben ihr liegt.
Zu gerne würde er da liegen und schlafen, anstatt sich den Kopf über den vergangenen Tag zu zerbrechen.
Wirklich geredet hatten die Geschwister nicht. Nach Patricks Zusammenbruch herrschte Unruhe und auch nachdem er wieder wach war, wurden sich nur gegenseitige Vorwürfe an den Kopf geworfen. Viel zu viel war gesagt und getan worden, was ihn nun nicht in Ruhe lässt.
Langsam schlingt er seine Arme um seine angewinkelten Beine und spürt nun den harten Boden und die kalte Wand deutlich. Fast schon zusammengekauert sitzt er dort und lehnt sich an, damit er keine Kraft aufwenden muss um aufrecht sitzen zu können.
Von Maite ist lediglich ihr gleichmäßiger Atem zu hören und Patrick ist dankbar dafür, dass wenigstens sie ihre Ruhe findet. Noch nie hat er Maite so besorgt gesehen. Bei dem Gedanken an ihren Blick fährt ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
Seine Schuld. Es ist seine Schuld, dass sie hier sind, sich Sorgen machen.Patrick wird aus seinen Gedanken gerissen, als er ein leises knarren wahrnimmt und schließlich das kleine Nachtlicht den ganzen Raum erhellt. Sofort kneift er die Augen zusammen. Das Licht ist nicht sonderlich hell, doch trotzdem zu hell für diese dunkle, tiefschwarze Nacht.
Maite steht auf. Ohne ein Wort zu sagen verschwindet sie in dem angrenzenden Badezimmer, mit dem Patrick so viele negativen Ereignisse und Gedanken verbindet. Noch immer muss er an die Nacht seines Selbstmordversuchs denken, wenn er es betritt. Seine Augen gewöhnen sich langsam an das Licht. Das Licht, das in seinen Augen nicht das Licht in der finsteren Nacht symbolisiert, sondern eher den Mond, der durch den tiefsten Wald kaum einen Lichtschein werfen kann. Wobei, können tut er es schon nur ankommen wird dieser Lichtschein wohl nie. Egal wie hell er scheint, die Baumkronen sind zu dich und die Äste zu verzweigt, um nur einen kleinen Schein durchkommen zu lassen.„Bist du bei dir?"
Maite bricht leise die Stille. Sie steht an der Tür gelehnt in ihrem Nachthemd, auf dem sich ein kleiner Dackel mit einem viel zu breiten Grinsen abzeichnet, was Patrick kurz lächeln lässt, bevor dieses wieder einem ausdruckslosen Blick weicht.
Patrick lässt sich die Frage durch den Kopf gehen. Ist er das? Er denkt klar, kann seinen Körper kontrollieren. Gleichzeitig weiß er aber nicht, wann er die Kontrolle über diesen überhaupt verloren hat und wieso er so heftig reagiert.
„I think so."
Auf Maites Lippen schleicht sich ein kleines Lächeln, während sie ihren Bruder mustert.
„Darf ich mich zu dir setzen?",fragt sie vorsichtig und erntet darauf einen verwirrten Blick von Patrick. Warum ist sie so vorsichtig? So etwas hatte sie noch nie gefragt.
„Sorry, ich möchte dich einfach nur nicht überfordern und dir deinen Freiraum lassen.",erklärt sie sich, weshalb er nickt.
„Ist okay.",fügt er seiner unklaren Aussage bei und lässt zu, dass Maite sich neben ihn setzt und sich ebenfalls mit dem Rücken an die Wand lehnt.
Es ist still. Keiner der beiden weiß, was in dieser Situation wohl die richtigen Worte sind.
„Danke, dass du da bist.",bricht er schließlich die Stille und blickt kurz zu Maite auf, bevor er seinen Blick wieder an den Boden heftet. Maite schluckt.
„Selbstverständlich."
Und wieder kehrt Stille ein. Sie ist bedrückend. So viel ungesagtes liegt in der Luft.„Paddy,... was stimmt nicht mit dir?"
Alles und doch nichts. Eine Frage, auf die er keine Antwort weiß. Doch, er weiß sie. Tief in seinem inneren weiß er, was sein verdammtes Problem ist, doch dies selbst auszusprechen und damit realistisch zu machen, grenzt an einem Sprung aus dem Fenster. Es würde sich für einen Moment befreiend anfühlen, doch im nächsten Moment kommt die harte Realität und der Aufprall.
Maite gibt ihrem Bruder Zeit. Sie sieht, wie angestrengt er über diese Frage nachdenkt und doch macht er es nicht. Er wird darauf keine befriedigende Antwort geben können.
„Ich will, aber ich kann dir darauf keine Antwort geben.",gibt er schließlich leise zu. Er traut sich nicht seiner Schwester in die Augen zu blicken. Zur groß ist seine Angst vor der bitteren Realität.
„Du weißt es selbst nicht."
Frage und Aussage zugleich. Er nickt. Was soll er schon groß tun? Wiedersprechen hilft nicht. Er kann es versuchen, doch keiner seiner Gedanken würde seinen Mund verlassen.
„Jimmy hat vorhin ein wenig mit uns gesprochen. Über das Gespräch mit Pino und auch mit dir, bevor du in der Nacht abgehauen bist."
Maites Stimme klingt sanft. Fast schon so, als hätte sie Angst ihn mit ihren Worten zu verletzen. Patrick atmet tief durch. Sie wissen also von den Träumen. Maite, Patricia und nicht zum Schluss: Thomas.
„Stimmt das alles?"
Er nickt. Etwas anderes bleibt ihm nicht übrig.
„Bist du deshalb in der Nacht so zusammengebrochen, als wir hier geschlafen haben?"
Wieder ein nicken seinerseits. Sein Atem gleicht mittlerweile eher einem Zittern. Er hat es bestätigt.„Paddy ich... Du weißt, dass ich von all dem, was Jimmy hier abzieht, nichts halte. Soll ich ehrlich sein?"
Erst jetzt blickt er zögernd zu seiner Schwester auf, die seine Augen genau fixiert.
„Du musst dir helfen lassen. Von mir, Patricia und Jimmy, oder Thomas. Das ist mir völlig egal, aber bitte tu etwas. Du kannst nicht mehr schlafen, ohne Bedenken auf die Bühne gehen. Du machst dich Kaputt und ich möchte das nicht noch ein mal erleben."
Er schluckt. Es ist ihm klar, dass auch Maite mit der Situation nicht so einfach umgehen kann. Er fixiert ihre Augen. Sie sieht ihn flehend, bittend an. Länger kann er diesen Blickkontakt nicht halten, weshalb er zu Boden blickt.
„Können wir bitte reden? Ohne irgendwelche Lügen?"
Er schüttelt den Kopf, seine Hände beginnen zu zittern. Sein Körper reagiert wie von alleine auf den inneren Druck, der sich so nach außen sichtbar macht.
„Es ist mitten in der Nacht und ich bin sicherlich nicht wach, weil du mir scheiß egal bist. Du hast mir damals durch meine schwere Zeit geholfen und jetzt ist es an mir, dir ebenso zu helfen. Ich stehe hinter dir und helfe dir bei allem erdenklichen, aber du musst ehrlich zu mir sein."
„Maite,.. please shut up.",gibt er leise von sich. Seine Stimme ist gebrochen und gleicht eher einem hauchen.
Sie steht auf und setzt sich auf das Bett. Sie spürt, dass es nichts bringt ihn weiter zu bedrängen und er einfach Zeit braucht.Eine ganze Weile ist es ruhig. Mittlerweile zeigt die Uhr 3:08 Uhr an und seit mehr als einer halben Stunde hat sich nichts zwischen den Geschwistern getan. Maite sitzt ruhig auf dem Bett und beobachtet Patrick, der seine Augen geschlossen hält und versucht den Durchblick zu bewahren.
„Würdest du mich zu Thomas begleiten? Nur für ein Gespräch?"
Maite zuckt leicht zusammen. Sie hat nicht mehr damit gerechnet, dass ihr Bruder die Stille bricht. Verwundert schaut sie ihn an, was Patrick scheinbar spürt.
„Er kennt mich. Ich möchte mit ihm sprechen."
Sie nickt. Langsam steht sie auf und wühlt ihre Klamotten aus ihrer Tasche, bevor sie im Badezimmer verschwindet.
Maite betrachtet sich im Spiegel. Deutliche Augenringe zieren ihr Gesicht und ihre Haut wirkt blasser als sonst. Seufzend spritzt sie sich ein wenig Wasser ins Gesicht, bevor sie sich ein wenig frisch macht und schnell in ihre Klamotten schlüpft. Patrick betritt ebenfalls das Badezimmer und mustert sich im Spiegel. Er sieht schlimm aus. So, als hätte er die letzten Monate keinen Schlaf mehr abbekommen.
Überfordert greift er sich in die Harre und versucht diese zu richten, was Maite mit einen sanften Griff nach seiner Hand verhindert und ihn an seinen Schultern aus dem Raum drückt.
„Komm, das hat doch wirklich keinen Sinn."
Ergeben nickt er. Thomas kennt ihn zu gut in einer solchen Verfassung.Leise gehen die beiden Geschwister durch das Treppenhaus und befinden sich kurz darauf in Patricks Wagen auf den Weg nach Köln. Trotz der späten Nacht, oder dem frühen Morgen, ist es noch relativ mild draußen.
Zu gut kennt Patrick den Weg in die Klinik. Zu oft musste er diesen schon befahren.Er ist unsicher. Am liebsten würde er sofort kehrt machen, doch sein Verstand hält ihn davon ab.
Er muss reden, ob er will oder nicht.
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Gegen den Verstand
Fiksi Penggemar„Wenn wir uns an dem Ort treffen, an dem wir uns kennengelernt haben, du mich aber nicht siehst, tue mir bitte einen Gefallen. Lass die Vergangenheit endlich los.." Triggerwarnung: In dieser Geschichte werden Themen behandelt, die für Menschen in p...