Jimmy beobachtet das Konzert seines Bruders. Er ist begeistert, wie professionell Patrick seine Show durchzieht. Die Fans scheinen wohl nichts von seinem Gefühlschaos zu ahnen und genießen das Konzert in vollen Zügen. Auch Patrick wirkt glücklich und würde Jimmy seinen kleinen Bruder nicht besser kennen, würde er ihm diese Maske auch abkaufen.
Schon immer versteckt er seine Gefühle.
Er meinte immer, dass diese im Showbusiness keinen Platz fanden.
Lange hatte Jimmy mit Pino gesprochen. Auch wenn er den Manager nicht leiden kann, ist ihm die Gesundheit seines Bruders dann doch um einiges wichtiger.Mit einem unguten Gefühl im Magen geht Patrick von der Bühne. Noch immer jubeln die Fans hinter ihm und rufen nach Zugaben, während der Rest der Band sich noch verabschiedet. Etwas überstürzt ist Patrick von der Bühne geflüchtet und lässt sich im Backstagebereich sofort auf der Bank nieder.
Die Fans schreien, während nun auch die Jungs von der Bühne kommen, sich abklatschen und das Licht auf der Bühne erlischt.Das Feuer des Abends erlischt. Auch in Patrick. Unten von der Bühne, zurück in der Realität.
Er seufzt und zieht somit ungewollt die Aufmerksamkeit der anderen auf sich.
„Alles okay?",harkt Christian besorgt nach.
Nichts ist okay. Seine Gedanken übernehmen seinen Kopf und scheinen viel zu laut zu werden. Sachte nickt er, zuckt aber leicht zusammen, als Christian sich neben ihn setzt.
„Bist du dir sicher? Du zitterst."
Wieder bekommt Patrick nur ein nicken heraus. Er weiß sich nicht zu helfen. Er muss sich einem Gespräch stellen.
Christian reicht ihm eine Wasserflasche, die Patrick dankend annimmt und einige Schlucke daraus nimmt. Das Wasser ist gekühlt und läuft kalt seine Kehle hinunter, was ihn wieder ein wenig klar denken lässt. Noch immer stehen alle vor ihm und betrachten ihn besorgt.
„Geht schon wieder.",gibt er leise zurück und gibt Christian die Flasche wieder. Die Jungs verziehen sich und auch Christian lässt Patrick auf dessen Wunsch alleine.Das Gewusel der Fans macht Patrick nervös. Er schließt die Augen und konzentriert sich auf die Geräuschkulisse in der Hoffnung, dass diese sich wandeln würde. Wie in seinem ersten Traum.
Es ist dunkel und auch schon ein wenig frisch. Er wird erst aus seinen Gedanken gerissen, als sich eine Hand auf seine Schulter legt. Seine Augen lässt er geschlossen.„Kann ich irgendwas für dich tun?",bricht Pino vorsichtig die Stille.
Erst jetzt öffnet Patrick seine Augen, blickt aber vor sich auf die Wiese.
Pino setzt sich neben ihn, lässt seine Hand aber weiterhin auf Patricks Schulter ruhen.
„Was hat Jimmy dir erzählt?",harkt er leise nach. Er ignoriert die Frage von Pino bewusst.
„Ich denke alles, was ich von den letzten Tagen wissen sollte. Warum sagst du nicht Bescheid?"
Warum? Das war eine gute Frage. Er kann es nicht. Außerdem geht es Pino nichts an.
Er bleibt stumm. Wie so oft sammeln sich die Wörter in seinem Kopf, finden aber keinen Weg nach außen.
„Ich möchte dir nichts vorschreiben und ich weiß, dass es mich herzlich wenig angeht, aber vielleicht solltest du dir wirklich Hilfe suchen. Dich wenigstens deinen Geschwistern öffnen.",legt er ihm ans Herz und nimmt seine Hand wieder zu sich.
Jimmy hat sich bereits auf den Heimweg gemacht. Auch er hatte bemerkt, dass Patrick regelrecht von der Bühne gestürzt war, weiß aber, dass Pino gerade wohl näher an ihm dran ist.„Weiß du was ich möchte?"
Kurz kehrt Stille ein. Pino weiß, dass Patrick gleich von alleine weiter reden wird.
„Ich möchte den ganzen Mist einfach vergessen.",beantwortet er seine Frage selbst und blickt Pino kurz an. Dieser schluckt und erwidert den Blick so lange, bis Patrick ihn wieder auf die Wiese wirft.
„Vergessen heißt aber nicht verdrängen."
Patrick seufzt. Er fühlt sich bedrängt. Bedrängt von der viel zu lauten Welt, die immer weiter in sich zusammenfällt und somit alles mit sich zieht, was Halt zu glauben hatte.
„Was ist auf einmal euer Problem? Merkt ihr nicht, dass ihr es damit nur noch schwerer für mich macht?",erwidert Patrick leise. Noch immer hat er ein flaues Gefühl im Bauch, welches eindeutig nicht weniger wurde.
„Du machst es dir selbst schwer."
„Ach komm, mach nicht einen auf Moralapostel!",beschwert er sich und steht auf. Ohne einen weiteren Blick auf Pino zu werfen, tragen ihn seine Beine zum Catering.Die Jungs sitzen auf den Bierbänken um den langen Tisch herum, essen was, unterhalten sich oder trinken lediglich ein Bier.
Patrick wird kaum bemerkt. Nur Christian mustert ihn kurz besorgt, widmet seine Aufmerksamkeit dann aber wieder dem Essen.
Die Stimmung ist ausgelassen und auch Patrick kann seine Gedanken ein wenig verdrängen. Zwar mischt er sich nicht in die Unterhaltung ein, folgt dieser aber, während er seinen Kopf auf seinen Armen liegen hat und diese auf dem Tisch.
Der Tag hatte ihn deutlich ausgepowert und würde er der Unterhaltung nicht so konzentriert folgen, wäre er wahrscheinlich längst eingeschlafen.
„Wir machen uns. Bis dann!"
Erst jetzt hebt Patrick wieder seinen Kopf und steht ebenfalls auf, um Hendrik und Christian in eine Umarmung zu schließen.
Die beiden wollen sich bereits auf den Weg nach Hamburg machen und ihre freien Tage dort verbringen. Patrick ist ganz froh, dass er zwei Tage alleine zu Hause verbringen kann. Er wird sich erst am dritten Tag auf den Weg nach Hamburg begeben.
„Sollen wir dich mit in die Pampa nehmen? Stellt keinen wirklichen Umweg da.",bietet Christian an, während er sich aus der Umarmung von Patrick löst.
Dieser schüttelt lächelnd den Kopf und wirft einen kurzen Blick zu seinem Auto, welches nicht wirklich weit entfernt steht und von innen beleuchtet wird. Pino sitzt am Steuer und macht sich an den Zetteln zu schaffen, die auf dem Beifahrersitz ihren Platz finden.
„Ich glaube ich habe schon einen Fahrer.",lacht Patrick müde und deutet auf seinen Wagen, was auch die anderen schmunzeln lässt.
Auch er verabschiedet sich und geht zu seinem Auto.Pino zuckt zusammen, als Patrick die Beifahrertür öffnet, seine Zettelwirtschaft auf den Rücksitz verbannt und sich auf dem Beifahrersitz niederlässt.
„Wehe du bestehst darauf die nächsten Tage bei mir zu bleiben. Du fliegst hochkant aus diesem Auto.",haut Patrick raus und sieht seinen Manager an, der bloß leise lacht und den Wagen startet.
„Nur eine Geste.",beteuert er.
Er parkt aus, während Patrick verzweifelt in der Dunkelheit nach seinem Anschnaller sucht und diesen nach einer Ewigkeit auch findet.
Einige Fans stehen noch am Ausgang und jubeln, als der schwarze Mercedes auf das Tor zu rollt und dieses sich öffnet.
Patrick winkt, aber für mehr fehlt ihm jegliche Motivation.
Normalerweise würde er das Fenster runter lassen, sich bedanken und die Fans abklatschen, doch dazu bleibt heute kein guter Wille übrig.
Eine Stunde Fahrt haben sie in etwa vor sich, weshalb Patrick seinen Kopf an die Fensterscheibe lehnt und seine Augen schließt.Es ist ruhig. Zu ruhig. Patricks Gedanken machen sich Platz in seinem Kopf und hindern ihn somit am einschlafen.
Was ist Jimmys Absicht? Warum macht er den letzten Ort kaputt, an dem Patrick nicht dauerhaft mit der Vergangenheit konfrontiert wird?
Möchte er seinen Bruder endlich zum reden bewegen?
Ihn aus seiner Komfortzone treiben?
Patrick weiß es nicht und es belastet ihn zu wissen, dass Pino über den Vorfall bei Patricia Bescheid weiß.
„Du hast doch schon mal Menschen verloren, die dir wichtig waren.",stellt Pino fest, erwartet aber keine Antwort auf diese Feststellung. Er möchte nur, dass Patrick darüber nachdenkt, weiß aber gleichzeitig nicht, wie viele Gedanken sich eigentlich in seinem Kopf tummeln.
Ja, das hatte er. Trotzdem war es damals etwas anderes. Er hatte seine Geschwister, konnte mit Ihnen reden und trauern. Diesmal stellt sich das Ganze jedoch etwas anders dar.Patrick macht sich Vorwürfe.
Vorwürfe wegen dem Tod von Joelle.
Er war Schuld.
Schuld an dem Unfall in dieser einen Nacht und trotzdem ist er sich sicher, dass das Schicksal nichts nimmt, was es gegeben hat.
Schicksal.
Das sagen zumindest alle um ihn herum. Zur falschen Zeit am falschen Ort und ein blöder, tragischer Unfall. Doch Patrick weiß, wer die Schuld trägt.
Er allein.
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Gegen den Verstand
Fanfic„Wenn wir uns an dem Ort treffen, an dem wir uns kennengelernt haben, du mich aber nicht siehst, tue mir bitte einen Gefallen. Lass die Vergangenheit endlich los.." Triggerwarnung: In dieser Geschichte werden Themen behandelt, die für Menschen in p...