Geheimnisvolle Liebe

Ansicht: ESRA 》30

"Du hast dich nicht wirklich von Malik scheiden gelassen." meine Schwester wippt den kleinen Furkan am Arm und läuft hin und her. Ich zucke die Schulter und möchte etwas sagen, doch Rabya kommt mir zuvor:
"Esra, das ist nicht dein ernst oder? Du hättest dir das ganze vorher überlegen sollen! Viel früher! Vor der Hochzeit! Weisst du überhaupt was du angestellt hast? Du hast die ganze Ehre kaputt gemacht, den Stolz der Familie -"

"Hör auf soetwas zu sagen!" schreie ich und werde aber dann sofort wieder ruhig, da ich Furkan fast vergessen hätte. "Ich habe Ehre und Stolz nicht kaputt gemacht. Malik war das. Er hat mich betrogen und geschlagen. Und dass mit einer verlobten Deutschen! Was sollte ich tun, Rabya? Sollte ich zusehen und leiden?"

"War das der Grund weshalb du deinen Spaß nun mit Cem willst? War das der Grund? Weil dein dreckiger Exehemann dich betrogen hat, musst du das auch sofort tun?"

"Das hat damit gar nichts zu tun, Rabya." ich schlucke den Klos vom Hals runter. "Ich möchte mein Leben leben und es alleine bestimmen. Und nicht nach eurer Pfeife tanzen."

"Vergiss eins nicht!" Sie zeigt mit dem Finger auf mich. "Niemand hat dich gezwungen Malik zu heiraten. Das war ganz alleine deine Entscheidung." Sie geht in das Schlafzimmer und legt den schlafenden Furkan ins Bett. Dann schließt sie die Türe und kommt wieder zu mir. Am liebsten würde ich vor Wut aufstehen und schreien. Schreien und alles kaputt machen. "Und vergisst du eins nicht!" Nun zeige ich mit dem Finger auf sie. "Ich habe ihn geheiratet um unseren Familienstand recht zu bleiben."

Sie schaut sofort zu mir und zögert: "Ich habe dich auch noch gefragt, wen du liebst. Und du hattest mit Malik geantwortet. Und von Cem war nie die Rede." Sie setzt sich neben mich. "Wir wissen beide. Du hast Cem von Anfang an geliebt. Ich habe dir von der Hochzeit nicht abgeraten, da ich dachte das würde dich zur Vernunft bringen." Sie schaut mich aufmerksam an. "Du weißt, du könntest nie so einen Jungen wie Cem heiraten und so ein Junge ist auch nichts für dich."

Langsam kommen mir die Tränen, denn Rabya hat Recht. Aber das wusste ich selbst von Anfang an. "Ich will ab jetzt nur noch auf mein Herz hören, Rabya." mir kullert eine Träne über die Wange und ich gebe mir nicht die Mühe sie wegzumischen. "Die Frage ist, ob dein Herz auch immer die richtigen Entscheidungen trifft." sie schaut weg von mir. "Hast du aus Verstand oder Liebe geheiratet?" frage ich meine Schwester. "Beides." antwortet sie mir.

"Siehst du, ich habe nur aus Verstand geheiratet, nicht aus Liebe." nun wische ich die Träne weg. Überrascht steht Rabya ruckartig auf und funkelt mich an: "Schieb die Schuld nicht auf deine Familie! Für deine Taten stehst du ganz alleine gerade!" Ich fasse es nicht was sie da gerade sagt und möchte etwas erwiedern, doch sie kommt mir wieder ins Wort: "Mama und Papa sehen dich nicht mehr als Tochter." Mir stockt der Atem. Habe ich mich gerade etwa verhört oder wollen meine Ohren das einfach nicht mitkriegen? Ich versuche nicht zu weinen und versuche stark zu bleiben. "Du gehörst nicht mehr zur Familie." Und dieser Satz, ist der schlimmste den ich je in meinen Leben gehört habe. Ich kann nicht einmal mehr meine Tränen zurückhalten. "Melde dich nie wieder mehr bei einem von uns. Auch nicht bei mir." Und mit diesem Satz, holt sie Furkan aus dem Zimmer und verschwindet. Raus aus der Türe. Raus aus meinem Leben, ohne ein Good bye. Ohne ein Wiedersehen. Ich bin alleine. Keine Familie, keine Freunde. Kein Ehemann, kein Enes. Kein Kind mehr in meinem Bauch. Kein Job, kein Haus. Überhaupt, kein Zuhause.

Ich bin ganz alleine in einem Hotelzimmer und sitze heulend auf der Couch. Ich habe keine Familie mehr. Keine Eltern und keine Schwester. Meine Eltern wollen nichts mit mir zu tun haben. Das ist das schlimmste was einem nur passieren kann. Und der Grund? Weil ich auf mein Herz höre und mein Verstand ignoriere.

Ich mein, was ist wenn Cem und ich uns eines Tages begegnen und wir beide einfach traurig sind, weil aus uns nichts geworden ist?

Ist es richtig oder falsch was ich da tue? Fühlt es sich richtig an? Ich weiss es nicht. Bereue ich dass ich Malik verlassen habe? Nein. Bereue ich die Sache mit Cem? Eigentlich nicht. Bedaure ich, dass meine Familie nichts von mir wissen will? Ja auf jeden Fall. Ich kann mich nie wieder mehr dort blicken lassen. Nicht mal mehr in der Türkei. Meine Familie verachtet mich, weil ich meinen Ehemann verlassen habe, für einen Mann, der nicht meinen Familienstand aufrecht erhalten kann. Aber, eine Sache bleibt mir im Herz geschrieben: Ich liebe ihn einfach.