Ansicht: ESRA 》20

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"Du glaubst mir nicht wen ich gestern in der Werkstatt gesehen haben!" Malik dreht sich nun aufmerksam zu mir.
Soll ich das wirklich sagen? Scheiße. Warum habe ich überhaupt angefangen. Wenn er mitbekommt, dass Cem hier ist, wird es wahrscheinlich nicht gut für ihn enden. Die beiden hassen sich immer noch. Oder haben diese vier Jahre auch was in den Köpfen der beiden verändert? "Äh", fange ich an. "Cengiz, kennst du ihn noch?"
"Canim du hast mir schon vor einer Woche erzählt, dass er da arbeitet." er geht in die Küche.

Wohnzimmer, Esszimmer und Küche sind offen. Wir haben ein kleines Haus in dem wohlhabenderen Teil der Stadt Köln. Wir leben etwas abseits, da wir unsere Ruhe haben wollen, und der Stadtlärm uns nervt.

Maliks kleiner Cousin Enes lebt ebenfalls bei uns. Er ist 12 Jahre alt und seine Eltern sind vor zwei Jahren hier bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Malik wollte ihn nicht bei seiner Tante lassen und hat deshalb das Sorgerecht für Enes beantragt. Der Kleine ist bist heute etwas traumatisiert und will immer noch nicht glauben, dass seine Eltern weg sind. Wir können es selbst nicht fassen. Wir hatten eine sehr schwere Zeit miteinander, aber gleichzeitig auch eine sehr schöne Zeit.

Eigene Kinder haben wir selbst noch nicht.

Malik hat ein weiteres Hotel hier abgekauft und somit verdienen wir unser Geld. Ich arbeite selbst dort, manchmal hilft sogar Enes, wenn er nichts zu tun hat. Es läuft eigentlich alles perfekt. Ich habe mir das ganze genau so vorgestellt mit der Ehe. Wir sind noch jung. Erst vier Jahre verheiratet und haben noch einiges vor uns, was wir zusammen erleben wollen. Ich kann mir auch keinen anderen Mann als Malik an meiner Seite vorstellen und ich kann mir auch kein Leben ohne Enes vorstellen. Ich könnte mir allgemein kein anderes Leben vorstellen, als das was ich jetzt führe. Klar gibt es mal Momente, in denen du nur deine Ruhe willst, aber du sie nicht bekommst. Es gibt auch Momente in denen es Streit gibt, wir uns aber wieder vertragen. Es gibt aber auch Momente bei denen du einfach für alles dankbar bist.

"Malik kannst du mich zur Schule fahren?" Enes kommt ebenfalls ins Wohnzimmer und zieht seine Jacke an. - "Wofür gibt es einen Bus?" fragt Malik streng. "Sei nicht so zu ihm." ermahne ich meinen Ehemann.

"Seit Wochen geht das so. Du kannst auch den Bus nehmen oder laufen wie andere Schüler." argumentiert er wieder.

"Die Schule ist viel zu weit weg, da kann er doch nicht laufen." Sage ich

"Esra hat Recht, dafür würde ich eine Stunde brauchen." er nickt die ganze Zeit während er das sagt.

"Ja dann auf. Aber ich kann dich nach der Schule nicht abholen. Dann kannst du für eine Stunde paar Kalorien verbrennen." Malik verdreht die Augen und zieht ebenfalls seine Jacke an. - "Ich hol dich nach der Schule ab." schreie ich Enes noch hinterher bevor sie ganz verschwunden sind.

Ich fange an das Haus aufzuräumen und nach zwei Stunden ist Malik immer noch nicht zurück. Wahrscheinlich ist er zum Hotel, deshalb beschließe ich auch dort hinzugehen, obwohl ich heute frei habe.

Ich ziehe meine Jacke an und hole meine Tasche. In der Tasche suche ich meine Autoschlüssel, während ich nach draußen gehe.

Verdammt. Mein Auto ist ja noch in der Werkstatt. Ich stöhne auf und entscheide mich zu Fuß zugehen. Weit weg ist es ja nicht.

Als ich dort ankomme, mache ich die große Eingangstür auf. Ich lasse mein Blick schweifen und sehe mich auf den Boden spiegeln. Ich staune nicht schlecht, anscheinend haben Svetlana und Olga nun endlich gelernt, sauber zu arbeiten.

Ich gehe zum Tresen, an dem Svetlana steht und gerade telefoniert und dann sofort auflegt als sie mich sieht. "Telefonieren während des Arbeitens verboten." ermahne ich sie. Sie nickt und widmet sich an irgendeinem Papierkram. "Wo ist Malik?" - "Er ist nicht da." antwortet sie mir mit einem russischen Akzent. Ich nicke: "Haben sich Kunden beschwert?"

Geheimnisvolle LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt