Verzeih mir

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Wenige Stunden später fuhr Sebastian in die Einfahrt zum Haus und parkte. Langsam stieg ich aus, dabei warf einen Blick zum Gebäude. Es war ein komisches Gefühl, nach so langer Zeit, wieder hier zu sein. Und noch komischer war es, zu wissen, dass meine Eltern nicht da sein würden. Wahrscheinlich war es eine dumme Idee gewesen her zu kommen, aber spätestens morgen wäre es so oder so passiert.
Ich nahm die Tasche entgegen, welche Sebastian mir reichte und lief zur Tür. Aus meiner Handtasche kramte ich den Schlüssel hervor und steckte ihn in das Schloss. Doch ich drehte ihn nicht um, ich war wie erstarrt.

Mein Herz schlug ein wenig schneller. Ich hatte wirklich Angst, die Tür zu öffnen, weil ich vor der Leere im Inneren des Gebäudes zurückschreckte. Eine Hand mit langen schwarzen Nägel erschien in meinem Blickfeld, zwei Finger legten sich um den Schlüssel und drehten ihn zwei Mal im Schloss, dann sprang die Tür auf. Ich hatte nicht bemerkt wie Undertaker näher gekommen war, nun ging er jedoch entspannt an mir vorbei nach drinnen.
Im gehen ergriff er unerwartet meine Hand, die sofort anfing zu kribbeln, und zog mich mit sich bis ins Wohnzimmer.

Wir stellten unser Gepäck neben das Sofa, dann ging Undertaker wieder nach draußen, ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Hier sah es noch genauso aus wie vor einem Monat, außer, dass es etwas staubig war. Ich ging langsam zum Schlafzimmer meiner Eltern und spähte hinein. Auch hier war alles noch gleich.
"Bevor wir morgen den Schlüssel übergeben, sollten wir noch einmal kontrollieren, ob auch alles raus ist.", sagte Sebastian. Ich zuckte hart zusammen, weil seine Stimme direkt neben meinem Ohr war. Ich sah ihn böse an. "Hör auf Dich anzuschleichen! Oder willst Du, dass ich an einem Herzinfarkt sterbe?!"

"Nein, das wollen wir nicht. Wäre auch viel zu schade um Dich.", rief Undertaker vom Sofa aus.
Ich sah zu ihm bevor mein Blick zum Tisch glitt. Es lagen einige Briefe und Zeitungen darauf. Gemeinsam mit Sebastian ging ich zurück zum Sofa und ließ mich darauf nieder, Sebastian setzte sich direkt neben mich und überschlug locker seine Beine.
Ich warf einen Blick in die Briefe. Es waren einige Rechnungen, aber auch Beileidskarten, von Menschen die ich nicht kannte. Nach der fünften Karte schob ich frustriert alles zusammen und verfrachtete es in eine Tüte. Ich hatte keine Lust auf diesen Müll. Die Männer hatten sich leise Unterhalten, sahen aber jetzt zu mir. Ich spürte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Sie sollten es nicht sehen, deshalb wandte ich mich ab. Auf einmal rückte alles wieder so nahe, ich hatte das Gefühl, vor Trauer zu ersticken.
"Rhia?", ertönte Undertakers sanfte Stimme hinter mir. Ich kniff die Augen zusammen. Ich musste mich beruhigen. Er legte eine Hand auf meine Schulter, mit sanfter Gewalt drehte er mich um und drückte mich gegen seine Brust. Sofort krallte ich mich in seine Robe und fing an zu schluchzen.

Nur sehr langsam beruhigte ich mich wieder, die Sprüche der Karten, welche ich gelesen hatte, stiegen immer wieder in meinen Kopf und lösten neue Trauerwellen in mir aus. Doch irgendwann wurde es besser und ich konnte mich wieder von ihm lösen.
Trotzdem ließ er mich nicht los. Vorsichtig legte er seine Hände an meine Wangen und wischte die übrigen Tränen fort. Ich lächelte dankbar zu ihm auf, wir redeten nicht, auch Sebastian war ruhig. Plötzlich knurrte mein Magen aus heiterem Himmel und wir mussten Lachen.

"Was für niedere Kreaturen ihr doch seid. Menschen haben einfach immer Hunger.", lachte der Dämon. Er stand auf und ging in die Küche. "Leider haben wir nichts zu essen hier."
"Ist ja auch logisch, mein Guter. Wir haben bereits alles weggeschafft."
Undertaker manövrierte mich in die Küche, ohne mich loszulassen. Ich sah über meine Schulter zu dem Schwanrzhaarigen, er lächelte mir leicht entgegen. "Kannst Du nicht etwas herhexen?" Zu gerne wollte ich noch mal sehen wie er aus dem Nichts, Essen herzauberte. Das war wirklich faszinierend.
"Ich soll zaubern? Lass uns lieber etwas bestellen."
"Nein..... Ich habe keine Lust auf den Lieferservice.", sagte ich. Sebastian seufzte schwer, Undertaker kicherte.
"Na gut, worauf hast Du denn Lust?"
Ich drehte mich in Undertakers Armen und überlegte kurz. "Hmmmm, wie wäre es mit Hummer... Oder Sushi?"
Sebastian grinste, genauso wie ich, denn ich nahm an, dass soetwas über seinem Können lag.
"Wir sollten bei etwas normalem bleiben." Sebastian zog einen Stuhl für mich zurück, ich ließ mich etwas enttäuscht darauf sinken. Ich zog eine Schnute und dachte darüber nach, was ich mir sonst wünschen könnte. Ich hatte seit ewigkeiten nichts asiatisches mehr gegessen, wäre doch keine schlechte Idee. Ich sah wieder zu dem Teufel auf. "Wie wäre es dann mit Misosuppe und Ramen? Eine leckere Gemüsebrühe mit Shiitake, Ei, Bohnensprossen...", erklärte ich. Sebastian legte sich einen Finger ans Kinn und dachte ein wenig nach, dann nickte er lächelnd. Aus seinem Ärmel zog er ein weißes Tuch hervor. Er schüttelte es und warf es über meinen Kopf. Für einen Moment war meine Sicht versperrt, dann, als sich das Tuch auf meine Brust senkte, befand sich plötzlich eine dampfende Schüssel mit Misosuppe und Ramen vor mir. Beinahe sofort tropfte mir der Zahn. Das Essen sah so extrem köstlich aus, ich konnte es kaum noch erwarten es endlich zu verschlingen.

Black Butler: In ewiger UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt