38) Ein rauschendes Fest

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+++Parrik+++


Maras und Rastens Hochzeit war eine rauschende Feier, zu der das gesamte obere Viertel geladen war.

Wenn schon die Verlobungsfeier beeindruckend gewesen war, so zählte dieses Fest zu den Höhepunkten des Jahres in Waldhafen. Arnoldo hatte keine Kosten gescheut, nur all zu viel Mühe hatte er sich nicht gemacht und andere für sich arbeiten lassen.

Mara, Quenny und Celien hatten tagelang an den unzähligen Blumenarrangements gefeilt. Unter meiner Aufsicht und sehr zu ihrem Wohlgefallen hatte Mara zum ersten Mal in ihrem Leben die Stadtmauern von außen gesehen, als ich die drei auf einen Ausflug zum Blumenpflücken begleitete. Sie war aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen und hatte ein wenig eingeschüchtert alles betrachtet und Celien und Quenny mit unzähligen Fragen gelöchert, während ich nur schweigend ihrem aufgeregten Geplapper zugehört hatte.

Ich wollte weder wissen wie viele Bäcker es benötigt hatte, noch wie lange sie für die gigantische dreistöckige Hochzeitstorte gebraucht hatten, die kunstvoll verziert auf einem Podest vor dem Brautpaar stand. Damit konnte man nicht nur das obere Viertel, sondern gleich alle Bewohner von Waldhafen für mindestens eine Woche satt kriegen.

Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, wer dies alles essen sollte. Aber Arnoldos Ziel war es, die Gäste, allen voran seine Geschäftspartner und die Herren des Stadtrats, zu beeindrucken und nicht in erster Linie, sie zu ernähren. Soviel hatte ich über den reichen Händler bereits verstanden. Die Sättigung war bloß ein Nebeneffekt des Ersteren.

Es überraschte ebenfalls kaum, dass der wohlbeleibte Gewürzhändler sich als einer der ersten ein Stückchen von der Torte reichen ließ. Ich für meine Wenigkeit beschloss zu passen. Ausnahmsweise.

Auch Celien und meine Schwester schüttelten den Kopf als ich mich anbot, ihnen ein Stückchen von der Torte zu besorgen.

Nach dem grandiosen Zehn-Gänge-Menü war sogar mein ansonsten unstillbarer Appetit zufriedengestellt. Vorerst zumindest.

„Sag bloß, du verzichtest auch auf die Torte", stichelte Celien neckend und Quenny fiel ebenfalls mit ein. „Parrik verzichtet freiwillig auf Essen. Celien, Hilfe, er wird krank!" Ich knuffte beide Mädchen in die Seite, erst das eine rechts von mir, dann das andere zu meiner Linken. Sie lachten beide.

Sofort legte Korvin eine schützende Hand um meine Schwester und funkelte mich über ihren Kopf hinweg drohend an.

„Ist ja schon gut, du kannst deinen Wachhund zurückpfeifen", scherzte ich. Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, Korvins dunklen Schopf stets an Quennys Seite zu erblicken. Sie gehörten zusammen und so allmählich hatte ich das auch verstanden, wenn auch noch lange nicht akzeptiert oder mich dazu durchgerungen es gut zu finden.

Nein, überzeugt davon, dass ihre Zuneigung ihm gegenüber gut war, war ich nach wie vor nicht. Aber selbst ich musste widerwillig zugeben, dass sie glücklich wirkte und mehr lachte als sonst.

Selbst Ally fand es entzückend die beiden zusammen zu sehen. Und wie es schien, war ich der einzige, der über ihre enge Freundschaft besorgt war.

Wenn es so weiterging, würde uns bald die nächste Hochzeit bevorstehen.

„Aber Quenny", ich konnte es mir einfach nicht verkneifen, „du weißt schon, dass er dir keine so spektakuläre Hochzeit bieten kann." Mit der Hand deutete ich dabei auf unsere Umgebung und das rauschende Fest, welches um uns herum in vollem Gange war.

Zu meiner Überraschung färbten sich Quennys Wangen rot, und sie schenkte mir einen ihrer berüchtigten drohenden Blicke. Ich lachte, schließlich war ich diese Blicke bestens gewohnt und sie machten mir nicht das Geringste aus. Hatte ich da etwa eine empfindliche Stelle getroffen? Ich hoffte doch schwer, dass sich die beiden mit dem Heiraten noch etwas Zeit – etwas viel Zeit – lassen würden. Immerhin galt Korvin erst seit wenigen Wochen als rechtschaffener Bürger von Waldhafen.

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt