57) Die falschen Gründe

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***Celien***

„Ich weiß, dass dein Angebot ehrenhaft gemeint war", brachte ich mit schwacher Stimme hervor. „Aber ich will nur aus Liebe heiraten. Ich will einen Mann, der mich wirklich liebt. Oder gar keinen!", mühsam stieß ich die Worte hervor und erschrak darüber, wie erbost ich klang.

Parrik wich bei meinen harschen Worten zurück. Meine Hand streckte sich zu ihm aus, um ihn zurückzuhalten, erstarrte dann aber mitten in der Luft. Ich wollte mich am liebsten von ihm trösten lassen, aber das ging nicht. Es würde nur noch alles schlimmer machen. Ich ließ meine Hand langsam zurück auf meinen Oberschenkel sinken und fühlte mich leer und ausgebrannt, nachdem die Tränen versiegt waren.

Wenn er nur wüsste, wie gerne ich seinen Antrag annehmen würde. Aber ich konnte es nicht. Durfte es nicht. Es waren die völlig falschen Gründe, die er vorgebracht hatte.

Er würde mich heiraten, aber es würde sich nichts zwischen uns ändern. Er würde Rastens Stelle annehmen und mein Bruder sein. Mehr nicht. Und das wollte ich nicht. Ich wollte ihn weder als 'Freund' und erst recht nicht als 'Bruder'. Ich wollte ihn als meinen Mann.

Er wäre sogar bereit in Rastens Zimmer zu wohnen, um allen etwas vorzuspielen. Um den Schein nach außen zu waren. Nein, das wollte ich auf keinen Fall!

Es wäre nie wieder so zwischen uns wie an diesem Morgen. Wir würden nie im selben Bett aufwachen oder uns wirklich nahe sein. Ich spürte, wie mir erneut die Tränen in die Augen traten und kniff sie zusammen.

Nein, ich wollte keine Scheinehe mit Parrik führen. Ich wollte ihn wirklich, ganz und gar, mehr als jemals zuvor.

Aber nicht so. Lieber blieb ich für den Rest meines Lebens alleine, als in einer bloßen Zweckehe mit ihm gefangen zu sein.

Verennes Worte kamen mir in den Sinn. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, ihm meine Gefühle für ihn zu erklären. Aber ich wusste nicht wie. Und erst recht nicht, wie ich den Mut dazu aufbringen sollte. Dann küsse ihn doch einfach, hatte Verenne geraten. Immer wieder, wenn wir über ihn und meine Gefühle für ihn sprachen. Du wirst schon sehen, wie er reagiert. Aber das konnte ich noch viel weniger tun. Ich wollte! Oh, ich wollte es wirklich. Aber es ging einfach nicht. Ich brachte es nicht fertig. Ich hatte Angst. Angst vor seiner Reaktion, vor seiner Abweisung. Angst, endgültig zu wissen, dass er mich nicht so wollte wie ich ihn wollte.

Ich holte tief Luft und öffnete meine Augen. Parrik saß immer noch mit einigem Abstand neben mir auf dem Boden und schaute mich vorsichtig aus seinen schönen, graublauen Augen an. Oh, ich wollte ihn wirklich küssen und in den Arm nehmen, aber wollte er das? Mein Blick fiel auf seine Lippen und ich schloss die Augen. Nicht in der Lage, meinen Blick von ihm zu lösen. Ich drehte den Kopf weg.

Ich schämte mich für mein Verhalten. Er hatte all seinen Mut zusammengenommen und mir sein Angebot gemacht. Er hatte es gut gemeint. Verdiente er da nicht eine ehrliche Erklärung und die Wahrheit?

Aber was würde dann aus uns werden? Er wollte mich nicht wirklich als seine Frau, das hatte er deutlich genug gemacht. Er sah nur eine kleine Schwester in mir. Er war bereit, sich für mich aufzuopfern. Für mich und für Rasten, und das durfte ich nicht zulassen. Ich wusste schließlich, wie hilfsbereit und selbstlos er war.

Ich konnte sein Angebot nicht annehmen. Nicht unter diesen Umständen. Nicht so.

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt