6) Ein Tag im Wald

286 31 80
                                    

+++ Parrik +++

„Fertig", schrie Rasten mir aus einiger Entfernung zu. „Jetzt müssen wir nur noch darauf warten, dass die Waldhühner in meine Falle gehen. Komm mit!" Er verknotete die letzte Schnappfalle, bevor er mich zu einer kleinen Lichtung in der Nähe zog, auf der bereits unsere Pferde grasten.

Dort ließen wir uns ins Gras fallen und warteten.

Rastens Fallen waren genial. Er konnte sie blitzschnell aus ein paar vorgebundenen Leinensäcken und Ästen herstellen, in die er Körner ausstreute, um die fetten Wildhühner anzulocken, die in diesem Teil des Waldes lebten. Sein Vater, seines Zeichens Jäger und Fallensteller, hatte ihm das Handwerk beigebracht und alles, was er darüber hinaus wusste. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass wir nicht mindestens ein halbes Dutzend der fetten Waldhühner fangen würden.

Ollf und Ally würden sich sicher freuen, wenn ich eines der Tiere für den nächsten Braten mitbrächte. Wie gut, dass Rasten die Jagderlaubnis seines Vaters geerbt hatte und im Wald jagen durfte.

Mein Meister hatte Recht gehabt, es tat tatsächlich gut, nichtstuend im Gras zu liegen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Ich würde jeden Tag in der Schmiede arbeiten, wenn er mich nicht hin und wieder zwang, einen Tag freizunehmen. "Junge Burschen wie du, müssen auch mal in der Sonne faulenzen - vor allem mit schönen Mädchen", dabei hatte er mir verschwörerisch zugezwinkert und in seiner üblichen Art auf die Schulter geklopft. Ich kam nur Rasten zuliebe mit, und weil wir in letzter Zeit viel zu wenig Zeit miteinander verbracht hatten. Seit er bei der Stadtwache war, bekam ich ihn kaum mehr zu Gesicht.

Celien war irgendwo in der Nähe unterwegs und sammelte verschiedene Kräuter, die sie für ihre Arzneien benötigte. Sie hatte eine uralte und sehr geheimnisvolle Karte des Waldes von ihrer Großmutter geerbt, auf der sie ablesen konnte, an welcher Stelle, welches Grünzeug zu finden war. Zielsicher und zielstrebig wie immer hatte sie uns hierher gelotst, und war dann, kaum dass wir abgesessen hatten, im Dickicht des Waldes verschwunden, bewaffnet mit Sichel, Messer und ihren Jutebeuteln.

Rasten hatte ihr eingeschärft in Rufweite zu bleiben. Sobald sie hatte, was sie brauchte, würde sie wieder auftauchen. In der Zwischenzeit sammelten wir Feuerholz und schichteten es zu einem kleinen Lagerfeuer auf.

Während Rasten anschließend seine Fallen kontrollierte, schnappte ich mir einen kleinen Zinneimer und ging los, um Wasser zu holen. In der Nähe hatte ich auf dem Hinweg ein kleines Rinnsal erspäht. Zum Rupfen des Rebhuhns brauchten wir heißes Wasser.

Ich war mit dem vollen Eimer schon auf halbem Weg zurück zu unserer Feuerstelle, als ich Celiens braunen Lockenschopf im Unterholz entdeckte. Sie stand gebückt über der Erde und scharrte wie wild im Boden. Ich stellte den schweren Eimer ab und machte ein paar Schritte auf sie zu. Sie war so konzentriert, dass sie mich nicht bemerkte. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Es war so typisch für dieses Mädchen, sie so in die Arbeit versunken, vorzufinden.

„Celien, ist alles in Ordnung bei dir? Suchst du einen Schatz?" Meine Stimme klang belustigt. Aber, dass ich sie einfach so ansprach und mir zudem noch einen Scherz erlaubte, war alles andere als typisch für mich. Sofort spürte ich, wie sich die Hitze auf meinen Wangen ausbreitete. Ich hatte gesprochen, ohne nachzudenken und hätte die Worte am liebsten wieder zurückgeholt.

Sie hielt inne, erhob sich und drehte sich zu mir um. Ihr braunes Haar war zerzaust, ein paar Locken hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und ein paar Blätter hatten sich darin verfangen.

„Ich will den blöden Engelwurz ausgraben." Sie zeigte auf die Stelle, an der sie buddelte. „Aber die Erde ist so hart und trocken. Ich schaffe es nicht."

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt