58) Sturm der Gefühle

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+++Parrik+++

Die restlichen Stunden des Tages ritten wir wortlos nebeneinander her. Zwischen uns gab es nichts mehr zu sagen. Alles war gesagt.

Wir kamen nach wie vor nur langsam voran. Viel zu langsam. Die Pferde waren müde und ich war ebenfalls erschöpft. Hungrig und erschöpft. Ich sehnte mich nach einer von Allys warmen Mahlzeiten und meinem warmen, weichen Bett in meinem gemütlichen, warmen Zuhause. Eigentlich nicht wirklich mein Zuhause, aber bei Ollf und Ally war ich willkommen genug. Es genügte mir vollkommen. Ich konnte zufrieden sein. Ich hätte es schlechter treffen können. Viel schlechter - zumindest versuchte ich mir das einzureden.

Aber so wie es aussah, würden wir Waldhafen an diesem Abend nicht mehr erreichen. Der Weg war zu weit und wir zu langsam vorwärts gekommen. Immer wieder hatten wir absteigen und unsere Pferde um einen umgestürzten Baum herumführen müssen, der uns den Weg versperrte.

Die Stille zwischen Celien und mir wurde irgendwann unangenehm. Ich wusste nicht, was sie dachte. Aber ich war mir auch nicht sicher, ob ich es unbedingt wissen wollte. Mir ging ebenfalls so vieles durch den Kopf, von dem ich froh war, dass sie nichts davon wusste. So vieles zwischen uns war noch ungesagt. Aber würde es etwas ändern, darüber zu reden?

Wie oft waren wir schon schweigend nebeneinander hergelaufen oder geritten? Viel zu oft. Unser Miteinander schien immer damit zu enden, dass wir nicht mehr miteinander sprachen. Angesichts dieser Tatsache, die ich nicht leugnen konnte, war eine Heirat doch keine so gute Idee. Bei gründlichem Nachdenken musste ich mir dies einfach eingestehen. Erneut schalt ich mich für meine Gedankenlosigkeit und Voreiligkeit. Hätte ich doch abgewartet, bis wir wieder in Waldhafen gewesen wären und Verenne um Rat gefragt. Ich wusste doch, dass ich völlig unerfahren war, wenn es um Mädchen ging. Aber für diese Erkenntnis war es zu spät. Ich hatte den Schaden angerichtet und mir fehlte die Energie und der Wille jetzt noch etwas daran zu ändern. Um ehrlich zu sein, fürchtete ich, es nur noch schlimmer zu machen. Außerdem war ich ratlos was überhaupt zu tun oder zu sagen sei. Also schwieg ich ebenfalls.

Eine weitere Nacht und einen halben Tagesritt würde ich auch noch mit Celien überstehen.

Im Gegenteil, ich genoss nach wie vor, sie in meiner Nähe zu haben, auch wenn wir nicht miteinander sprachen.

Ich hatte mich daran gewöhnt, sie bei mir zu haben. Sie würde mir fehlen, wenn wir wieder in Waldhafen waren. Sehr sogar.

Erstaunt stellte ich fest, wie schnell sich der Wald um uns herum in Dunkelheit getaucht hatte. Die Sonne hatte den ganzen Tag schon keinen Weg durch die dicke, graue Wolkendecke am Himmel gefunden. Es war kühl und würde in der Nacht noch kälter werden.

Zeit anzuhalten und sich um ein Feuer zu kümmern. Wenigstens gab es entlang des Weges immer wieder Rastplätze, an denen man alte Feuerstellen vorfand. Es würde uns einige Arbeit ersparen und wir konnten uns gleich an einer von ihnen niederlassen.

Ich steuerte auf die nächstbeste Feuerstelle zu, die ich am Rand des Weges fand. Ohne ein Wort zu sagen, führte ich meinen braunen Hengst auf das niedergetrampelte, kleine Stück Wiese und stieg vorsichtig ab. Ein stechender Schmerz fuhr mir plötzlich durch den Oberschenkel meines lädierten Beines und ich zuckte unwillkürlich zusammen. Celien schaute zu mir herüber und folgte meinem Beispiel ohne ein Wort zu sagen. Sie verstand auch so, dass es an der Zeit war, ein Nachtlager aufzuschlagen.

Wir banden unsere Pferde sorgfältig an den Stamm einer Eberesche und ich kramte das letzte Brot und den letzten Apfel aus meinem Proviantbeutel hervor. Langsam und mit zusammengebissenen Zähnen humpelte ich zu einem der niedrigen Steine, die rund um die Feuerstelle lagen und ließ mich darauf niedersinken. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als diese wunderbar duftende Salbe von Celien, die stets Linderung brachte und deren Geruch mich immer an sie erinnerte. Aber selbst mir war klar, dass es keinen Zweck hatte, sie danach zu fragen, sie konnte sie hier im Wald auch nirgends herzaubern und zuhause hatten Mara und ihr Ungeborenes Vorrang. Ihnen zu helfen war wichtiger, als sich um meine Schmerzen zu kümmern. Ich konnte sie schließlich wie ein Mann aushalten.

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt