63) Überzeugungsarbeit

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***Celien***

Unser Körper ist der Spiegel unserer Seele.

Bisher hatte meine weise Großmutter immer Recht behalten. Und auch dieses Mal lag sie nicht falsch. Seitdem Parrik mir seine Gefühle gestanden und wir Verennes Ratschlag gefolgt waren, fühlte ich mich wie neu geboren. Gestärkt und glücklich. Aber vor allem glücklich.

Mara ging es besser. Allem Anschein nach zeigte die Medizin die gewünschte Wirkung. Weitere Krampfanfälle waren bisher ausgeblieben und ich hoffte, dass dies auch weiterhin so bleiben würde.

Wenn man ihren gewölbten Bauch betrachtete, schien das Kind gut zu gedeihen. Es versetzte mich jedes Mal wieder aufs Neue in Erstaunen, wenn sie mich die kräftigen Tritte des Kindes spüren ließ. Ein kleines Wunder wuchs in ihr heran und es würde stark genug sein, wenn es auf die Welt kam.

Alles würde gut werden. Nur eine Sache lag noch vor uns: Wir mussten endlich unseren Familien erzählen, wie wir fühlten.

Im Trubel der folgenden Tage hatten wir es nicht geschafft, den anderen von den Ereignissen zwischen uns zu berichten.

Zu viel hatte es zu tun gegeben und ich wusste, dass es Parrik nur Recht war, wenn er das Gespräch mit Rasten noch etwas hinauszögern konnte. Seine verdammten Selbstzweifel standen ihm nach wie vor im Weg und auch wenn er akzeptiert und verstanden hatte, dass ich ihn so liebte, wie er war, fiel es ihm schwer zu glauben, dass mein Bruder ihn als beste Wahl für mich akzeptieren würde.

„Mach dir keine Gedanken wegen Rasten", hatte ich ihm ins Ohr geflüstert und ihm anschließend einen Kuss auf die Wange gehaucht, ohne dass er zurückgewichen war. Diese Phase hatten wir längst hinter uns gelassen, zu meiner großen Erleichterung. Er würde sich daran gewöhnen müssen, von mir liebkost und geküsst zu werden. Das sollte ihm, so hoffte ich zumindest, nicht sonderlich schwerfallen.

„Du weißt genau, dass ich mir von meinem Bruder nichts vorschreiben lasse." Ich hatte gelacht und seine Hand genommen.

„Ich weiß. Aber als dein Bruder will er nur das Beste für dich. Und du könntest es so viel besser erwischen."

Ich hatte ihm tief in seine graublauen Augen geschaut und versucht all meine Gefühle für ihn in meinen Blick zu legen. Jahrelang hatte er sich eingeredet, dass er nicht gut genug war, nicht gut genug für ein Mädchen wie mich, und jetzt kam ich daher und machte all seine Überzeugungsarbeit zunichte.

Es würde mich noch einige Arbeit kosten, aber ich war bereit, keine Mühen zu scheuen, wenn es um Parrik ging.

Ich war viel zu sehr mit den Besuchen bei Mara, sowie den liegengebliebenen und vernachlässigten Arbeiten in der Apotheke und in meinem Garten beschäftigt gewesen, um ihn zu drängen und Parrik stand von früh bis spät mit Ollf in der Schmiede. Nur in seinen kurzen und seltenen Pausen kam er zu mir herüber und wir verbrachten etwas gemeinsame Zeit in meinem kleinen Reich oder wenn es das Wetter zuließ in meinem Garten.

Es hatte sich bisher einfach noch keine günstige Gelegenheit ergeben, Rasten zu erzählen, dass sich endlich mehr zwischen uns entwickelt hatte.

Quenny war außer Verenne die einzige, die von uns beiden wusste.

Zu meiner großen Überraschung hatte Parrik es ihr vor ein paar Tagen einfach gezeigt und mir ohne Umschweife einen Kuss auf den Mund gegeben, ungeachtet der Tatsache, dass seine kleine Schwester gerade dabei war mir bei der Zubereitung einer Salbe zu helfen.

Quenny hatte mit großen Augen und offenem Mund dagestanden, ehe sie etwas hervorbrachte. „Ihr beide-", sie hatte ungläubig ihren Kopf geschüttelt und sich beschwert. „Du hättest es mir auch gleich sagen können!"

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt