49) Gute Gründe

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***Celien***

Nach dem langen Ritt und der schlaflosen Nacht zuvor, war ich ziemlich erschöpft und müde. Ich hoffte, trotz des dicken Fells auf den flachen Kieselsteinen eine bequeme Position zum Schlafen finden zu können. Ich wälzte mich hin und her, bis es sich einigermaßen gut anfühlte. So würde ich schlafen können, wenn ich vergessen konnte, dass um uns herum nichts als Wald und Dunkelheit war. So gerne ich tagsüber hier draußen war, in der Nacht wirkte alles fremd und bedrohlich. Ich durfte nicht den Fehler machen und auf die unheimlichen Geräusche des Waldes lauschen. Parrik war bei mir. Er war stark und würde mich beschützen.

Wie fürsorglich und einfühlsam von ihm, mir anzubieten Wache zu halten, bis ich eingeschlafen war. Er wusste, wie sehr es mich beunruhigte, im Freien zu übernachten. Hoffentlich blieb er nicht zu lange wach, sondern legte sich ebenfalls hin, sobald ich eingeschlafen war. Wenn es mir denn gelang, einzuschlafen.

Ich zwang mich, nicht an meine Umgebung zu denken oder auf die Geräusche zu achten, die mich umgaben. Es war viel leichter, an den Jungen zu denken, der neben mir saß und aufpasste. Er war ein wirklich guter Freund, auf den ich mich in jeder Situation verlassen konnte und dem ich mein Leben anvertrauen würde. Und mal wieder fragte ich mich, ob jemals mehr zwischen uns sein würde.

Anstatt Schäfchen zu zählen bis ich einschlummerte, ertappte ich mich also wieder einmal dabei, wie ich aufzählte, warum ich ihn liebte. Er war bescheiden und ruhig, fleißig und fürsorglich, verständnisvoll, zufrieden mit dem was er hatte, geschickt im Umgang mit Feuer und Werkzeug und er konnte gut zuhören. Und anders als mein Bruder, hörte er auf mich. Er wäre dem einfacheren Weg gefolgt und hätte sich der markierten Stelle vom Waldrand aus genähert, nur wegen mir, waren wir abgebogen und nächtigten inmitten der Wildnis. Ich durfte meine Angst nicht auf ihn abwälzen und zwang mich zur Ruhe.

Ja, mit ihm konnte ich wirklich über fast alles reden. Nur nicht über meine Gefühle für ihn. Ein leises Seufzen mischte sich unter meine ruhigen Atemzüge. Für einen Moment öffnete ich die Augen, aber Parrik schien nichts bemerkt zu haben. Sein Blick war auf die Flammen unseres kleinen Lagerfeuers gerichtet.

Das Bild hatte sich in mein inneres Auge gebrannt. Sein trotz allem hübsches Gesicht, mit den markanten Gesichtszügen, umrahmt von seinen dunklen Haaren, durch die ich am liebsten meine Finger wühlen würde, die starken Schultern, an die man sich mit Sicherheit gut anlehnen konnte und seine geschickten, kräftigen Hände und die langen Finger mit Hornhaut und Ruß unter den Nägeln von seiner Arbeit in der Schmiede. Selbst jetzt redete ich mir ein, den wohligen Geruch nach Feuer und Metall zu verspüren, der ihn auch hier draußen in der Wildnis nie ganz loszulassen schien.

Ich merkte, wie wohl und entspannt ich mich in seiner Gesellschaft fühlte und all meine Sorgen und Ängste vergessen konnte. Wie konnte man nicht in diesen Jungen verliebt sein?

Und irgendwie, irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein, neben dem Jungen, der mir Tag wie Nacht immer mehr den Verstand raubte.

Und der mir schon vor so langer Zeit mein Herz geraubt hatte.

Waldhafen - Narben der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt