24 - Blaue Seele

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Verschlafen befand sich meine Gruppe nun vor unserem Schiff, das uns die Dorfbewohner zur Verfügung stellten. Ich war die Letzte, die ankam. Mein Blick glitt durch die Menschenmasse, die uns verabschieden wollte. Sie alle knieten nieder. Aron, Merton und Tyllina schauten mich fragend an, jedoch fragten sie nicht weiter nach. Diese Menschen kannten mich kaum, doch trotzdem sahen sie mich als eine Göttin. Ich fühlte mich geehrt und zugleich mächtig. Ich hatte noch nie zuvor Macht verspürt und war erstaunt, dass ich dieses Gefühl mochte. Nicht im negativen Sinne. Endlich respektierte mich jemand. Ich war schon lange nicht mehr Rhea Schnee von Winterfell. Eine der Bastardzwillinge von Lord Eddard Stark.

Seit ich Westeros verließ und Essos erreichte, starb mein altes Ich. Hier musste ich mich nicht mehr verstecken. Hier wurde ich wiedergeboren. Rhaenys Targaryen.

Ein Brüllen ließ meinen Blick gen Himmel gleiten. Mondfang, Goldregen und Sonnensturm flogen über die Menschenmenge hinweg. Glücklich schaute ich ihnen zu und freute mich schon darauf, wenn ich mit ihnen gemeinsam durch die Lüfte fliegen konnte. Doch bis dies geschehen konnte, wird noch eine Menge Zeit vergehen müssen. Sie gingen mir gerade einmal bis zu meinen Knien. Wobei sie in den wenigen Wochen, die sie schon leben, mehr als die doppelte Körpergröße erreicht haben.

Die Menschen schauten begeistert in den Himmel und erblickten meine Kinder. Surias kam auf mich zu. In seiner Hand hielt er eine Kette mit einem blauen Kristall als Anhänger. Der Kristall erinnerte mich an die aus der Höhle, in der ich die drei Dracheneier fand. Beim genauerem Hinsehen erkannte ich, dass der Kristall die Form eines Drachen hatte.

"Ich wünsche euch eine gute Reise, Rhaenys. Nimmt diese Kette als Zeichen unserer Verbundenheit. Diese Kristalle findet man nur in unseren Ländereien. Sie sind wertvoller als Gold je sein wird, denn diese Kristalle sind die Seelen unserer Vorfahren und aller Geschöpfe, die hier je gelebt haben." Ich nahm die Kette an und band sie mir um den Hals.

"Vielen Dank Surias, wir werden uns eines Tages wiedersehen." Er nickte mir zu.

"Ich blicke diesem Tag sehnlichst und mit größter Freude entgegen." Daraufhin drehte ich mich um und begab mich auf das Schiff.

Ein letztes Mal schaute ich auf das Volk, das mich so verehrte. Das Volk, welches seine Heimat aufgeben würde und mir in den Krieg folgen würde. Das Schiff legte ab. Ich drehte mich um und begab mich zu Aron.

"Der Captain meinte wir würden Yunkai in zwei Tagen erreichen. Von der Bucht ist es dann ungefähr ein halber Tagesmarsch bis wir die Stadtmauern erreichen." Ich bedankte mich bei Aron und schaute ihn fragend an. "Was bedrückt dich Aron?" Ich schaute zurück auf das Meer. Eine unangenehme Stille lag in der Luft, doch schließlich antwortete Aron mir. "Ich habe das Gefühl, dass du uns etwas verheimlichst."

"Was sollte ich euch verheimlichen?" Aron starrte noch immer auf das Meer. Dabei lehnte er seinen Oberkörper an das Schiffsende an. "Das weiß ich nicht, doch ich habe die Menschen gesehen. Sie verhehren euch, das wussten wir. Doch ihre Blicke sagten noch was anderes."

Schuldbewusst wandte ich meinen Blick vom Meer ab und schaute auf meine Hände. "Es ist wirklich nichts Wichtiges." Nun schaute Aron mich liebevoll an. "Ich vertraue dir Rhea und wenn es geheim bleiben soll, verstehe ich das." Ich legte meine Hand auf seine. "Tyllina, ihr Baby, Merton, Grauwind, Mondfang, Goldregen, Sonnensturm und auch du seid meine Familie. Ich würde nie etwas tun, das euch verletzen würde."

Aron nickte mir zustimmend zu, doch ich konnte sehen, dass er nicht zufrieden war. Aron ging und ich stand alleine. Ich sah wieder auf das Meer und erblickte die drei Drachen und wie sie um die Wette flogen. Sonnensturm war der schnellste, doch Mondfang holten ihn ein, da er etwas größer war und somit größere Flügel hatte. Kurz hinter ihnen flog Goldregen. Goldregens Flugkünste sahen um einiges anmutiger aus, als die der anderen beiden.

Ich konnte und wollte mir auch gar nicht vorstellen, dass ihnen jemals jemand was anhaben könnte. Ob Daenerys wohl auch so dachte? Ich meine sie stieg mit ihnen ins Feuer und wurde mit ihnen wiedergeboren. Eine tiefere Bindung als ich mit meinen Drachen wohl habe oder nicht?

"Rhea!" Ein Rufen riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute wo die Stimme herkam und erblickte Tyllina. "Komm rüber. Wir sollten anfangen zu planen, wie wir jetzt wirklich vorgehen wollen." Ich entfernte mich von meinem vorherigen Platz und gesellte mich zu meinen Freunden.

"Deine Tante wird uns sicherlich nicht mit offenen Armen empfangen. Sie wäre misstrausich, was auch völlig normal ist. Wenn ich von einer Nichte mit drei Drachen erfahren würde, wäre ich auch misstrauisch." Wir alle stimmten Tyllina zu. "vielleicht solltest du nicht direkt mit deinen Drachen ankommen. Sie sollten in einer gewissen Entfernung auf dein Zeichen warten." Sagte Merton. "An sich ist die Idee gut, doch wenn meine Drachen meinen Befehl wahrnehmen können, werden die Drachen meiner Tante sie ebenfalls spüren können. Drachen sind intelligente Wesen." Merton nickte mir verstehend zu.

"Wie sollen wir denn vorgehen? Wir sollten niemanden zurücklassen und zusammen bleiben." Gab Tyllina uns zu verstehen.

"Wir werden alle gemeinsam an der Stadtmauer ankommen und eine Audienz mit der Königin beantragen. Ihre Soldaten werden uns alle sehen. Dann werden sie Daenerys vorwahnen und sie weiß Bescheid."

"Und was passiert, wenn etwas schiefläuft? Was wenn sie dich trotzdem als Bedrohung ansieht?"

"Das wird sie nicht, Aron."

"Und was wenn doch?" In seinen Augen sah ich Angst und Besorgnis. Ich atmete einmal tief ein. "Falls etwas schiefläuft, wirst du dir Tyllina, Merton, Grauwind und die Drachen schnappen. Ihr werdet fliehen. Ihr werdet nach Westeros gehen und zu der Mauer reisen. Ihr werdet Jon, meinem Bruder, davon berichten. Er wird die Drachen zähmen können und euch kennen sie schon. Dann wissen wir, dass man Daenerys nicht trauen kann und Jon wird den Thron beanspruchen müssen."

Geschockt sahen meine Freunde mich an. "Soweit wird es aber nicht kommen. Vertraut mir."

"Es ist von Anfang an dein Plan gewesen und wir haben versprochen immer für einander da zu sein. Deswegen werden wir dir überall hinfolgen." Tyllina schaute mich eindringlich an und ich erkannte wie stark dieses 16 jährige Mädchen war. Erst verlor sie ihre Eltern und dann ihren Ehemann. Doch diese Verluste machten sie nur stärker. "Ich danke dir Tyllina."

"Gemeinsam werden wir uns das zurückholen, was uns genommen wurde!" Alle stimmten mir zu und langsam freute ich mich schon darauf meine Tante kennenzulernen.

Wie sie wohl reagieren wird, wenn sie von mir erfährt?

"Um eine wichtige Sache möchte ich euch noch bitten. Verliert kein Wort über Jon. Dadurch wird sie sich sicher bedroht fühlen. In ihrer Gegenwart dürft ihr mich auch bitte nicht Rhea nennen, in Ordnung?"

"Natürlich." Sagte Aron.

"Was würde ich bloß ohne euch tun?"

Rains Of WinterfellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt