•29•《Lea》

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Ganz zum schluss stand in der Reihe ein etwas kleineres Mädchen. Sie wirkte etwas Schüchtern, aber ich spürte,dass sie irgendwie besonders war...

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Sicht von Blake

Sie war klein und zierlich. Ich schätzte, dass sie die Jüngste aus der Gruppe war. Sie hatte grüne Augen und brustlange, dunkelblonde Haare. Als sie mir näher kam, konnte ich unauffällige Muskeln an ihren Armen und Beinen sehen. Trotz dieser Muskeln sah sie so zierlich aus, als könnte sie gleich zerbrechen. "Hallo! Ich bin Blake", begrüßte ich sie freundlich. "Hallo Alpha! Ich bin Lea", sagte sie. "Bitte nenn' mich nicht Alpha, dann fühle ich mich immer gleich so erwachsen und viel älter", erklärte ich. "Ich bin 13 Jahre alt", sagte Lea. "Und ich 15, also nicht so viel älter. Warum bist du eigentlich so dünn? Du siehst aus, als hättest du die letzten Monate zu wenig gegessen", sagte ich, als mir wieder auffiel, dass sie noch schlanker war als ich. Ich wurde schon so oft gefragt, ob ich magersüchtig war. Dann haben die dich noch nie essengesehen. Da hast du Recht.

"Wir hatten eine Essensordnung und da ich die jüngste bin, habe ich nur selten mehr als die Reste bekommen. Ich habe es auch nie geschafft, mir etwas eigenes zu fangen. Nicht mal ein Kaninchen konnte ich fangen", erklärte sie mir. "Dann werde ich mit dir üben zu Jagen und wenn du willst auch zu Kämpfen!" Als ich das Wort 'Kämpfen' aussprach, fing sie an zu lächeln. Als würde sie sich an schöne, alte Zeiten erinnern. "Was ist los?", fragte ich. "Du hast mich gerade an die Zeit in meinem Rudel erinnert. Ich war die beste Kämpferin. Ich hatte Respekt sogar vom Alpha", erzählte sie mit einem Grinsen im Gesicht.

"Und jetzt?", fragte ich weiter. "Jetzt bin ich zu schwach zum Kämpfen. Und ich habe so lange nicht mehr gekämpft, bestimmt zwei Jahre nicht", sagte sie nun wieder traurig. Dann hatte sie ja schon mit elf Respekt vom Alpha! Sie muss echt gut sein! "Wenn du möchtest, helfe ich dir, wieder so gut zu werden", sagte ich. Sie rief ein langgezogenes "Jaaaa!" und umarmte mich fest. Ich musste ihr einfach helfen, da sie mich so sehr an mich erinnerte: Sie war gut, was aber keinen interessierte. Sie war stark und wahrscheinlich bei allen anderen um sie herum unbeliebt – Warum auch immer. Ich musste ihr einfach helfen.

Als Hannah endlich mit allen aus ihrem Rudel gesprochen hatte, verwandelten sich alle. Alle heulten und Fauchten noch einmal gemeinsam, dann liefen wir los, Hannah und ich an der Spitze, hinter uns Emmily und Jane. Wölfe und Panther liefen gemischt hinter uns her. Wir liefen lange durch den Wald. An den Klippen machten wir eine kurze Pause. Von dort liefen wir wieder zurück in einem riesigen Bogen um das Internat. Auf dem Weg beschlossen wir, dass wir die tropfenförmige Lichtung als Rudel Treffpunkt für beide Rudel nutzen würden, falls es etwas gibt, was wir zusammen besprechen mussten. Beim Sonnenaufgang saßen wir alle am See und unter oder auf der großen, alten Eiche. Ich war mit Jane, Hannah und Emmily in die Krone geklettert. Von dort aus betrachteten wir den Sonnenaufgang. Er war wirklich wunderschön.

Als alle anderen schon gegangen waren, auch Jane, Hannah und Emmily, ging ich zu Lea. "Hast du jetzt Zeit?", fragte ich sie, als ich fasst unten bei ihr am Baumstamm war. "Ja. Warum?", fragte sie perplex. "Hättest du Lust, etwas zu jagen?", fragte ich aufmunternd. "Ich kann das aber nicht...", sagte sie niedergeschlagen. "Deshalb üben wir das ja!", ermutigte ich sie. Sie stand auf und nickte entschlossen. "Womit wollen wir anfangen? Kaninchen?", fragte ich. "Kaninchen hört sich gut an!", sagte sie und verwandelte sich in einen grauen Wolf mit wirbeln im Fell. Seit wann gibt es solche Wölfe? Keine Ahnung!

Auch ich verwandelte mich. Wir liefen langsam durch den Wald bis ich ein Kaninchen witterte. "Da vorne ist ein Kaninchen! Du wirst es fangen. Ich schleiche mich da vorne hin und zeige mich dem Kaninchen, damit es abgelenkt ist. In der Zeit kannst du dich anschleichen", erklärte ich ihr die Situation. Lea nickte und ich schlich in einem Bogen um das Kaninchen.

Als ich ungefähr zehn Meter vor ihm stand, starrte es mich an und spannte seine Muskeln an. Ich nickte Lea zu, die sich von der Seite an das Kaninchen anschlich. Plötzlich knackte es aus ihrer Richtung, weil sie auf einen trockenen Ast getreten war. Das Tier sah sie und sprintete weg. Lea sah traurig zu Boden.

"Nicht schlimm", sagte ich. "Wirklich?", fragte sie vorsichtig und sah ein Stück auf. "Ja, wirklich. Wir suchen einfach ein anderes", meinte ich nickend. Auch sie nickte leicht und wir liefen weiter. Auf dem Weg gab ich ihr ein paar Tipps zum leisen anschleichen.

Bald fanden wir auch ein weiteres Tier. Ich zeigte mich ihm wieder, während Lea sich anschlich . Dieses mal war sie leiser und das Kaninchen bemerkte sie nicht. Sie sprang und landete auf dem Tier. Erst freute sie sich über ihren Erfolg, aber sah dann hilfesuchend von dem zappelnden Kaninchen unter ihren Pfoten zu mir. Will sie es nicht töten? "Beiß ihm ich den Nacken", sagte ich und sie tat es auch sofort. Es knackte und das Tier hörte auf zu zappeln. Ich nickte ihr anerkennend zu. Lea sah das Kaninchen hungrig an, ging aber ein paar Schritte zurück. "Was ist?", fragte ich. "Ich darf erst als letztes essen", murmelte sie. "Nein, es gibt keine Essensordnung! Iss so viel du willst und wenn es nicht reicht, können wir für dich auch noch ein Reh jagen!", rief ich. Sie sah mich mit großen Augen an und stammelte: "W... wirklich?" Ich nickte und schob das Kaninchen zu ihr. Sie sah mich dankend an und begann das Kaninchen zu fressen.

Nach wenigen Minuten waren nur noch Knochen übrig. Nachdem wir die Knochen vergraben hatten, fragte ich: "Hast du noch Hunger?" "Etwas", sagte sie leise. "Also noch ein Kaninchen?", fragte ich. Sie nickte. "Willst du es dieses Mal ganz alleine versuchen?", fragte ich weiter. "Wenn du es mir wieder erklärst", antwortete sie. "Okay, dann suchen wir das nächste Kaninchen", sagte ich und lief weiter.

Wir fanden schnell ein zweites Kaninchen. "Jetzt machst du es einfach genauso wie eben. Du musst nur noch etwas leiser und unauffälliger sein, weil es nicht abgelenkt ist. Du musst noch langsamer sein und immer hinter etwas versteckt bleiben damit es dich nicht sieht. Kaninchen achten sehr auf ihr Umfeld", erklärte ich flüsternd, damit uns das Tier nicht hören konnte. Lea nickte und schlich durch die Büsche hinter das Kaninchen. Sie war recht leise und man hörte kaum etwas von ihr. Das Kaninchen merkte nichts und mümmelte nichtsahnend weiter am Gras. Lea sprang aus dem Busch und landete mit ihrer Pfote auf dem Genick des Kaninchens. Es brach sofort mit einem lauten Knacken.

Ich ging zu Lea auf die Lichtung. Zögernd begann sie, das Kaninchen zu fressen, nachdem die mir noch einige prüfende Blicke zugeworfen hatte. Auch dieses Kaninchen war schnell weg. Die Knochen verbuddelten wir wieder. "Ich war schon lange nicht mehr so satt", sagte Lea glücklich.

"Ich muss jetzt leider los! Ich hab noch Schule", sagte ich. "Okay, tschüss!", sagte sie und ging. Ich lief zum Internat. Jane war schon nicht mehr auf unserem Zimmer und in zehn Minuten würde der Unterricht beginnen.


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Jetzt wisst ihr wer Lea ist, aber sie hat noch ein Geheimnis!

1228 Wörter

ElementwölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt