Die Tür zur Realität

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Die Lichter unter ihm wurden immer kleiner. Paddys Augen kämpften mit der Müdigkeit. Doch sein Kopf lief auf Hochtouren. Die letzten Stunden vor seinem Abflug nach Italien zerrten an ihm. Er schaute hinaus in die Dunkelheit, das Surren der Maschine dröhnte in seinem Kopf. Ein Blick auf sein Smartphone, das im Flugmodus war. Er las sich seine Worte durch. Die letzten Nachrichten, die Paddy an Anna noch auf dem Weg zum Flughafen schrieb, konnten nicht zugestellt werden. Nur ein Häkchen hinter seinen so wichtigen Worten.

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Gefüllt mit der unendlichen Liebe zu Anna und dem Herzen voller Erinnerungen an die vergangenen Tage mit ihr, öffnete auch Paddy die Türe zur Realität.

Seine Frau erwartete ihn bereits, nach dem Paddy ihr am Morgen eine Nachricht zukommen lassen hatte. Wortlos warf er seine Tasche in die Ecke und setzte sich erschöpft in den Sessel. Sie hasst es, wenn Paddy seine Sachen in das erstbeste Eck warf und schaute ihn entnervt an. Paddy legte seinen Kopf in den Nacken. Er schloss die Augen und dachte an die letzten Tage. Ein leichtes Lächeln glitt über seine Lippen, bevor er sich wieder besann und sein Blick auf seine Frau fiel, die ihre Hände in den Hüften gestützt hatte und Paddy missmutig ansah.

Paddy sah sie nur kurz an und blickte dann auf den Sessel ihm gegenüber. Dieses Gespräch war schon lange fällig gewesen. Beiden war bewusst, dass diese Ehe nur noch auf dem Papier bestand. Doch keiner von Beiden wagte den ersten Schritt.

Paddy war die Diskussionen um seine Veränderungen Leid. Es krachte oft zwischen ihnen und dann auch mit allem was dazugehört. Knallenden Türen, tagelangem Schweigen, Nächten auf dem Sofa oder in Hotels. Manchmal wartete er darauf, dass sie den ersten Schritt wagte und ihn vor vollendeten Tatsachen stellte. Doch sie tat es nicht. Seine Frau drohte zwar immer wieder damit, ihn zu verlassen und Paddy wartete nur heimlich und sehnsüchtig auf den besagten Tag. Doch sie war immer noch da. Die Liebe konnte seine Frau nicht daran hindern zu bleiben. Denn von ihrer Liebe war nicht mehr viel übrig geblieben. Und Paddy spürte ihre Zuneigung und ihre Liebe schon lange nicht mehr. Vielleicht war es die Macht der Gewohnheit, die sie bleiben ließ. Oder die Hoffnung, dass er sich wieder ändern würde.

Sie ertrug Paddys Veränderungen der letzten Jahre nicht. Der junge und beseelte Mann der aus dem Kloster kam, war er lange nicht mehr. Damals sah sie in ihm etwas reines, unschuldiges und einen Mann der sie brauchte. Einen Mann, der das christliche Leben für sich wählte und sich im kleinen Rahmen um Hilfsprojekte und seiner handgemachten Kunst beschäftigte. In ihren Armen fand er nach den ruhigen Jahren im Kloster Halt um in der Realität zu überleben. Dass Paddy sich nach dem Kloster noch einmal auf den Weg begab sich zu finden und sich damit aller Fesseln befreite, davon war zu dem Zeitpunkt ihrer Heirat keine Spur zu sehen. Paddy schien damals noch so zurückversetzt, seine Uhr tickte in einem anderen Rhythmus. Oder er lebte vielleicht auch in einer anderen Welt. Der Prozess seiner Veränderungen kam schleichend. Schrittweise arbeitete er sich mutig zurück in das Leben, das er so liebte. Das Leben als Musiker. Mit der Musik veränderte sich Paddy und überdachte immer wieder seine Haltung gegenüber Projekten und Angeboten, die ihn noch vor einiger Zeit in die Flucht trieben ließen. Auch äußerlich mauserte er sich und durchlebte eine Zeit in der er viel experimentierte. Nach dem Kloster sonderbar gekleidet in Strick und Leinen, stand er nun selbstbewusst in Leder und Jeans vor ihr. Innerlich so wie äußerlich konnte er nun von sich behaupten,  sich gefunden zu haben, aber immer auf der Reise zu neuen Ufern zu sein. Seine Frau blieb aber die Gleiche. Sie konnte Paddy nicht verstehen und wollte nicht wahrhaben, dass das, was er versucht hatte im Kloster zu vergessen und hinter sich zu lassen, tief in ihm schlummerte und wieder ausbrechen wollte.

So tief und weit wie das MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt