Spiegelbild

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Dicke salzige Tränen rannen über ihre Wangen. Anna überdachte kurz, aber sehr impulsiv ihre Erwartungen. Auch wenn es ihr klar gewesen war, dass sich die Dinge verändert hatten, war doch ein kleiner Funke Hoffnung übrig geblieben, etwas von der Vergangenheit habe überlebt. Diesen Eindruck hatte sie in den vergangenen Wochen auch gewonnen. Die Nachrichten, die sie sich geschrieben hatten, ließen ihr Herz jedes mal ein bisschen schneller schlagen. Dass sich das Blatt aber nun so schnell wenden würde, hätte sie nicht erwartet.

Ihre Geschichte war eine von Tausenden, die über ihn und seine Familie geschrieben wurde

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Ihre Geschichte war eine von Tausenden, die über ihn und seine Familie geschrieben wurde. Nie hatte sie einen Gedanken daran verschwendet, dass er auf all ihre Gedanken und ihre gemeinsamen Memoiren stoßen würde, geschweige denn lesen würde. Den Rest gab ihr dann noch die Gewissheit, dass ihr alter treuer Freund Leo sie nicht über den Kontakt zu Paddy informiert hatte und über ihren Kopf hinweg für sie entschied, Paddy wiederzusehen. Anna kam sich fehl am Platz vor. Sie wollte dieses Treffen, sie wollte ihn wieder sehen und mit ihm über all das sprechen, was ihr jahrelang auf der Seele brannte. Aber nicht so. Sie wollte nicht die arme kleine, von Liebeskummer geplagte Anna sein, die ihre Jugendliebe nicht vergessen konnte und sich von Paddy trösten lassen, der sich ja anscheinend von Schuldgefühlen verfolgt ihrer annehmen wollte, um seine Sünden rein zu waschen. Das Gedankenkarussell wollte nicht aufhören sich wie verrückt zu drehen.

Paddy, der auf der anderen Seite der Türe, mittlerweile auf dem Boden kauerte und sich selbst über seine etwas unbeholfene Art ärgerte, verfiel in eine schlimme Hilflosigkeit. Genau so hatte er sich das Wiedersehen mit Anna nicht ausgemalt. Er wollte sie nicht noch mehr verärgern und verunsichern und legte sich in Gedanken die Worte zurecht.

,,Babe...Shit, sorry...Anna?"
Sie erstmal nicht mehr Babe nennen zu dürfen fiel ihm sichtlich schwer. Anna antwortete nicht, doch Paddy sprach ruhig weiter.
,,Ich habe...also ich wollte nicht dass...Oh man ich...es tut mir leid, wirklich. Das alles hat nichts mit Mitleid zu tun..."
Er gestikulierte vor sich hin und fuhr sich nervös durch die Haare.
,,Aber es tut mir trotzdem leid, dass alles so kam und ich so ...ich war damals so neben mir.  Ich wusste nicht mehr wer ich war und wohin ich sollte. Ich war mit mir selbst total überfordert. Ich wollte dich nicht mit mir belasten...Deine letzten Worte die du geschrieben hast ... ich musste dich finden. Und glaub mir, Leo hat es mir nicht einfach gemacht. Ich habe ihn darum gebeten dir nichts zu sagen."

Mehr als ein dumpfes Schweigen war aus dem Schlafzimmer nicht zu entnehmen. Paddy sah es als Zeichen, weiter zu ihr zu sprechen.
"Das was du da geschrieben hast, dass hat mich ... du hast mich in einen Spiegel schauen lassen. Wer ich war, wer wir waren und das was wir beide hatten. Wenn ich an diese Jahre denke, dann kommt es mir vor wie ein verzerrter Traum ... am Ende war es ein Albtraum ... Du hättest schon viel früher gehen können, als alles so schlimm wurde -  aber du warst immer da für mich.  Und ich ... ich versteckte mich vor der Wahrheit. Ich war so feige, ich hab dich gehen lassen. Wie konnte ich dir das nur antun.  Das konnte ich mir lange nicht verzeihen ....eigentlich verzeihe ich mir es immer noch nicht... Wie du über mich geschrieben hast und über meine Familie ... Ich habe das nie erwartet. Ich dachte du bereust das alles, das mit uns. Du hast so viel durchgemacht, ich wusste so viele Dinge gar nicht und vieles war mir nicht bewusst gewesen ... Babe ... ich habe so oft an dich gedacht und mich gefragt ob du jemals an mich denkst. Ich wollte dich so oft suchen..."

So tief und weit wie das MeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt