Kapitel 23

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Ich blieb eine Woche bei Tony und Pepper. Dabei verbrachte ich viel Zeit mit Morgan und es machte mich wirklich glücklich. Sie war ein Sonnenschein, durch und durch und dabei war sie wirklich ziemlich clever für ihre fünf Jahre.
Nach der Woche musste ich dann aber weiter, immerhin würde die Fahrt zur Basis einige Stunden dauern und ich hatte Natasha versprochen, dass ich bald kommen würde, während ich aber auch nicht ewig in Amerika bleiben konnte. Wakanda war mein Zuhause geworden und somit hatte ich dort auch meine Aufgaben, vor allem Okoye unter du Arme zu greifen, wo ich nur konnte. Seit so viele ihrer Kämpferinnen verschwunden waren, versuchte sie neue Krieger auszubilden und ich half ihr oder erledigte Botengänge um sie als General zu entlasten. Der Alltag hatte sich dem Verschwinden eines so großen Teiles der Bevölkerung nicht untergeordnet und wenn ich ehrlich war, dann tat es mir gut. Okoye ließ nicht zu, dass ich Trübsal blies oder meinen Gedanken nachhing, was mir sehr zu Gute kam, das waren in den letzten fünf Jahren nämlich meine Lieblingsbeschäftigungen geworden.
"Musst du wirklich schon wieder los, Sadie?", Morgan hing mir schon den ganzen Vormittag am Bein.
"Ich weiß und es tut mir so unendlich leid, aber vielleicht bleibe ich jetzt erstmal in Amerika, dann kann ich dich öfter besuchen", erklärte ich und ging in die Hocke. "Jetzt muss ich erstmal Natasha besuchen. Die vermisst mich auch schon ganz sehr." Ich strich ihr über den Kopf. "Und wenn du mich zu sehr vermisst, dann kannst du mich jederzeit anrufen. Das weißt du, oder?"
"Weiß ich", nickte sie. "Trotzdem habe ich dich lieber hier. Kannst du nicht einziehen?"
"Na da wäre dein Dad aber begeistert", grinste ich. "Wir würden uns ganz schön auf die Nerven gehen. Das haben wir schon getestet." Ich zwinkerte ihr zu.
"Sadie! Du solltest deine Tasche ins Auto räumen! Das Alpaka knabbert sie gerade an!", rief Pepper von der Veranda.
"Dieses blöde...", ich sprang auf und korrigierte mich sofort. "Was war das für ein Wort, Morgan?"
"Ein Mommy-Wort", meinte sie.
"Und was heißt das?", fragte ich weiter.
"Nur Mommy darf es sagen", antwortete sie.
"Kluges Kind."
"Und manchmal Daddy", sie grinste.
"Solange du es nicht verwendest...also bevor du nicht mindestens dreizehn und mitten in der Pubertät bist", ich wuschelte ihr durch die Haare.
"Hey, stiftest du sie zu Unfug an, Sad?", fragte Tony.
"Ich bin nur eine coole Tante. Scheuchst du bitte dein Alpaka von meiner Tasche weg?", ich legte unschuldig lächelnd den Kopf schief.
"Wie kommst du darauf, dass es mein Alpaka und nicht Peppers ist, hm?", er zog eine Augenbraue nach oben und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Pepper, ist es dein Alpaka?", ich wandte mich zu der Veranda um.
"Oh ja, ich wollte dieses Alpaka ungefähr genauso sehr wie den zehn Meter großen Hund, den Tony mir mal so geschenkt hatte", sie verdrehte die Augen, lächelte aber ein wenig.
"Na also", ich wandte mich wieder zu Tony.
"Okay, okay. Ich verscheuche das Alpaka", meinte er und lief dann zu meiner Tasche, die neben meinem Mietwagen stand.
"Sind alle Dads so verrückt wie meiner?", Morgan legte den Kopf schief und sah zu wie Tony wild mit den Armen wedelnd versuchte das Alpaka zu vertreiben.
"Glaub mir, du hast den besten Dad der Welt", ich lächelte und unwillkürlich musste ich an meinen eigenen Vater denken. Tony würde nie so werden. Egal was passierte, er würde seine Tochter niemals dazu auffordernd Menschen zu töten, für seinen persönlichen Rachefeldzug und er würde niemals versuchen sich selbst umzubringen während sein Kind danebenstand. Pepper und Morgan würden ihm immer über allem stehen.
"Und du? Hast du auch den besten Dad der Welt?", fragte sie.
"Wie kann ich denn, wenn du ihn schon hast, hm?", ich lächelte sie an obwohl mein Herz sich schwer anfühlte.
"Das stimmt", ich genoss Morgans Kindlichkeit und auch, dass sie im richtigen Moment keine Fragen stellte.
"Sad, ich habe sie!", er hielt die Tasche in die Luft.
"Das ist mein Zeichen, um aufzubrechen", ich nahm Morgan fest in den Arm. "Wir sehen uns bald, Kleines."
"Versprochen?", sie blickte zu mir auf. Ich lächelte und hob meine Hand, den kleinen Finger abgespreizt.
"Versprochen", nickte ich und sie hakte ihren kleinen Finger ein. Ich erhob mich und umarmte Pepper, die von der Veranda kam.
"Pass auf dich auf, Sadie", lächelte sie und drückte mich ein wenig fester. "Und versuch los zu lassen. Quäle dich nicht."
"Ich versuche es", seufzte ich und löste mich dann, dabei zwang ich mich sie anzulächeln.
"Sad, ich will dir auch „Tschüss" sagen", meinte Tony und schon wurde ich in die nächste Umarmung gezogen. "Grüß Nat von mir, ja?"
"Natürlich, Tony", nickte ich. "Hey, ich habe es dir noch gesagt aber..." Ich löste mich und lächelte ihn an. "...du machst das großartig mit Morgan. Du und Pepper." Er wirkte kurz überrascht, dann nickte er.
"Danke, Sadie", er lächelte. Wir lösten die Umarmung und reichte mir meine Tasche. Ich warf sie auf den Beifahrersitz und blickte nochmal zu der kleinen Familie.
"Wir sehen uns bald", ich wank ihnen kurz zu, als ich ins Auto stieg. Die Drei standen zusammen und wanken zurück. Mir ging ein bisschen das Herz auf, wenn ich sie so sah. Ach was sollte ich lügen? Ich schmolz wie Butter. Es fiel mir ziemlich schwer einfach weiter zu fahren.
Ich war gerade losgefahren, als mein Armband vibrierte und mir eine Erinnerung entgegen strahlt. Hatte ich nicht gerade noch über Väter nachgedacht? Während ich den geraden Waldweg entlang rollte, wählte ich also eine Nummer in meinem Armband.
"Sie rufen eine deutsche Hochsicherheitsverwahrungsanstalt an. Bitte warten Sie, bis Ihr Anruf übermittelt wird", meldete sich eine Computerstimme. Von mir aus. Ich gab ein wenig mehr Gas und blickte nochmal wehmütig in den Rückspiegel. Ich vermisste sie jetzt schon, ich sollte viel öfter nach Amerika kommen. "Sie werden jetzt durchgestellt. Ihre Gesprächsdauer beträgt eine halbe Stunde." Es gab ein paar metallische Klickgeräusche.
"Sadie", ich warf der Projektion einen kurzen Blick zu.
"Hey, wie geht es dir?", fragte ich und konzentrierte mich dann wieder auf die Straße.
"Sitzt du im Auto?", fragte er.
"Ja, entschuldige. Der Termin ist auf einen anderen gefallen", entgegnete ich und bog auf eine Landstraße ein, die mich zum Highway bringen würde.
"Der Termin ist...", er schnaubte empört. "Sadie, den letzten Termin hast du ausfallen lassen und auf diesen ist „ein anderer Termin gefallen"? Was ist los mit dir?"
"Entschuldige, dass ich im Moment nicht die Tochter des Jahres bin", schnaubte ich. "Aber mein Leben geht weiter. Ich versuche weiter zu leben. War das nicht, was du wolltest?"
"Bist du mir böse?", fragte er.
"Ich weiß es nicht. Ich weiß eigentlich gar nicht mehr wie ich dir gegenüber fühle, wenn ich ehrlich bin", entgegnete ich und fuhr auf den Highway. "Ich meine, du warst mal alles was ich noch an Familie hatte, aber du hast nur an dich gedacht. Die ganze Zeit. Du warst bereit mich hier allein zu lassen. Welcher Vater tut sowas?"
"Ich wollte immer nur dein Bestes", murmelte er.
"Du wolltest immer nur dein Bestes, das weiß ich jetzt", entgegnete ich und schüttelte den Kopf. "Und weißt du, was mich am meisten ärgert? Dass du noch da bist. Dass die Menschen, die ich liebe auf diesen Gedenktafeln stehen und du noch immer da bist."
"Es tut mir leid...", er senkte den Blick.
"Du warst mal ein guter Vater. Klar, du warst viel unterwegs aber ein guter Vater. Ich kann mich daran kaum noch erinnern. Das ist lange her", ich trat auf das Gas und raste den leeren Highway entlang. Am liebsten hätte ich das Fenster heruntergelassen und mein Radio laut gedreht, aber ich hatte noch immer meinen Vater am Apparat. "Dann bist du zu diesem...fremden Mann geworden, der sich lieber das Hirn weggeblasen hätte, als bei seiner Tochter zu sein und das werde ich nie vergessen. Meine Narbe erinnert mich im Notfall daran." Mein Blick glitt zu meiner ehemals verwundeten Hand.
"Ich habe es dir doch erklärt, Sadie. Es gab hier für mich nichts mehr...", ich unterbrach ihn.
"Es gab mich", entgegnete ich harsch. "Ich habe mein Leben für dich umgeworfen, um bei dir zu sein, weil du alles warst, was ich noch hatte."
"Sadie...", setzte er an, doch wieder ließ ich ihn nicht aussprechen.
"Ich will deine Ausflüchte nicht hören. T'Challa hatte Recht, die Rache hat dich völlig zerfressen", ich starrte weiter auf die Straße und beschleunigte noch mehr. "Alles was für mich übriggeblieben ist, ist eine leere Hülle." Ich atmete tief durch. "Ich habe gehofft, es würde irgendwann ein Stück von dir zurückkommen, von dem Vater, den ich geliebt habe und der mich geliebt hat, aber den gibt es wohl nicht mehr." Ich schüttelte den Kopf. "Ich kann zu viele Dinge nicht loslassen, aber ich muss es tun, zumindest mit den manchen wenigen Dingen, mit denen ich es kann. Es tut mir leid, Papa, aber das war mein letzter Anruf." Er schwieg, dann nickte er langsam.
"Das ist nur gerecht, schätze ich, auch wenn es hart ist", meine Hände umfassten das Lenkrad noch ein wenig fester. Leicht fiel mir das gerade ganz und gar nicht aber all diese verschwendete Hoffnung zerrte an mir. Er war zwar noch immer da aber auch nicht wirklich, er fühlte sich viel weiter weg, viel endgültiger verschwunden an. Manche Menschen konnte man nicht retten und wenn man auch die ganze Welt auf den Kopf stellte. Er öffnete nochmal den Mund, doch dann gefror das Bild, eh es zuckte und verschwand.
"Sie haben Ihre maximale Gesprächszeit erreicht. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag", ergriff die Computerstimme das Wort und ich seufzte leise. Wieder ertönte ein metallisches Klicken, dann herrschte Stille im Auto. Ich presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, bevor ich das Autoradio anschaltete und die Straße entlang raste.

Spy // "Avengers"-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt