Kapitel 24

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Es war Mittag, als ich die Basis erreichte. Wenn Thanos' „Snap" etwas erreicht hatte, dann, dass es sich auf dem Highway weniger staute.
Das Gelände wirkte zwar in Stand gehalten, wofür all die technischen Spielereien, die Tony hatte einbauen lassen, sorgten aber irgendwie auch trostlos und verlassen. Auch als ich das große, graue Gebäude betrat war es so seltsam ruhig. Es war fast gruselig. Ich war lange nicht mehr hier gewesen, wenn ich in Amerika war, dann hatten Nat und ich uns zumeist in der nächsten Stadt getroffen. Diesen Ort hatte ich die ersten Jahre einfach nicht betreten können, allein bei dem Gedanken hatte ich mich gesträubt. Zu viele erste und letzte Male. Nur brachte es ja nichts einen Ort zu verteufeln, das brachte mir auch nichts zurück.
"Nat?", rief ich in die Gänge hinein. Eine einzelne Person in diesem riesigen Gebäude zu finden, war fast als würde man versuchen die Nadel im Heuhaufen zu finden. Kurz darauf hörte ich Schritte und Natasha kam aus dem Wohnzimmer. Sie hatte ihre Haare wachsen lassen und wieder ihre Naturhaarfarbe angenommen. Von dem weißblond war man nur noch an den Spitzen etwas übrig.
"Sadie", sie kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. "Schön dich zu sehen."
"Geht mir genauso", lächelte ich und erwiderte die Umarmung, dann löste ich mich.
"Warum stellst du nicht erstmal deine Tasche ab?", fragte sie und ich nickte lächelnd. Der Gang zu meinem alten Zimmer war jedoch von ziemlicher Zerrissenheit geprägt. Mein Zimmer war noch immer recht kahl, viel dekoriert war es nie gewesen, dafür hing die Luft mit Erinnerungen voll. Seufzend warf ich meine Tasche auf das Bett und sah mich um.
"Ein merkwürdiges Gefühl, nicht?", ich wandte mich um und erkannt, dass Natasha in der Tür lehnte.
"Klingt es albern, dass ich mich gerne in die Decke einrollen würde, in der Hoffnung, dass noch etwas da ist?", murmelte ich und blickte zu ihr.
"Nein, ich glaube nicht", meinte sie. "Aber ich kann das wirklich nicht bewerten. Steve meint, ich kann die Dinge nicht annehmen."
"Und er kann es?", fragte ich und ließ mich auf der Bettkante nieder. Sie seufzte und trat ein, dann setzte sie sich neben mich.
"Besser als ich scheinbar", er zuckte mit den Schultern. "Aber ich will nicht aufgeben."
"Können wir bitte nicht darüber reden? Ich versuche das alles irgendwie zu verdrängen", murmelte ich und ließ mich in die Bettdecken sinken. Noch nie hatte ich den Geruch von Weichspüler so gehasst.
"Tatsächlich? Tust du das?", ich hörte einen Reißverschluss, dann landete etwas neben mir auf dem Bett. Meine Hand tastete danach und ich spürte einen Holzrahmen. Ich atmete leise aus, als ich erkannte, was es war.
"Das ist ja nur...nur als Erinnerung", murmelte ich.
"Du schleppst das Bild über zwei Kontinente nur als Erinnerung?", meinte sie und blickte mich an. "Du kannst nicht loslassen."
"Nat, was soll ich tun?", entgegnete ich fuhr mir mit den Händen über das Gesicht. "Ich würde etwas tun, wenn es etwas gäbe, aber da ist nichts. Thanos hat die Steine zerstört, es gibt keinen Weg zurück." Ich richtete mich auf und stützte mich auf die Unterarme. "Ich bekomme ihn nicht wieder."
"Vielleicht gibt es einen Weg. Wir müssen irgendwas tun können", meinte sie und sah zu mir.
"Natasha, ich weiß wie du dich fühlst. Wir haben alle viel verloren", ich setzte mich auf und blickte sie an. "Und es ist ein beschissenes Gefühl, zu wissen, dass da nichts ist, was man tun kann, aber so ist es nun mal. Verstehst du es nicht? Das ist so viel größer als wir, so viel mächtiger und ich bin nur ein Mensch."
"Das will ich nicht hören", meinte sie und stand auf.
"Warum? Weil es die Wahrheit ist?", ich musterte sie. "Tony und Pepper machen sich Sorgen um dich und ich verstehe auch wieso. Du igelst dich hier ein, versuchst noch immer irgendwie eine Welt zu retten, die deine Rettung gar nicht braucht."
"Das hier ist alles was ich habe!", entgegnete sie nun aufgebracht. "Das ist mein Zuhause, die Avengers sind meine Familie!" Sie stand an der Tür und musterte mich. "Aber jemand der bereit war all das zu verraten, der kann das nicht verstehen." Sie zog die Tür mit Schwung zu, sodass der Knall für eine Sekunde meine Ohren vibrieren ließ. Ich ließ mich wieder auf das Bett fallen und seufzte laut. Meine Hände griffen das Bild und strichen über das Holz des Rahmens. Ich hatte mich nicht mit Natasha streiten wollen. Sie hatte mir geholfen das erste Jahr durch zu stehen. Ich beschloss ihr einen Moment Zeit zu geben und erstmal zu duschen und mich, um zu ziehen. Ich suchte mir also frische Klamotten heraus und stieg unter die Dusche. Für eine Weile genoss ich das warme Wasser und ließ zu, dass es meine Gefühle von mir abspülte und mich in einen wunderschönen Dämmerzustand versetzte. Ich hatte, nach dem Kampf in Wakanda, ständig geduscht, um diesen Dämmerzustand zu erleben oder aber, weil ich mitten in der Nacht wach geworden, aus Träumen geschreckt war und immer wieder glaubte Aliensekret oder die kleinen grauen Partikel an mir kleben zu spüren. In solchen Nächten stolperte ich hastig, sofern das im Halbschlaf möglich war, und noch in Kleidung, in die Dusche und drehte den Hahn auf. Das passierte einige Nächte, meine Träume waren ja zuvor schon schlimm gewesen aber nach dem Kampf in Wakanda hätte ich für eine Weile am liebsten das Schlafen eingestellt. Eine wirkliche Alternative war das allerdings auch nicht gewesen. Nach einer Weile, es fühlte sich wie Stunden an, verließ ich die Dusche und schrubbte mich trocken, dann zog ich meine Unterwäsche, eine Leggings und einen langen Strickpullover an. Meine nassen Haare band ich nach oben, meine alten Klamotten klemmte ich unter einen Arm und mit der anderen griff ich das Holster mit meinem Speer. Den Speer legte ich auf den Tisch neben dem Bett, daneben stellte ich das Bild, dann verließ ich das Zimmer. Für eine Weile wanderte durch die leeren Gänge, bevor ich Natasha im Wohnzimmer aufsuchte. Sie saß auf dem Sofa und blickte von dem Buch auf, dass sie gerade las.
"Hey...", ich setzte mich auf die Armstütze und musterte sie.
"Hey", gab sie zurück und lächelte leicht. "Ich wollte nicht gemein sein, Sad. Menschen ihre Fehler vorzuhalten ist nicht meine Art. Wer im Glashaus...und so weiter."
"Schon gut. Ich war auch nicht besonders nett und das tut mir leid", entgegnete ich. "Ich bin nur einfach keine Kämpferin, weißt du?" Ich zupfte am Saum meines Ärmels. "Eigentlich bewundere ich dich dafür sogar. Du willst noch immer diese Welt retten und ich will mich einfach nur vor der Welt verkriechen."
"Manchmal geht es mir genauso, aber ich kann nicht anders. Ich klammere mich an die Vergangenheit, als wir noch die Welt retten konnten", seufzte sie. "Heute interessiert sich kaum noch jemand wirklich für die Avengers und unsere Truppe ist verteilt. Bruce ist irgendwo in New York, Thor ist in Norwegen bei seinem Volk, Clint ist wer weiß wo, Tony in seiner Hütte und die anderen räumen die Erde und das Universum auf. Nur Steve ist noch hier, aber der ist ja meistens mit seiner Selbsthilfegruppe beschäftigt." Sie seufzte und lehnte sich zurück.
"Nun ja, in den letzten fünf Jahren ist es erschreckend ruhig auf der Erde geworden. Es ist beinahe als interessieren wir da draußen kein Schwein mehr", meinte ich und setzte mich neben sie.
"Ich wäre früher sicher dankbar für den Frieden gewesen, aber jetzt habe ich das Gefühl, er hat uns viel zu viel gekostet", meinte sie. Für einen Moment schwieg ich und dachte nach.
"Vielleicht haben alle anderen ja Recht, Nat", meinte ich dann. "Vielleicht sollten wir versuchen los zu lassen. Ich meine, schau uns mal an." Sie musterte mich mit hochgezogener Augenbraue. "Wir hängen seit fünf Jahren herum, dabei sind wir am Leben. Wir sollten dieses Leben leben, raus gehen, reisen, Spaß haben." Ich glaubte mir selbst nicht. Ich fühlte mich als spulte ich lediglich all die Tipps ab, die mir seit dem Kampf in Wakanda gegeben wurden, von Okoye, Rhodey, Pepper. Manchmal fragte ich mich, ob sie einen Sprung in der Schallplatte hatten, so oft wie sie sich wiederholten.
"Du solltest dich mit Steve, für seine Selbsthilfegruppe zusammentun. Der quatscht da genau das gleiche Zeug", entgegnete sie und schmunzelte, ein klares Zeichen, dass sie mir kein Wort abnahm.
"Vielleicht hätte ich mich seiner Truppe echt mal anschließen sollen. Das klingt doch sehr effektiv", meinte ich.
"Ja, wenn man sich das nur genug einredet, dann glaubt man es vielleicht irgendwann", schmunzelte ich und zog eine Decke über meine Beine. "Ich war noch nie gut darin mir etwas einzureden. Ich bin viel zu verkopft."
"Wirklich?", fragte sie. "Ich hätte dich eher für gehalten, der auf sein Herz mehr als auf seinen Verstand hört. Ich meine, die Sache mit deinem Vater war doch nicht von deinem Verstand gelenkt." Ich biss mir auf die Unterlippe.
"Zugegeben, das war von meinem Gefühl geleitet, aber ich hatte die ganze Zeit Schuldgefühle, also habe ich darüber nachgedacht. Verkopft", erklärte ich und Natasha musste ein wenig lachen. "Also? Alles wieder gut?"
"Ich denke schon. Was lohnt es sich auch zu streiten", sie griff meine Hand und drückte sie kurz.

Spy // "Avengers"-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt