Kapitel 14

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Ich schloss die Tür hinter mir und wandte mich zu Shuri um.
"Du bist ein Biest, ein kleines, gemeines...argh", ich warf die Arme in die Luft. "Hast du das geplant?"
"Ein bisschen vielleicht", sie grinste noch immer zufrieden.
"Shuri!", meinte ich empört.
"Es merkt doch jeder, dass ihr euch mögt", ich schnappte nach Luft.
"Natürlich mögen wir uns, wir sind Freunde", entgegnete ich sofort.
"Das meine ich doch nicht mit mögen. Ich meine...komm schon", sie stieß mir ihren Ellenbogen in die Rippen und ich zischte auf, da sie zielsicher eine schmerzende Stelle erwischt hatte. "Sorry."
"Shuri, ich bin nicht in der Highschool und das hier ist deutlich komplizierter", seufzte ich, während ich mir die schmerzende Rippe rieb und fuhr mir dann mit den Fingern durch die Haare.
"In wie fern denn?", fragte sie. "Du starrst ihn heimlich an, er starrt dich heimlich an..."
"Er starrt mich an?", ich räusperte mich schnell. "Ich meine, das ist vollkommen egal. Nachdem was ich getan habe arbeiten wir uns langsam vor und ich bin schon froh, wenn wir ein Gespräch Zustande bringen, ohne dass wir nervös werden und einander kaum noch anschauen können."
"Natürlich starrte er dich an", entgegnete sie. "Wie kann dir das noch nicht auffallen?"
"Na so offensichtlich ist das nicht", entgegnete ich. "Und ignoriere nicht den wichtigen Teil meiner Ansprache."
"Tue ich nicht, ich ignoriere den Unwichtigen", erklärte sie. Ehrlich, wenn ich Shuri nicht so mögen würde... "Als du getanzt hast, da hat er dich nicht aus den Augen gelassen. Was denkst du, warum ich ihn dazu gebracht habe, ebenfalls mit zu machen?"
"Shuri, dass ist kein kleines Experiment oder eine Studie oder so. Das hier ist kein Spaß", erklärte ich ihr. "Ich will, dass Sam und ich auskommen. Nur Freunde, mehr verlange ich ja gar nicht."
"Aber du wünschst dir mehr", stellte sie zufrieden fest. Ich seufzte und ließ mich auf mein Bett fallen.
"Nein...ja...was weiß denn ich? Ich will nicht über mehr nachdenken", entgegnete ich und fuhr mir mit den Händen über das Gesicht.
"Solltest du aber", sie ließ sich auf die Seite fallen und stütze ihren Kopf in ihre Hand.
"Ich bin kein Optimist. Im Moment jedenfalls", murmelte ich und seufzte.
"Dann kümmere ich mich eben darum", sie grinste breit.
"Nein! Bloß nicht!", entsetzt sah ich zu ihr.
"Vertrau mir", grinste sie und sprang auf.
"Shuri!", ich war ihr sofort auf den Fersen.
"Vertrau mir!", rief sie wieder.
"Nein, halt dich da raus!", kaum war sie im Wohnzimmer angekommen legte sie einen Sprint, der selbst mich staunen ließ. "Shuri!"
"Wir sehen uns!", grinste sie und als ich am Fahrstuhl an kam, waren die Türen bereits geschlossen. Na toll. Warum musste ich mich auch mit einem Teenager anfreunden? Egal was sie anstellte, am Ende würde ich Sam nicht mehr in die Augen schauen können.
"Was ist das denn hier für ein Geschrei?", als ich herum fuhr trat Barnes in das Wohnzimmer.
"Hm? Ach nicht. Ich habe nur Shuri verabschiedet und jetzt...uhm...gehe ich noch ein bisschen trainieren", entgegnete ich schnell.
"In dem Aufzug?", er musterte das Outfit, dass noch immer auf die Stadtführung ausgelegt war.
"Was? Nein", ich wank ab. "Uhm...war Steve vorhin hier? Sam hat einen Anruf von ihm bekommen."
"Ich muss ihn verpasst haben", entgegnete er und verschränkte die Arme vor der Brust, sichtlich defensiv. Er wollte nicht über das Thema reden, jedenfalls nicht mit mir.
"Hast du ihn seit deinem letzten Tiefkühlschlaf überhaupt mal gesehen?", fragte ich und runzelte die Stirn. Er ließ die Schultern ein Stück sinken.
"Nein aber ich weiß auch nicht, ob ich dafür bereit bin. Ich habe ihm zuletzt ziemlich viel Ärger gebracht", er warf einen Blick zu mir.
"Ich hab mich jetzt doch wohl schon oft genug entschuldigt", murrte ich.
"Nun ja, das Buch wäre früher oder später wieder aufgetaucht", entgegnete er. "Und andere hätten es wohl für Schlimmeres verwendet. Anschläge, Attentate, die Aktivierung der anderen Soldaten."
"Hör bloß auf", meinte ich. "Von ihrer Hinrichtung habe ich noch immer Albträume." Ich ließ es wie einen Scherz klingen um die Wahrheit dahinter zu verbergen. Ich schlief seit Sibirien ziemlich unruhig. Meistens wachte ich nach verschiedenen Albträumen auf und lag einige Stunden wach, eh ich wieder in einen viel zu leichten und wenig erholsamen Schlaf fiel. Er musterte mich skeptisch. "Wie auch immer, ich gehe dann mal trainieren." Schnell lief ich an ihm vorbei und ging in mein Zimmer. Leise atmete ich auf, als sich die Tür hinter mir schloss. Noch so eine peinliche Begegnung brauchte ich heute wirklich nicht. In Sportkleidung, mit einem Handtuch, einer Wasserflasche und meinen MP3-Player. Im Trainingsbereich angekommen beschloss ich, ein wenig auf das Laufband zu gehen. Eigentlich wäre ich lieber draußen Joggen gegangen aber bei meinem Glück würde ich mir entweder einen Hitzeschlag holen oder ich würde mich völlig verlaufen, nur um dann einen der Wakandaner zu erwischen, der kein Englisch sprach und mit der Amtssprache von Sokovia würde ich ohnehin nicht weit kommen. Ich stellte das Gerät ein und setzte die Kopfhörer auf. Nach einer ausführlichen Studie meiner Playlists begann ich zu laufen. Normalerweise kam ich dabei in den Genuss meine Gedanken abschalten zu können, heute schien mir allerdings nichts vergönnt zu sein. Viel mehr kreisten meine Gedanken noch einiges mehr als sonst. Die meisten sorgten sich, was Shuri wohl aushecken würde. Gab es in Wakanda denn keine anderen Beschäftigungen?
Aber meine Gedanken strichen, wie immer wieder in den letzten Wochen, zu meinem Vater. Man hatte mir eingeräumt, dass ich alle zwei Monate mit ihm sprechen durfte und ihm schien es, trotz der Zelle um ihn herum gut zu gehen. Trotzdem fühlte ich mich ein wenig verloren, immerhin war ich in einem fremden Land, lebte ein Leben, dass ich mir so nie gewünscht hatte und ich vermisste das Gefühl einer Familie. Die Nähe, die Geborgenheit, die Wärme. Um ehrlich zu sein: ich vermisste dass nun schon seit ich vom Tod meiner Stiefmutter, meines Bruders und meines Großvaters erfahren hatte und seit mein Vater sich so verändert hatte. Selten hatte ich mir die alten Zeiten so zurück gewünscht wie im Moment.

Die nächsten Tage waren ruhig...na ja, so ruhig es eben war, wenn man am Tag ein paar Mal von einem Supersoldaten auf eine Matte geschleudert wurde. Ich hatte inzwischen wirklich überall blaue Flecken und noch ein paar mehr Prellungen als die Rippen. Immerhin hatte ich eine Aufgabe. Allein das bisschen Struktur in meinem Leben gab mir Halt. Ich wich gerade wieder einem Schlag aus als mein Armband vibrierte.
"Schluss für heute", meinte ich und betätigte den „Annahme"-Knopf. Sofort erschien ein Hologramm von Shuri. "Wie kann ich dir helfen, Prinzessin?" Ich wischte mir mit meinem Handtuch den Schweiß von der Stirn.
"Ich schick dir Koordinaten", erklärte sie knapp. "Komm so schnell wie möglich da hin."
"Wa...?", schon wurde der Anruf beendet. Ich gab einen frustrierten Laut von mir, eh ich die Koordinaten in das Armband eingab und los lief. Das war ja wieder typisch. Diese Prinzessinnen waren aber auch alle gleich, wenn sie riefen, dann musste man springen. Ich ging jedenfalls mal davon aus, dass alle Prinzessinnen gleich waren...oder eben alle Teenager. Ich folgte den Straßen, bis ich die Stadt fast verlassen hatte. Es wurde langsam dunkel und mir war nicht ganz wohl, da ich ziemlich bald die Straßenbeleuchtung hinter mir lassen würde und, Wakanda oder nicht, im Dunklen fühlte ich mich nicht besonders wohl. Die Koordinations-App meines Armbandes führte mich zum Eingang eines kleinen Parks. In den Bäumen erkannte ich Lichterketten. Kitschig aber immerhin Licht. Als ich bei meinem Zielpunkt ankam fand ich einen kleinen Tisch vor. Darauf stand ein Teelicht in einem schönen Mosaik-Windglas, dazu zwei Teller, zwei Gläser und ein Picknickkorb. "Was zum...?" Ich drehte mich suchend im Kreis, eh ich nochmal die Koordinaten überprüfte.
"Sadie?", ich schloss für einen Moment fassungslos die Augen. Ich werde Shuri umbringen. Nachdem ich tief durch geatmet hatte, wandte ich mich um.
"Hey, Sam", ich lächelte unschuldig, wie jemand, der nicht gerade einen Mord an einer Minderjährigen plante. "Was machst du hier?"
"Steve hat mir geschrieben und gesagt, ich solle ihn und Natasha hier treffen", entgegnete er. Sie hatte Steve UND Natasha da mit hinein gezogen? Sam schien meinen düsteren Blick zu deuten. "Ich schätze mal, die Nachricht diente nicht dem Zweck die Beiden zu treffen."
"Also ich sollte eigentlich Shuri hier treffen. Der Zufall wäre mir zu groß", schnaubte ich und ließ mich seufzend auf einem Stuhl nieder, dabei entkam mir ein Zischen.
"Alles in Ordnung?", fragte er und musterte mich.
"Ja, das Training setzt mir nur etwas zu", ich rieb mir leicht meine geprellte Hüfte. "Also...uhm...vielleicht sollten wir nach Hause. Ich meine, was auch immer wir hier tun sollten, wir werden es ja wohl nicht tun."
"Also wie ich das sehe, ist da Essen drin und ich habe noch nicht zu Abend gegessen. Du etwa?", er zog eine Augenbraue nach oben. Ich schüttelte den Kopf. "Na siehst du. Lebensmittel darf man nicht verschwenden." Er ließ sich auf dem Stuhl nieder und begann den Korb leer zu räumen. Es kam alles mögliche zum Vorschein, darunter eine Flasche Wein. Meine erste Amtshandlung war, diese zu entkorken und einzuschenken. Das konnte ja noch heiter werden. Ich würde Shuri später noch so umbringen.

Spy // "Avengers"-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt