White Skull

7

[SCORPION]

Scorpion stöhnte auf. Seit Stunden wälzte er sich in seinem Bett umher und konnte einfach nicht einschlafen. Seine Gedanken kreisten um ihren neuen Auftrag. Er warf einen Blick auf die Uhrzeit, welche auf seine Wand projektiert wurde. 3:36 Uhr. Er stöhnte erneut auf und schmiss seine Decke zurück. Der Mann strich sich durch die Haare. Wenn er schon nicht schlafen konnte, dann würde er sich zumindest in der Küche einen Tee machen und sein Buch weiter lesen. Das war mehr oder weniger produktiv und vielleicht würde er dann auch endlich müde werden.

Als er sein Zimmer verließ und mit seinem Buch unter dem Arm den Flur entlang tappte, bereute er es, dass er weder eine Jacke mit genommen noch ein T-Shirt anhatte. Fröstelnd blieb Scorpion vor der Küche stehen, als er aus dieser noch Stimmen dringen hörte. Vorsichtig lugte er in den Raum und fand ihn von Grace und Timbers besetzt. Er wollte bereits schon wieder gehen, als er die sanfte Stimme der Frau hörte.

"Scor? Warum bist du noch wach?"

"Das gleiche könnte ich euch auch fragen", antwortete er und drehte sich mit einem belustigtem Grinsen zu den Geschwistern um.

Grace lächelte zurück, doch Timbers starrte ihn mit rotem Kopf an.

"Ich...äh...lass euch dann mal alleine", stammelte er und verließ mit gesenktem Blick das Zimmer. Als er sich an Scorpion vorbei drängte, war es fast so als würde ein Zittern durch seinen Körper gehen.

"Timbers, warte, bleib doch hier!", rief Scorpion ihm noch hinterher, aber Grace schüttelte den Kopf.

"Lass ihn, er wollte ohnehin gerade ins Bett gehen. Also, warum bist du noch wach."

Scorpion zuckte mit den Schultern, legte sein Buch auf den Tisch und stellte den Wasserkocher an.

"Der Ruf des Mondes? Worum geht es da?"

Wieder zuckte der Mann mit den Schulter. "Es ist ein Gedichtband", sagte er schlicht. Konzentriert goss er das brühend heiße Wasser in eine Tasse und fügte einen Teebeutel mit Apfelblütentee hinzu.

"So wie der falsche, doch süße Duft ihrer Liebe, vernebelte auch die Verführung die Sinne und das Herz schrie vor Verlangen und der Kopf schrie zurück in Rationalität der Versuchung zu widerstehen, doch wurde er übertönt und verstummte schließlich ganz, als das Herz sich der Versuchung hingab", zitierte Grace aus dem Buch, welches sie an einer Stelle aufgeschlagen hatte und sah Scorpion mit ihren dunklen Augen an.

"Verstehst du was das heißt?", fragte sie der Mann.

"Ich denke es heißt, dass nicht jede Liebe echt ist, aber die Verführung zu stark ist, als dass man ihr immer widerstehen könnte, auch wenn man weiß, dass es vielleicht nicht richtig ist."

Scorpion hörte ihr aufmerksam zu, bevor er langsam nickte und sich wieder seinem Tee widmete.

"Was denkst du was es heißt?", fragte Grace daraufhin, als sie die Stille nicht mehr aushielt.

Der Dunkelhaarige brummte kurz, bevor er sich umdrehte und der Frau tief in die Augen sah. Seine stechenden Augen bohrten sich tief in ihre dunklen, die wie Obsidiane funkelten.

"Manchmal ist es besser auf sein Herz zu hören als auf den Verstand, denn manchmal ist die einmalige Freude schöner als jeder darauf folgende Schmerz."

Noch eine Weile starrten sie sich an, ehe Scor vorsichtig an seinem heißen Tee nippte. Dabei spürte er die ganze Zeit über den Blick von Grace auf sich. Dann, als er die Tasse abspülte, fühlte er eine Präsenz hinter sich. Langsam drehte er sich um und blickte in die dunklen Augen, die ihm augenblicklich weiche Knie bescherten. Sein Atem beschleunigte sich und plötzlich ergriff sie seine Hände. Sie trat noch einen Schritt näher und streckte sich vorsichtig.