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[VIPER]

"Bryan wird das nicht gefallen", meinte Gemma, doch mit schnellen Schritten folgte sie Viper. Lautlos sprangen sie durch den Wald, der unmittelbar hinter Hoplor aufragte und bis hinauf ins Gebirge ging, wo sie kurz zuvor noch gelegen haben. Das Scharfschützengewehr trug Viper auf seinem Rücken und als ein kleiner Felsvorsprung kam, warf er es in ein Gebüsch, sodass der Schnee von den Blättern fiel.

"Und wenn Bryan das herausfindet, bringt er dich um", schlussfolgerte Gemma und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Der blonde Mann grinste sie schelmisch an und wies mit einer Hand auf den Vorsprung vor ihnen.

"Nur zu blöd, dass Bryan nicht hier ist und du mich nicht verraten wirst."

"Wie kannst du dir da so sicher sein?", fragte Gemma grinsend und trat auf den Vorsprung. Instinktiv wäre sie wieder zurückgegangen, doch Viper stand unmittelbar hinter ihr, sodass sie hart gegen seine Brust stieß.

"Weil ich dich kenne, Gem." Seine Worte waren ein raues Flüstern an ihrem Ohr und jagten ihr einen Schauer über den ganzen Körper.

Vor ihnen ging es tief nach unten. Würden sie springen, würden sie in dem See landen. Der Wasserfall auf der rechten Seite plätscherte laut und die felsigen Steine umragten das schneeweiße Ufer. Das Wasser selbst war tiefschwarz, was aber auch daran liegen konnte, das die Sonne bereits untergegangen war und nur die letzten rötlichen Farben am Himmel über ihnen ins Lila übergingen.

Eisiger Wind wehte um Vipers Nase, doch er spürte nur die Hitze, die zwischen ihm und Gemma herrschte. "Wie lange kannst du die Luft anhalten?", fragte er, doch ließ ihr keine Zeit zum antworten. Mit einem kräftigen Schubs stieß er Gemma nach vorne. Die junge Frau fiel und landete, begleitet von einem erschrockenen Schrei, im Wasser. Viper sprang sofort hinterher und bekam ihren Arm zu greifen. Tauchend schwamm er mit der Frau tiefer und tiefer.

Es war kalt, das Wasser fühlte sich eisig an und es dauerte nicht lange, da konnten beide nichts mehr sehen. Alles um sie herum war schwarz. Eine Druckwelle wirbelte die beiden umher und nach ein paar weiteren Schwimmzügen tauchten sie auf. Sie hatten eine kleine Höhle erreicht und das Wasser des See's war wärmer als draußen. Erleichtert schnappte Gemma nach Luft und ließ sich auf die Steine sinken.

"Du hast doch keine Angst gehabt, ich würde dich ertränken wollen?", fragte Viper, halb gespielt, halb ernst.

"Nein." Gemma schüttelte entschieden den Kopf. "Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass du Unterwasser so gut gucken kannst."

Viper lachte leise. "Ich bin diesen Weg oft genug geschwommen. Meine innere Karte genügt mir."

"Wo sind wir überhaupt?", fragte Gemma und sah sich kurz um.

"Unter dem Wasserfall gibt es einen Tunnel. Direkt dahinter kommt dann diese kleine Höhle", erklärte Viper. "Einen anderen Zugang habe ich bisher noch nicht finden können."

"Und warum ist es dann hier nicht komplett dunkel?", fragte Gemma misstrauisch. Ihre grünen Augen wirkten vollkommen schwarz.

"Deshalb." Viper deutete auf die Höhlendecke, an der sich ein Sternenhimmel zu bilden schien. Grünlich schimmernde Lichter tauchten die Höhle in ein gespenstisches Licht. "Diese Käfer leuchten immer in der Nacht. Sie sondern das Licht ab, welches sie tagsüber an der Oberfläche gehortet haben."

Beeindruckend lehnte sich Gemma nach hinten. Ihre Hände stützte sie auf den Steinen aus und zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass sie warm waren. "Warum sind die Steine warm? Wir haben Winter?", sprach sie ihre Verwunderung laut aus.

"Das ist selbst für mich ein Mysterium", gestand Viper und ließ sich neben ihr nieder, ehe auch er seinen Kopf in den Nacken legte.

"Das ist der totale Wahnsinn hier", murmelte Gemma. In ihren Augen spiegelten sich die vielen kleinen Lichter der Käfer, die über ihnen an der Decke saßen.

White SkullWo Geschichten leben. Entdecke jetzt