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[SCORPION]

„Wir beginnen jetzt mit dieser Zange."

Die Stimme des Jungen drang nur langsam in sein Ohr. Scorpion fühlte seine Arme nicht mehr. Nur der Schmerz in seinen Handgelenken und die pure Willenskraft hielt ihn davon ab, in die Dunkelheit zu fliehen, die sich ihm vor seinen Füßen öffnete. Er hörte das Klirren von Ketten, hatte einen Ruck gespürte und dann, wie er irgendwo hin geschliffen wurde. Irgendwann wurde ihm sein T-Shirt vom Rücken gerissen und eisiges Wasser hatte sich auf seiner Haut ergossen. Der Schmerz war unerträglich und er hatte das Gefühl bis auf die Knochen zu vereisen. Als würde ihm die Haut Stück für Stück abgerissen werden. Dass das Wasser ihm alles abwusch. Die Selbstbeherrschung über die Stimme, die Mauer um seine Vergangenheit – all das war mit einem Mal weg.

Er hatte Finger auf seinem Rücken gespürt. Für einen Moment hatte er Grace' Gesicht gesehen. Wie sie seinen Namen flüsterte und ihre sanften Berührungen ein Kribbeln hinterließen. Doch dann spürte er, wie diese Finger auf sein Brandzeichen drückten. Wie Sie die rauen Kanten entlang strichen und dann hatte er Grace gehört. Und Gemma und Viper. Was sie sagten hatte er nicht verstanden, doch er hörte Enttäuschung, Wut und Trauer.

In diesem Moment wusste er nur eines: Yuris, der kleine Junge, hatte ihm das Leben genommen, welches er sich aufgebaut hat. Er verdrehte die Wahrheit. Er wusste nichts über ihn. Oder über den Pandinus-Clan. Oder über den Stein.

„Dann wollen wir doch mal herausfinden, wo dein Fleisch fest auf den Knochen sitzt und wo es lose hängt."

„Eigentlich schade, dass du ihm vertraust." Scorpions Stimme klang weit entfernt und selbst für ihn ganz schwach. Es kam ihm vor, als hätte er nur Luft ausgehaucht. Doch Yuris hielt inne.

„Wem?"

„Dem König, wem denn sonst?" Ein gespenstisches Lächeln huschte auf Scorpions Lippen.

„Der König hat mich aufgenommen und mir einen Platz zum Leben geschenkt. Einen Platz, den du mir genommen hast." Mit der Zange schlug er auf Scorpion ein und schreiend wand sich dieser in den Ketten, die ihn an der Decke hielten. Er spürte nur den Schmerz und das Blut. Die Augen hatte er geschlossen. Sie brannten, sobald er sie öffnete und ein seltsamer Schleier verwischte dann alle Farben.

Plötzlich hörte der Schmerz auf. Scorpion fühlte am ganzen Körper ein Kribbeln. Er wusste nicht, wo, wie lange und wie oft Yuris auf ihn eingeschlagen hatte, doch es war ihm egal. Wenn der König alle täuschen und manipulieren konnte, würde er das auch können.

„Er lügt", murmelte Scorpion.

Yuris ließ die blutige Zange fallen. Mit einem lauten Klirren kam sie auf dem Boden auf und übertönte für einen kurzen Augenblick die Schluchzer von Grace.

„Wer lügt?", fragte Yuris.

„Der König."

„Warum sollte der König lügen?" Yuris klang überrascht, doch seine Stimme war ruhig und ernst.

„Weil er die Wahrheit nicht wahrhaben will." Nun öffnete Scorpion doch die Augen. Sofort spürte er das Ziehen in seinen Muskeln und Knochen. Sah das Blut an sich, auf dem Boden, in Yuris' Gesicht. Die dunkelblauen Augen des Jungen waren misstrauisch zusammengezogen und hinter ihm konnte er Viper, Gemma und Grace sehen. Wann hatte Yuris ihn umgedreht? Hatte er es gemerkt? Oder hat er ihn nicht umgedreht?

Konzentriere dich.
Solltest du abstürzen, dann fällst du.
Und die Dunkelheit wird das einzige sein, was auf dich wartet.
Klick klack.

Seine Augen brannten und sein Kopf pochte so stark, dass er für einen kurzen Moment dachte, er würde jeden Moment platzen.

„Welche Wahrheit? Über was? Über wen?"

White SkullWo Geschichten leben. Entdecke jetzt