Kapitel 34 - Auf getrennten Wegen

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»Ich hab' frei, genieß' den Tag mit mir«, hörte Maryana Davids quengelnde Stimme und spürte seinen festen Griff um ihre Taille, als sie gerade von der Couch aufstehen wollte.

Er war bei Weitem stärker als sie, womit sie nur wenig später wieder in seinen Armen lag, ob sie wollte oder nicht.
Als hätte er Maryanas Gefühlschaos der letzten Wochen geahnt, war David seit ihrer Rückkehr aus London um Einiges anhänglicher als sie das von ihm gewohnt war.

Offensichtlich hatte er die Zeit, die sie räumlich getrennt voneinander verbracht hatten genutzt, um sich Gedanken über sich und sein Verhalten zu machen.
Insbesondere seine Verabschiedung von Maryana und sein kurzes Aufeinandertreffen mit Harry hatten ihm zu denken gegeben und ihn dazu angehalten, seine unüberlegten Kurzschlussreaktion noch einmal zu überdenken. Anscheinend war er wirklich gewillt, an sich zu arbeiten.

Zum Einen war es für Maryana damit leichter sich wieder voll und ganz auf ihn einzulassen, zum Anderen erschwerte er damit unbewusst ihr schlechtes Gewissen.
All die Nähe, die sie hinter seinem Rücken zu Harry gehabt hatte - David hatte das nicht verdient.
Jeden Tag erinnerte er sie nun wieder daran, weshalb sie sich trotz all seiner Macken in ihn verliebt hatte.

»Das würd' ich ja gerne, aber ich muss wirklich mal wieder zu John«, erklärte sie zum gefühlt tausendsten Mal. »Der hat sich in London kein einziges Mal gemeldet, langsam mach' ich mir Sorgen.«

»Achwas, wieso hätte er sich auch melden sollen? John weiß doch, wie zuverlässig du bist«, sagte David mit beruhigender Stimme. »Du hast immer schon am Besten und Schnellsten geschrieben, wenn man dich einfach machen hat lassen.«

»Das stimmt«, räumte Maryana ein, ihren Kopf gegen Davids Schulter gelehnt. »Und ich war tatsächlich sehr produktiv. Ich will ihm einfach mal berichten, wie es so steht. Ich glaube wirklich, ich könnte bald fertig sein.«

Um ehrlich zu sein hoffte Maryana, sie würde bald fertig und ihr Verleger zufrieden sein. Das Kapitel Harry wollte sie nicht nur in diesem Buch, sondern am Liebsten in ihrem ganzen Leben abschließen.
Bald würde er bloß noch eine Referenz in ihrem Lebenslauf sein.

»Du wolltest immer eine arbeitstüchtige, fleißige Freundin und die hast du jetzt«, schlug Maryana David mit seinen eigenen Waffen, als sie sich dieses Mal endgültig auf ihre Beine hievte, ihm aber noch einmal einen Kuss gab. »Es wird ein Weilchen dauern.«

Gekonnt überhörte David Maryanas kleinen Seitenhieb.
»Schon gut, grüß John von mir«, rief er seiner Freundin stattdessen hinterher, ehe er sich wieder dem Fernseher widmete.

John hing förmlich an Maryanas Lippen, als sie von all ihren Erfahrungen mit Harry berichtete und mit ihm den Aufbau des Buches, sowie einige Auszüge aus Kapiteln durchging.

»Ich hatte den Hörer oft in der Hand, aber ich wollte dich nicht nerven. Du hättest dich schon gemeldet, wenn du mich gebraucht hättest und die Rolle als überengagierter, kontrollierender Verleger steht mir nicht«, hatte John zuvor seine ausbleibenden Anrufe erklärt.
Und offensichtlich fühlte er sich in seiner Sicht der Dinge bestätigt, als er Maryana letztendlich zufrieden ansah.

»Wun-der-bar«, freute er sich und unterstrich das Ganze mit einem Schlag auf seinen Schreibtisch bei jeder gesprochenen Silbe.
»Lass' mir das alles bis hierher doch bitte als PDF zukommen, damit ich es auch an Jeff schicken kann. Harry hat es vermutlich ja schon gelesen, nicht?«

Unsicher schluckte Maryana. Bestimmt dachte John, Harry und sie wären nach wie vor ein eingespieltes Team.

»Ich hab's ihm auch per Mail geschickt, ja«, nickte sie dann lächelnd und ließ vorerst unerwähnt, dass das auch die einzige Interaktion zwischen ihnen war, seit der Rückkehr aus London.

The Writer || h.s.  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt