Offensichtlich war ich jetzt ganz offiziell Eigentum eines anderen. Hatte einen Besitzer. War das nun der Mann? Oder der Junge? Vermutlich beide. Sie entschieden, was aus mir wurde.
Die letzten Monate waren die Hölle für mich gewesen. Diese Planeten waren so viel kühler, als mein eigener. Ich fror eigentlich so gut wie immer. Aber das interessierte keinen. Allgemein schienen meine Bedürfnisse, Empfindungen, Wünsche... vollkommen unwichtig zu sein. Sie sollten nicht einmal existieren. Ich war ein Objekt. Ein Gebrauchsgegenstand.
Ich bekam zu Essen, so, dass ich nicht hungerte. Aber richtig satt war ich nie. Andere entschieden, wann ich schlafen ging, wann ich Sport machte, wann ich arbeiten musste und wann ich ruhen durfte. Ich hatte sehr wenig Kontakt zu anderen Menschen gehabt. Selten die Gelegenheit bekommen zu sprechen. Weder in der neuen, noch in meiner Muttersprache.
Wie die neue Sprache in meinen Kopf gekommen war, wusste ich nicht, nur dass ich sie plötzlich verstehen und auch sprechen konnte.
Als mich der Mann einfach verschenkt hatte, hatte ich mit dem Schlimmsten gerechnet. Aber im Moment ging es mir nicht schlecht. Ich hatte ein eigenes Zimmer bekommen, schlief in einem Bett, statt auf dem Fußboden. Und dieser Junge... Kostas. Er war nicht unfreundlich gewesen. Ich hoffte nur, dass die böse Überraschung nicht noch kam.
Als ich an diesem Morgen erwachte, war es noch dunkel draußen. Mir hatte niemand gesagt, welche Aufgaben ich hier im Haus haben würde. In dem Sklavenausbildungszentrum in dem ich die letzten Monate verbracht hatte, hatte man mir gesagt, dass mir meine Aufgaben klar mitgeteilt würden, und ich nichts eigenmächtig tun durfte, ohne klare Anweisung. Was also sollte ich jetzt tun?
Ich zog mich an und ging in die Küche. Bestimmt würde ich später Frühstück machen müssen. Dann war ich schon mal am richtigen Ort. Da ich keine Erlaubnis hatte, irgendwas zu tun, setzte ich mich auf den Boden, wo ich sofort zu frieren begann. So wartete ich darauf, dass einer meiner neuen Herren wach werden würde.
Es dauerte nicht lange, bis der Ältere sich zeigte. Er sah mich stirnrunzelnd an, als er mich in der Küche sitzen sah, beachtete mich aber nicht weiter. Er ließ sich von den elektronischen Helfern die Tagesnews vorlesen, Kaffee kochen, ein Sandwich zubereiten und seinen Kontostand benennen. Kurz bevor er aus der Tür verschwand, wandte er sich dann doch noch mal an mich.
„Mein Sohn schläft bestimmt noch ein oder zwei Stunden. Du kannst dich gerne auf die Couch setzen und dir von Kimmy irgendein Film oder Musik anmachen lassen." Er wandte sich an seinen Homeassistenten. „Kimmy?"
„Ja?", antwortete die Computerstimme.
„neuer Benutzer"
„Spracherkennung wird durchgeführt..."
„Sag was, Junge!", forderte der Ältere in drängendem Ton.
„Ähm. Hallo. Ich lebe jetzt auch hier", sagte ich unbeholfen.
„Stimme gespeichert. Welche Zugriffe wollen sie genehmigen?"
„Multimedia, kleinere Einkäufe, Zugang zur Terrasse, ..." zählte er auf.
„Zugang eingeräumt" bestätigte Kimmy. Der Ältere wandte sich wieder mir zu.
„Du kannst dich hier frei bewegen. Alles andere erklärt dir dann Kostas.", sagte er, in seiner Hektik, dann surrte die elektrische Tür und er war weg.
Ich stand vom Fußboden auf, ging ein paar Schritte bis zum Sofa und setzte mich.
„Kimmy?", fragte ich unsicher.
„Kann ich bitte Musik hören?", fragte ich vorsichtig.
„Was willst du hören 7-9-0?"
„Doch lieber nichts", sagte ich, etwas überfordert. Bei uns gab es Musik im Dorf. Wir hatten Instrumente, die wir selbst gebaut hatten, Lieder die wir immer wieder gemeinsam sangen. Doch was hier als Musik galt, wusste ich nicht.
„Kimmy?", fragte ich erneut. „Was bedeutet, ‚kleinere Einkäufe'?"
„Christos hat dir Zugriff auf kleinere Einkäufe gegeben. Du kannst kleinere Einkäufe tätigen. Das entspricht einem Buge von weniger als 500 Mucs im Monat."
Ich nickte, bevor mir einfiel dass es dem Computer egal war, ob ich seine Aussage bestätigte. Den Umgang mit Maschinen und Computern hatten wir lernen müssen. Es war eine von vielen Lektionen die wir absolvieren mussten, bevor wir in den Verkauf gingen.
„Kimmy, wie viel sind 500 Mucs?", fragte ich.
„Muc ist die Währung des Planten Tetan. Erfrage konkrete Beispiele um mehr zu erfahren."
„Kimmy, was kostet eine Hose?", fragte ich. Der Computer surrte leise und scannte meine Hose mit bläulichen strahlen ab.
„Die Hose die du trägst ist neu 8 Mucs wert. Soll ich dir eine neue bestellen?
„Stimmt, du hast ja gar keine Klamotten!"
Die Stimme des Jungen erschreckte mich. Ich zuckte zurück und stand schnell vom Sofa auf.
„Es ist in Ordnung, bestell dir ruhig war zum Anziehen. Was willst du denn haben?"
Er forderte von Kimmy ein Bild an und sah vom Foto, welches in den Raum projiziert wurde auf mich und zurück.
„Du willst noch mehr, von diesen langweiligen, grauen Hosen?", fragte er skeptisch.
„Nein.", sagte ich schnell. „Ich habe nur etwas gefragt. Ich wusste nicht-" ich brauch ab und sah zu Boden.
„Ist schon gut. Lass uns später was zusammen raussuchen, okay? Ich mach mir schnell Frühstück. Willst du auch was?"
„Du entscheidest, wann ich etwas esse. Und was", sagte ich verwirrt.
„Das üben wir noch", sagte er „Aber jetzt hab ich zu großen Hunger um mit dir zu diskutieren. Also bekommst du einfach das gleiche wie ich. Und ich will Pfandkuchen!"
„Kimmy? Zwei Teller mit je drei Stück, mit Ahorsirup und Blaubeeren, bitte."
Fasziniert sah ich zu, wie das Gerät, das an den Kühlschrank angeschlossen war begann leise zu rattern und kurz darauf der fertige Pfannkuchenteig dosiert in die Pfanne floss, wo die Pfannkuchen automatisch gewendet und anschließend auf Teller verteilt wurden. Der Teller, gelangte zurück in das Gerät, Sirup und Blaubeeren wurden hinzugefügt, bevor ein leises Klingeln ertönte und die Teller auf den Tresen geschoben wurden.
Zuhause hatten wir gemeinsam gekocht. Im Sklavenlager gab es eine Küche, wo wir dreimal am Tag eine Portion Nahrung ausgeteilt bekamen. Gekocht hatte auch immer eine Gruppe Unfreier, gemeinsam mit einem Koch, der ihnen alles beibrachte. Ich hatte meinen Dienst in der Küche auch einen Monat lang gemacht und konnte nun einige Gerichte zubereiten. Dass dies hier nicht zu Anwendung kommen würde, fand ich fast ein wenig traurig. Immerhin war der Dienst in der Küche noch eine von den Aufgaben gewesen, die zumindest ein bisschen Spaß gemacht hatten.
Sei es drum. Ich beeilte mich zum Tresen zu kommen, und die Teller zum Tisch zu bringen. Ich wandte mich um, um das Besteck zu holen, aber Kostas war bereits an der Schublade.
Das schlechte Gewissen machte sich in mir breit.
Ich blieb neben dem Tisch stehen.
„Los, setz dich schon hin und hau rein!", sagte Kostas und schob mir das Besteck hin. Unsicher nahm ich Platz. Wenn ich nicht Mal das Besteck holen sollte, wozu brauchten mich diese Leute überhaupt? Noch während des Essens ging mir diese Frage pausenlos im Kopf rum.
Was hatten sie mit mir vor? War es besser, als den Haushalt zu machen? Oder möglicherweise viel schlimmer?
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Human Toy - Kostory
FanfictionWie viele Planten sind inzwischen bewohnt? Mik kann darüber nur mutmaßen. Auf seinem Heimatplaneten, gibt es keine Weltenreisenden. Allgemein scheinen diese Geschichten über andere Welten sehr weit hergeholt zu sein. Er und seine Familie hatten doch...