Die Insel

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Mik

Als mein Heimatplanet ein paar Stunden später in der Ferne erst als winziger Punkt auftauchte, der dann zu einer majestätischen blauen Kugel anschwoll, hätte ich am liebsten geweint. Ich war tatsächlich zurück. Das Schiff, das nur knapp neunzig einfache Sitzplätze hatte, war vom Wiederstand selbst. Es startete etwas außerhalb der gewöhnlichen Hafen, doch die Überfahrt zu meinem abgelegenen Planten verlief vollkommen reibungslos. Als das Schiff schließlich landete, dachte ich allerdings zunächst der Commander habe sich im Planten geirrt.

Wir landeten auf einem betonierten Platz inmitten einer Siedlung aus einfachen, zweistöckigen Betonbauten. Ein Funkturm war in der Mitte errichtet worden. Es war absurd einige Meter entfernt den Strand auszumachen, der mir doch erstaunlich ähnlich wirkte wie der Strand an dem unsere Hütte Stand.

„Ihr müsst Marik und Kostas sein!", begrüßte uns die fremde Frau, die ich glatt übersehen hatte, weil mich das Bild, das sich mir bot so irritierte.

„Und du bist Julia. Schön, dass ihr da seid!", fuhr sie unbeirrt fort.

Juli murmelte ein „Hallo", und reichte der Frau unsicher die Hand. Sie trug einen glänzenden weißen Overroll.

„Mein Name ist Hellen Tripp und ich bin die Leiterin der Außenstelle Durania."

Ich sagte immer noch nichts.

„Marik, mach dir keine Sorgen. Wir bringen dich gleich mit dem Boot rüber zur Insel deiner Familie. Du wirst sehen, da ist alles so, wie du es verlassen hast. Diese Insel war nicht besiedelt, bevor wir unser Lager hier aufschlugen. Genaugenommen war es die Idee deines Bruders hier ein Basislager und Ausbildungscamp zu errichten, da dieser Planet so weit entfernt wie nur möglich von den üblichen Handelsruten liegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier gefunden werden ist sehr gering. Wenn das nächste Mal Menschräuber hier her kommen, werden wir sie allerdings nicht ignorieren können. Wir werden Euer Volk verteidigen. Im Gegenzug versorgen sie uns mit Nahrungsmitteln und einfachen Baustoffen, damit wir so wenig wie möglich von anderen Planeten importieren müssen."

Ich nickte wage.

„ Wir wollen nicht unhöflich erscheinen, aber könnten sie uns jetzt gleich übersetzen? Wir hatten eine lange Reise und Mik hatte sich darauf gefreut seine Familie zu sehen", sagte Kostas, bevor sie weiter ausholen konnte. Ich war ihm so unendlich dankbar für seine Worte. Ich konnte mich später auf all das hier konzentrieren. Jetzt wollte ich endlich erstmal ankommen.

„Gut, das verstehe ich. Das Boot steht schon bereit. Ihre Trainigspläne liegen uns vor, in zwei Wochen fangen wir an. Bis dahin habt ihr Zeit euch einzuleben!"

Als die Insel, meine Insel, schließlich in der Ferne auftauchte, konnte ich es zunächst nicht glauben. Die Seeluft schlug mir ins Gesicht, doch auch wenn das Salz sich auf der Haut anfühlte wie ein Willkommensgruß, brauchte ich einen Moment um das alles zu begreifen. Ich war zurück.

Kostas

Als die Insel auf der Mik aufgewachsen war in der Ferne auftauchte war, konnte ich nichts anderes tun als zu staunen und das sich mir bietende Bild in mich aufsaugen. Wie schön dieser naturbelassene Ort einfach war! Die Bäume, der Strand, die Berge und Wasserfälle die man schon aus der Ferne ausmachen konnte waren einfach zum Weinen schön. So etwas kannte ich aus meinen VR Games. Aber nicht aus meinem Leben. Mehr als ein paar Bäume hatte ich nie auf einen Haufen gesehen. Ich war nie in einem natürlichen Gewässer schwimmen. All das war absolutes Neuland für mich.

Wir standen am Bug des Bootes und der Wind zerzauste unsere Haare. Miks Blick wurde glasig. Er starrte nur auf den näher kommenden Strand, als begreife er gar nicht was abging. Doch als wir näher und näher kamen, und schon die ersten Hütten am Strand, nahe des dahinter beginnenden Palmenheines erkennen konnten, drehte er sich endlich zu mir um und lächelte mich an.

„Ich bin zu Hause!" flüsterte er und ich drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ja, das bist du."

Er nahm meine Hand und drückte sie, bevor er das Boot schließlich kurz vor dem Strand ankerte. Er zog mich einfach mit sich, zu der kleinen Badeleiter.

„ab hier schwimmen wir. Los komm."

Er sprang zuerst ins Wasser, also musste ich nachziehen. Ich versuchte nicht darüber nachzudenken, und kletterte die Leiter hinunter und ließ mich in das kühle Wasser fallen, achtete nicht darauf, dass sich meine Klamotten mit Wasser vollsogen und schwamm Mik nach bis an den Strand.

Seine Familie war offenbar auf seine Ankunft vorbereitet werden, denn sein Vater, seine Mutter und auch seine kleine Schwester standen bereits am Strand um ihn in Empfang zu nehmen. Ich kam mir einen Moment wie ein Eindringling vor, der die traute Familiensituation störte, doch nachdem Mik seine Familie in die Arme geschlossen hatte, winkte er mich näher zu sich um mich ihnen vorzustellen. Ich streckte meine Hand aus, um Guten Tag zu sagen, doch statt sie zu nehmen, umarmte mich seine Mutter während sie leise sprach. Ich verstand kein einziges Wort. Es war für mich so selbstverständlich geworden, dass Mik meine Sprache beherrschte, dass ich gar nicht darüber nachgedacht hatte, dass ich hier bei seinem Volk niemanden verstehen konnte. Für einen durchströmte mich ein mulmiges Gefühl . Zum ersten Mal im Leben war mir eine Lektion nicht in meinen Kopf gepflanzt worden, lange bevor ich sie im wahren Leben benötigt hatte. Die Sprache der Menschen hier würde ich wohl selbst lernen müssen. Und nach dem kurzen Schrecken, den mir diese Erkenntnis versetzt hatte, freute ich mich tatsächlich darauf.

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So jetzt kommen nur noch zwei Kapitel. Wir sind so gut wie durch ^^

Human Toy - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt