Eine rätselhafte Begegnung

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Mik

Ich hatte so eine Wut auf dem Nachhauseweg, dass ich kaum merkte, wo wir langgingen.

Kostas machte Umwege, schaute hier und da in Läden hinein, oder starrte auf die riesigen Werbetafeln. Die Mechanischen Menschen schienen ebenfalls sein Interesse zu wecken. Ich hatte bereits von den Mechas dieser Welt gelesen. Sie waren inzwischen soweit, dass man sie kaum von Menschen unterscheiden konnte. Sie trugen Halsbänder, wie die Sklaven. Ihre waren allerdings in ihren Körper integriert und leuchteten blau, damit man sie ohne weiteres erkennen konnte. Es war so typisch für die menschliche Rasse, etwas zu erschaffen, was ihnen möglichst ähnlich war, nur um es dann wieder als minderwertig zu markieren.

Ich merkte kaum, wie der ältere Mann versuchte meine Aufmerksamkeit zu erregen, weil ich damit beschäftigt war, Kostas anzustarren, während er auffällig unauffällig eine Machafrau beobachtete. Sie sah so echt aus. Wie strich ihre Haare zurück, bevor sie ihre Einkauftasche fester packte und sich suchend umschaute. Sie blinzelte dabei ins Sonnenlicht. Natürlich hätte sie all dies auch schneller und effektiver tun können. Doch sie bildete perfekt die menschlichen Verhaltensweisen nach, und zögerte daher. Es war faszinierend. Vermutlich hätte sie auch mein Interesse geweckt, wäre ich nicht verdammt sauer gewesen.

Irgendwann spürte ich, dass ich angesehen wurde. Ich wandte mich um, und fing den Blick des älteren Mannes auf. Seine wässrigen blauen Augen sahen wachsam zu mir hinüber. Auch er war ein Sklave, wie ich seinem Halsband entnahm. Doch auch wenn die Leine an seinem Halsband fest in der Hand einer anderen Person gehalten wurde, schien diese sich nicht im Geringsten daran zu stören was er tat. Sie stand einfach nur da, und sah ebenfalls in meine Richtung. Wandte sich aber ab, als ich ihren Blick auffing und guckte scheinbar interessiert einer Gruppe Jugendlicher, in einem gläsernen Shuttle hinterher.

Der Alte kam durch die Menschenmenge hindurch auf mich zu, zog dabei kurioser Weise seine „Sklavenführerin" hinter sich her. Kostas bemerkte von alledem nichts. Die beiden fügten sich perfekt in die Menge ein, so dass sie nicht weiter auffielen.

„Sag nichts. Hier", flüsterte er, als ich ihn grade fragen wollte, was hier vor sich ging. Er reichte mir einen Gegenstand, den ich sofort in die Hosentasche gleiten lies. Kaum sah ich wieder auf, war der Alte verschwunden. Er ging wieder völlig ordnungsgemäß mit gesenktem Kopf neben der Frau her und ließ sich von ihr Führen. Ich sah zu Kostas, er war hatte von dieser Begegnung scheinbar nicht das Geringste mitbekommen.

Was war dieses Ding, was er mir gegeben hatte? Und was hatte es überhaupt zu bedeuten, dass der Sklave seine Sklavenführerin scheinbar unter Kontrolle hatte, und nicht anders rum? Irgendetwas war hier faul, ganz sicher.

Kostas

Eigentlich dachte ich, er würde sich wieder einkriegen, doch sobald wir wieder da waren, verschwand er in seinem Zimmer. Schulterzuckend verbrachte ich den Rest des Tages alleine im Wohnzimmer. Ich telefonierte endlich mal wieder mit meinem Freund Brian. Er war derjenige, den ich von den Wissenseinimpfungen, wie ich sie gerne nannte, kannte.

„Du hast dir einfach einen Kumpel gekauft?", fragte er ungläubig.

„Nein, mein Vater hat ihn geschenkt bekommen. Ich wollte einfach jemanden zum Reden. Jemanden der auch wirklich körperlich anwesend ist.", sagte ich kleinlaut.

„Ich erinnere mich, du hast mal von so einer Idee erzählt. Aber hast du nicht gesagt, du würdest deinen Vater nach einem Mädchen fragen?", fragte er nach. Ich prustete.

„Ja, hab ich tatsächlich auch. Aber ich hätte nie gedacht dass er sich darauf einlässt. Hat er ja auch nicht. Mik habe ich nur bekommen, weil er ihn quasi als Werbegeschenk bekam. Mein Vater ist ein sehr gewöhnungsbedürftiger Mensch."

„Aber ganz ehrlich man, was willst du denn mit einem Sklaven? Wenn du nen Mädel bekommen hättest, klar, dann würde ich verstehen, was du für Vorteile davon hättest. Ich habe meine Mum auch schon versucht zu überreden mir ne kleine Blonde nach Hause zu holen. Sie hat mir so ne Ohrfeige gegeben, ich schwöre dir, ich spüre ihre Handfläche immer noch auf meinem Gesicht!", er lachte so sorglos, dass ich fast vergaß, dass er grade über Schläge sprach die er von seiner Mutter kassiert hatte. „Jedenfalls verstehe ich nicht, warum du ihn überhaupt angenommen hast. Ich meine... was hast du davon mit einem Sklaven Zeit zu verbringen?"

Ich überlegte meine Antwort während ich auf die holografische Darstellung meines besten Freundes starrte. Er stand hier vor mir. Ich konnte sein lächeln sehen. Seine blendend weißen Zähne, seine schwarzen Locken, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen. Aber er war nicht hier. Ich konnte seinen Atem nicht auf dem Gesicht spüren, er konnte mir seine Hand nicht auf die Schulter legen, wenn ihm danach war. Es war einfach etwas anderes.

„Ich weiß es nicht, man. Ich habe einfach gerne jemanden hier. Jemanden der wirklich hier ist, verstehst du?", sagte ich etwas niedergeschlagen.

„Naja, vielleicht darf ich dich ja mal besuchen!", sagte er leise. Er musste meine Traurigkeit erkannt haben.

„Es geht schon. Es ist schön mit dir zu reden. Aber Mik ist halt hier und das beruhigt mich irgendwie. Mehr als ich gedacht hätte, um ehrlich zu sein. Seit er hier ist fühle ich mich weniger....verloren.", meine Stimme brach ab. Ich starrte zu der Tür die verschlossen war und beschloss ihn gleich nach dem Gespräch um eine Aussprache zu bitten.

Human Toy - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt