Kostas
Es war merkwürdig in dieser Runde hier am Tisch zu sitzen. Ich konnte nicht mal sagen, ob wir jemals zu viert beim Essen gesessen hatten. Zu viert! Meinst war ich einfach aleine gewesen, in den letzten Jahren. Zu zweit zu essen war schon eine Sensation, bevor Mik da war.
Doch jetzt schien sich Mik unbehaglich zu fühlen. Ich sah zu Brian hinüber. Er war mein bester Freund, aber wie er sich Mik gegenüber verhalten hatte, passte mir ganz und gar nicht. Sobald mein Vater weg war, würde ich das mit ihm klären müssen. Ich wollte nicht, das Mik sich wegen ihm unwohl fühlte. Ich wollte generell nicht, dass es ihm irgendwie schlecht ging.
Mik sah mich unauffällig an, sobald wir das Essen beendet hatte und ruckte mit dem Kopf in Richtung seiner Zimmertür. Ich seufzte und nickte ganz leicht mit dem Kopf.
„Mik, wenn du willst, kannst du in dein Zimmer gehen", sagte ich beiläufig. Das ließ er sich nicht zweimal sagen, denn kaum hatte ich die Worte gesagt, machte er eine kleine Verbeugung und verschwand dann hinter die Tür, die sein Zimmer vom Rest der Wohnung abtrennte.
„Warum hat der eigentlich ein eigenes Zimmer?", fragte Brian neugierig.
„Weil wir nicht alle Zimmer hier benötigen und es schöner ist, wenn jeder seinen privaten Rückzugsort hat", antwortete mein Vater promt. Ich sah perplex auf, stimmte dem aber sofort nickend zu. Ich war positiv überrascht, darüber dass mein Vater das so sah. Brian zuckte mit den Schultern.
„Okay", sagte er leise. „Ich frage nur, weil die meisten Sklaven in Abstellräumen, oder im Flur auf einer Matte schlafen", erklärte er noch nuschelnd.
„Oh, wisst ihr was?", wechselte er dann das Thema. „Heute Abend sind die Sklavenkämpfe im alten Stadion. Wollen wir uns das ansehen? Auf unserem Planeten sind die längst verboten!", strahlte er.
„Das werden sie auch hier bald sein, soweit ich gehört habe", sagte mein Vater stirnrunzelnd.
„Na, ein Grund mehr, sich das mal anzusehen!"
„Was meinst du dazu, Junge?", fragte mein Vater. Ich schluckte. Natürlich hatte ich von diesen Kämpfen gehört. Das war eines der Schicksale die einen Sklaven treffen konnten, er in Ungnade gefallen war.
„Ich bin mir nicht sicher.", brachte ich heraus. Natürlich wollte ich es nicht sehen. Es gab kaum etwas, was mir mehr zu wieder war, als so eine Veranstaltung zu besuchen. Aber vielleicht war es an der Zeit sich einmal anzusehen, was meine Mitmenschen den Menschen die sie als weniger wert betrachteten, antuen konnten. Es nützte ja doch nichts, die Augen davor zu verschließen.
„Wir können uns Karten besorgen. Du bist schließlich unser Gast, und wenn es dein Wunsch ist...", begann mein Vater. Brian jubelte.
„Das wird super, Mann, ich versprechs dir." Keuchte er und hob die Hand, damit ich bei ihm einschlug. Doch ich sah keinen Grund dazu, mich auf diesen Abend zu freuen.
„Wollen wir den Jungen mitnehmen?", fragte mein Vater und deutete auf die Tür zu Miks Zimmer, doch nun schüttelte ich entschlossen den Kopf. Das würde ich ihm nicht antun. Er verstand längst was mit dieser Gesellschaft schief lief. Da musste ich es ihm nicht noch zusätzlich unter die Nase reiben.
„Meinst du, wir können ihn hier alleine lassen?"
„Natürlich. Er wird sich benehmen", versprach ich.
Wir bestellten ein Shuttle welches uns direkt bis auf unserer Plätze brachte. Schon beim aussteigen überkam mich ein merkwürdig ungutes Gefühl. Das Stadion war nicht so riesig, wie die, in denen man Sportevents miterleben konnte. Es wirkte eher schäbig und ein bisschen Schmutzig. Ich sah eine Menge Leute, die sich bereits wie wir auf ihre Plätze begaben. Manche hatten Schilder dabei, andere Trillerpfeifen. Ich sah auch Sklaven unter ihnen, die an Leinen mitgezerrt wurden. Für sie musste diese Vorstellung ganz besonders übel sein.
Unsere Plätze waren im unteren Drittel, da wo man einen fantastischen Blick auf das Geschehen haben würde. Die Fläche war nicht bepflanzt, es war ein grauer, gepflasterter Platz der von duzenden von Scheinwerfern beleuchtet war. Ich hielt den Atem an. Bildete ich mir den Geruch von Blut nur ein?
Während sich die übrigen Plätze langsam füllten, las ich das heutige Programm. Offenbar wurden diese Veranstaltungen genutzt um Sklaven zu bestrafen, die sich etwas zu Schulden kommen lassen hatten. Sie mussten gegeneinander antreten, oder bekamen auf andere Weise ihr Fett weg. Mir reichte es hier zu sitzen und das Programm zu lesen, um mir den Schweiß ausbrechen zu lassen. Ich hätte einfach sagen sollen, dass ich nicht hier her will, schoss es mir durch den Kopf. Ich hätte einfach nur etwas sagen müssen!
Als der Moderator auftrat, wurde es still auf den Rängen. „Willkommen zum heutigen Sklavenspektakel" rief er, seine Stimme hallte durch die Lautsprecher glasklar zu unseren Plätzen. Er sagte ein paar Worte über die letzten und die folgenden Veranstaltungen, dann wurde der erste Sklave auf den Platz geholt. Ich biss mir auf die Lippe, als ich die junge Frau sah. Von unseren Plätzen aus konnte ich gut ihr schmales Gesicht und den ängstlichen Ausdruck darin erkennen. Sie trug ein einfaches, braunes Kleid, ihre schwarzen Locken waren verfilzt.
„Hier haben wir einen einfachen Fall von Gehorsamsverweigerung. 4-0-8 war sich zu fein dafür, die Befehle ihres Meisters auszuführen. Als ihr Meister, darauf bestand, griff sie ihn an und schlug ihn dann mit einem Metallrohr. Der Mann liegt immer noch im Hospital."
Die Frau sagte etwas, was aber im Lärm der Menge unterging. Ihre Worte wurden nicht durch ein Mikro verstärkt. Doch allein die Tatsache, dass sie ihre Stimme erhob, veranlasste den bulligen Kerl, der sie auf den Platz gebracht hatte, sie an ihrer Kette auf den Boden zu zerren, und ihren Kopf auf die Steine zu drücken. Ihre Lippe blutete. Ich wandte den Blick ab. Statt auf den Platz sah ich jetzt zu Brian, der auch etwas blasser geworden war. Ich hoffte nur, dass auch er angewidert war, von dem Geschehen. Wenn er dadurch zur Vernunft kam, hatte dieser Besuch wenigstens einen Zweck.
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Human Toy - Kostory
FanfictionWie viele Planten sind inzwischen bewohnt? Mik kann darüber nur mutmaßen. Auf seinem Heimatplaneten, gibt es keine Weltenreisenden. Allgemein scheinen diese Geschichten über andere Welten sehr weit hergeholt zu sein. Er und seine Familie hatten doch...