Outing

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„Erzähl mir mehr", sagte Kostas. Er war immer noch viel zu nahe bei mir. Ich hatte endlich eine Möglichkeit gefunden ihm alles zu sagen. Zumindest bis zu einem bestimmten Punkt. Wenn ich es ihm Stück für Stück erklärte. Wer weiß? Vielleicht verstand er es ja dann?

„Es war einfach alles nicht so kompliziert. Es gab keine Regeln. Solange alles einvernehmlich ablief, konnte man tun und lassen was man wollte. Das galt für alle Bereiche. Wenn sich einer der Jungen in der Gruppe einen runter holen wollte, war das okay. Keiner hätte ihn dafür verurteilt, oder gesagt, dass es nicht richtige Ort oder die richtige Zeit dafür war.", sagte ich leise.

„Also hatten die auch Sex wo sie wollten? Und keinen hat es gestört?", fragte Kostas nach.

„Nein. Egal wo, egal mit wem. Es war in Ordnung. Auch..." ich atmete tief durch „Auch wenn es zwei Frauen miteinander tun wollten. Oder zwei Männer... oder Jungen. Es war alles so leicht. So normal. Wie Atmen."

Ich sah zu ihm rüber, und versuchte seinem Gesicht irgendeine Reaktion zu entlocken. Doch seine Miene blieb verschlossen. Er sagte nichts dazu, aber immerhin hatte er auch nicht das Gesicht verzogen, oder seine Empörung zum Ausdruck gebracht.

„Ist es das was du vor mir geheim hältst? Hast du diese Dinge mit... mit Junge gemacht, statt mit Mädchen?", fragte er. Okay, dass er diesen Schluss so schnell ziehen würde, hatte ich nicht erwartet. Aber was sollte ich jetzt lügen? Ich zuckte mit den Schultern.

„Es war keine große Sache bei uns. Man hat sich halt ausprobiert. Man durfte ausprobieren. Und manche haben eben für sich herausgefunden, dass für sie die Liebe nur Gleichgeschlechtlich funktioniert. Manche mochten beides. Manche entschieden sich immer wieder um."

„Aber du hast gesagt, dass du dich nicht mit Mädchen verabredet hast..."

„Ja. Andere haben sich mit Mädchen getroffen, mit ihnen gemeinsam Erfahrungen gesammelt. Ich habe das lieber mit Jungs gemacht." Es war raus. Ich hatte es einfach gesagt.

„Fuck, Mik, das darfst du hier keinem erzählen", flüsterte Kostas. „Wenn das jemand spitz kriegt, bist du weg vom Fenster. Ich weiß was sie mit Leuten machen, die bei homosexuellen Handlungen ertappt werden. Das ist schon heftig... Da will ich gar nicht wissen, was sie mit Unfreien machen die..." Auch wenn er den Satz nicht beendete, war die Botschaft klar. Allein sein besorgter Unterton sprach Bände.

„Ich hatte nicht vor, das Jemandem zu sagen. Ich wollte es ja noch nicht mal dir erzählen, aber du lässt ja nicht locker", er grinste. Er grinste mich einfach an, und durch dieses niedliche Lächeln fiel endlich die Anspannung von mir ab. Er hatte es begriffen. Und dennoch war er hier und grinste mich an. Es war okay.

„Ich lasse nie locker", bestätigte er mir. „Aber ich hab dir gesagt, dass du mir alles sagen kannst, und wie du siehst. Es ging."

„Stimmt. Aber woher sollte ich denn wissen, wie du damit umgehen würdest?" Er zuckte mit den Schultern, dann drehte er sich auf den Rücken.

„Und wie geht's dir damit? Also jetzt hier zu sein. Wo... das alles anders ist?"

„Wie soll es mir damit gehen? Ich wurde verschleppt, gedemütigt, gegen meinen Willen festgehalten, musste mich einem Training unterziehen. Habe Dinge in meinem Kopf gepflanzt bekommen... und wurde letztendlich verschenkt. Versteh mich nicht falsch, ich weiß dass es mich viel, viel schlimmer hätte treffen können, dass ich froh sein kann hier bei dir gelandet zu sein. Trotzdem ist die Tatsache, dass ich meine Sexualität nicht ausleben darf, wohl die geringste meiner Sorgen. Denn das hätte ich so, oder so nicht gekonnt, oder?"

Er sah mich lange an, bevor er weiter sprach.

„Ich fühl mich grad richtig schlecht. Irgendwie bin ich ja mit verantwortlich dafür, dass du jetzt in dieser Situation steckst."

„Bullshit. Du bist nur in einem System aufgewachsen, was dir vorgegaukelt hat, dass Sklaverei in Ordnung ist, wenn die Menschen, denen ihr eure Herrschaft aufzwingt ‚primitiv' sind, und aus wenig oder gar nicht technikaffinen Welten stammen. Aber wir sind auch Menschen. Niemand hat das Recht uns einfach aus unseren Gemeinschaften raus zu reißen", ich schluckte hart, denn plötzlich hatte ich einen gehörigen Kloß im Hals.

„Kann ich irgendwas tun?", Kostas Stimme war sanft, aber mit deutlich verzweifeltem Unterton. Das hatte ich nicht gewollt. Er war der letzte, dem ich ein schlechtes Gewissen einreden wollte.

„Nein. Es ist nun mal wie es ist.", sagte ich und versuchte dabei wieder etwas optimistischer zu klingen. „Ich weiß dass es meiner Familie gut geht. Meine Eltern und meine Schwester können sich auf das Dorf und unsere Gemeinschaft verlassen. Ich hoffe nur, dass auch mein Bruder einigermaßen Vernünftig untergekommen ist. Aber wer weiß, vielleicht hat er es ja so gut getroffen wie ich." Ich versuchte mit aller Kraft die trüben Gedanken zu verscheuchen.

Als sich seine Hand auf meine Schulter legte, war ich verwirrt. Das tat er sonst nicht. Doch eh ich mich versah, hatte er seinen Arm um mich geschlungen und mich in eine feste Umarmung gezogen.

„Keine Angst. Ich pass auf dich auf."



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Sorry, dass so lange nichts kam, hab die ganze Woche an meinem BMA Podcast geschnitten ^^

Human Toy - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt