Verkauft

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Mik

Ich saß nur eine gute Stunde in dem Käfig fest, bis man mich hinaus auf den Markplatz zerrte. Der Mann der mich auf den Podest führte, war sehr grob, er zog unnötig fest an meinem Halsband und wenn ich nicht so deprimiert gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht sogar gewehrt.

„Hier haben wir einen jungen Haushaltssklaven. Vermutlich 19 bis 20 Jahre alt, männlich. War vorher in Besitz einer Familie die ihn auch als Gesellschafter für ihre Kinder im Einsatz hatte.", bei diesen Worten schüttelte ich leicht für mich selbst mit dem Kopf. Genau. Kinder.

„Er ist gesund, und hat die Sklavenausbildung vor nicht mal drei Monaten beendet. Der Vorbesitzer war zufrieden mit seiner Arbeit, er hatte lediglich keine Verwendung mehr für ihn. Daher beginnen wir mit einem Gebot von 5000 Mucs." Mehrere Menschen in der Menge hoben die Hand. „Wer bietet 6000?", immer noch sah ich einige Hände in der Luft. Das ging noch eine ganze Weile so weiter und schließlich erwarb mich eine große, mürrisch aussehende Frau für 9500 Mucs.

„Du hast auf Kinder aufgepasst?", fragte sie und ich nickte wage. „Es war ein Teenanger. Ich war eigentlich hauptsächlich da, um ihm Gesellschaft zu leisten.", beantwortete ich die Frage, während ich die unterwürfige Geste zum Gruß vollführte.

Die Info schien ihr zu reichen, denn sie zahlte das Geld, leinte mich an, und führte mich zum nächsten Shuttle. Dieses brachte uns einige Kilometer weiter richtung Stadtrand wo die Straßen schmutziger und die Wohngebäude kleiner wurden.

Sie führte mich in eine Wohnung, in einem Wohnhaus mittlerer Größe. Diese Wohnung war wesentlich weniger luxuriös als die, in der Kostas lebte. In der Spüle stapelte sich Geschirr, der Fußboden sah aus, als hätte er dringend eine Reinigung nötig. Allgemein schien die Wohnung in keinem besonders guten Zustand zu sein.

Die Frau trennte mich von der Leine nachdem die Tür ins Schloss gefallen war.

„Unsere alte Haushaltssklavin ist vor einer Woche gestorben.", erklärte sie. „Du wirst hier kochen, das Apartment sauber halten, Fenster putzen und ab und zu auf die Kinder aufpassen. Sie kommen später von der Schule. Ihre Namen sind Fran und Abbie, sie sind acht und dreizehn Jahre alt."

„Sehr wohl", sagte ich unterwürfig.

„Du kannst mit dem Geschirr hier anfangen"

Also spülte ich Geschirr, während es sich die Frau auf dem Sofa bequem machte.

„Nicht so laut!" schimpfte sie, wenn es ein wenig lauter klirrte, also versuchte ich so leise wie möglich zu spülen. Als ich fertig war, zeigte sie mir meinen Schlafplatz. Es war eine alte Matratze die in einer Ecke des Wohnzimmers lag. Genau genommen war es die Nische zwischen der Couch und dem Fenster dahinter. Das Laken war fleckig. Es würde mich nicht wundern, wenn meine Vorgängerin genau hier gestorben war. Ich versuchte nicht daran zu denken, dass ich hier mein Leben verbringen würde. Damit beschäftigt Kinder zu hüten und zu putzen, während mein einziger Rückzugsort ein Platz war, der selbst einem Hund nicht würdig erschien. Aber was hatte ich erwartet? So ein Glück, wie ich mit Kostas hatte, konnte ich auf keinen Fall ein zweites Mal haben. Ich hätte es einfach nicht verbocken dürfen.

Kostas

Es war wie mein Vater gesagt hatte. Wir redeten kein Wort mehr darüber. Das Thema war vom Tisch und somit aus der Geschichte der Familie getilgt. Kimmy bereitete unser Mittagessen zu und wir aßen gemeinsam mit Brian, bevor sich mein Vater in sein Zimmer verzog um zu arbeiten. Ich hatte versucht mir meine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen, aber nun, da ich sicher war, dass mein Vater nicht so schnell zurück kommen würde, bröckelte die Fassade. Meine Gedanken holten mich ein, und ich ließ mich auf die Couch sinken zog die Beine heran, umklammerte sie mit den Armen und setzte das Kinn auf meine Knie. Mik war weg. Wer weiß, wo er steckte. Alles was ich von ihm hatte war seine Seriennummer. 7-0-9. Vielleicht konnte ich ihn eines Tages anhand dieser finden? Wenn ich meine eigene Wohnung hatte? Vielleicht konnte ich ihn auswindig machen und ihn zurückholen... das hieß, wenn er jemals wieder zum Verkauf angeboten wurde. Verdammt. Ich dachte hier daran mir meinen Freund zurück zu kaufen. Das war so falsch auf so vielen Ebenen. So sollte es einfach nicht sein!

„Hey, alles in Ordnung bei dir?", fragte Brian vorsichtig.

„Nein" schniefte ich. Ich fühlte mich leer und verlassen. Noch viel einsamer als damals, als ich über Wochen und Monate hier allein gewesen war. Und das obwohl mein Vater im Haus und mein bester Freund bei mir war.

„Ist es wegen Mik?"

„Sieht so aus.", sagte ich knapp.

„Du vermisst ihn, oder?"

„Ja"

„Liebst du ihn?"

„Ja, Mann", antwortete ich ohne zu zögern, was mich selbst überraschte.

„Das ist irgendwie schräg. Ich mach dir keinen Vorwurf, dass du mir nichts gesagt hast, ich hätte es bestimmt total komisch gefunden. Aber dich jetzt so geknickt zu sehen, zeigt mir, dass er dir wirklich viel zu bedeuten scheint."

Ich nickte vorsichtig. „Eine Menge" sagte ich.

„Wir hätten vorsichtiger sein müssen. Aber ich wollte mich eben verabschieden", ich erklärte Brian, dass Mik vorgehabt hatte zu gehen, und dass wir am Tag der Sklavenkämpfe eigentlich schlussgemacht hatten, weil mir da erst richtig klar geworden war, in welche Gefahr ich ihn brachte.

„Dich selbst aber auch. Hast du von diesem Urteil neulich gehört? Da wurden zwei Frauen bei lebendigem Leibe verbrannt, weil sie etwas miteinander hatte."

Ich schluckte. Ja, vielleicht war es gut, dass nur mein Vater uns erwischt hatte. Er war nicht nur gnädig zu mir gewesen, hatte mich noch nicht mal bestraft. Auch von Vorwürfen hatte er abgesehen. Hatte mich nicht eklig oder pervers genannt, auch wenn ich die Ablehnung in seinem Blick gesehen hatte. Er hatte sich zusammengerissen. Und das wichtigste war, er war auch fair zu Mik gewesen. Hatte ihn nur abgegeben, nicht als ungehorsam oder straffällig gemeldet. Und dennoch... das Resultat war, dass wir getrennt waren. Und das nicht, weil er befreit wurde, wie geplant, sondern weil er verkauft wurde. Wie ein Gegenstand, der einem lästig geworden war.

„Kostas, hör mal. Wir können es ja doch nicht ändern? Wollen wir nicht was zocken, damit du dich ablenken kannst?" ich schüttelte müde den Kopf.

„Dann erzähl mir wenigstens wie das alles passiert ist.", sagte Brian. Ich sah ihn skeptisch an.

„Hey, du kannst mir vertrauen. Das bleibt unter uns."

Also begann ich zu erzählen. Ich ließ die schmutzigen Details natürlich aus, aber erklärte ihm, wie die Anziehung zwischen uns gewachsen war, bis wir uns schließlich eingestehen mussten, dass wir aufeinander standen. Dass wir uns körperlich zueinander hingezogen fühlten und schließlich, dass ich Gefühle für ihn entwickelt hatte. Gefühle, von denen ich ihm nun nie erzählen würde können.

„Wow", sagte Brian nur.

„Ohne scheiß, bis zu dem Urteil neulich wusste ich nicht mal, dass es das gibt. Was ich mich jetzt Frage ist, warum ist es verboten? Es schadete doch keinem wenn zwei Menschen sich... sich gern haben und so."

„Wem sagst du das?", gab ich zurück, „Bei uns tut man so, als wäre das etwas Falsches. Auf anderen Planten ist es ganz normal. Da wo Mik herkommt zum Beispiel."

Wir redeten fast den ganzen Tag weiter. Stellten dabei unsere ganze Gesellschaft in Frage. Die Sklaverei, die Kluft zwischen Arm und Reich das Konsumverhalten, die Technisierung... Wir stolperten von einem Thema in das nächste. Und so blieb es in den nächsten Tagen. Die ganze Woche debattierten wir, bis uns schließlich beiden klar war, wie viel in unserem System falsch lief.

Human Toy - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt