Kostas
John hatte offenbar einiges erlebt, seit er von seinem Bruder getrennt worden war. Während das alte, rostige Gruppenshuttle über die schier endlos wirkende Stadt ratterte, erklärte er mir, wie er noch während des Sklaventrainingprogramms vom Chef der Einrichtung angefordert wurde und schließlich zu dessen persönlichen Haussklaven wurde. Dort diente er einige Wochen im Haushalt bis schließlich ein Mitglied des Wiederstandes Kontakt zu ihm aufnahm. Von da an, stand er mit dem Wiederstand in Kontakt und fand seine Funktion darin, im System einzelne Unfreie und deren Standort zu ermitteln, die dem Wiederstand wichtig waren. Denn genau zu diesem Zweck hatten sie ihn im Team haben wollen. Er war der Schlüssel zu wichtigen Informationen gewesen. So war es möglich gezielt Personen aus der Sklaverei zu befreien, die der Wiederstand für nützlich erachtete. John hatte als Gegenleistung nur einen Dienst gefordert: Die Befreiung seines jüngeren Bruders: Mik. Es hatte lange gedauert, bis er herausgefunden hatte, wo Mik gelandet war, denn der Verkauf von ihm, war nicht offiziell verlaufen, wie ich jetzt erfuhr. Mein Vater hatte ihn, quasi als Warenprobe, geschenkt bekommen. Doch John hatte es schließlich geschafft seinen Aufenthaltsort herauszufinden und als Rovin, sein damaliger Herr begann Verdacht zu schöpfen, hatten sie John in einer riskanten Mission befreit. Offenbar hielten diese Leute wirklich zusammen, wenn es darauf ankam.
„Aber dein Halsband?", fragte ich, als er mir die Geschichte bis zu diesem Punkt erzählt hatte. „Wie konntest du es abnehmen, ohne dass der Mechanismus ausgelöst wurde?"
„Wir habe Mittel und Wege es zu entfernen. Man muss es schnell machen, bevor man in die Luft gesprengt werden kann. Aber bei den meisten Leuten schaffen wir das. Mit dem richtigen Werkzeug ist das gar nicht mal so schwierig."
„Bei den Meisten?", fragte ich verunsichert.
„Bei mir und tausenden anderen hat es schon funktioniert. Und bei Mik wird es auch funktionieren! Aber zuerst müssen wir ihn finden!", versicherte John mir. Ich nickte aufgeregt. Das Shuttle hatte mittlerweile an Höhe verloren und landete nun in der Nähe einer alten Fabrikanlage, einige Kilometer hinter der Stadtgrenze. Hier gab es eine Menge heruntergekommener Gebäude, eines schäbiger als das andere. Ich half dabei das Fluggerät mit einer Plane abzudecken, dann schloss ich mich der gemischten Truppe Leute an, die sich ihren Weg über die mit Moos und Unkraut überwucherte Straße bahnten. Am Rande des Fabrikgebäudes, führte eine verwitterte Treppe nach Unten. John klopfte laut gegen die Metalltür, die sich an deren Ende befand. Es musste ein bestimmtes Klopfzeichen gewesen sein, denn ohne weitere Nachfrage wurde sie geöffnete, und wir traten in einen spärlich beleuchteten Gang.
Ein feuchter, modriger Geruch stieg mir in die Nase, sobald wir die Tür passiert hatten. Zwei Männer hatten an der Tür Wache gehalten, der eine hager und klein, der andere ziemlich bullig. Ansonsten war der Gang vollkommen leer. Jede Menge Türen gingen an den Seiten von ihm ab. Die Gruppe verteilte sich, einige verschwanden gleich hinter den Türen, andere liefen den Gang hinunter von dem ich noch nicht wusste, wo er hinführte. Mir viel auf, dass mir zwar viele neugierige Blicke zugeworfen wurden, aber kaum einer mit mir sprach. Im Shuttel war das nicht weiter aufgefallen, da ich auf Grund des enormen Lärms sowieso nur mit meinem unmittelbaren Nebenmann hatte reden können. Nun aber war es nicht zu übersehen, dass sich niemand die Mühe machte, sich vorzustellen oder sonst irgendwie mit mir in Kontakt zu treten.
„Mach dir nichts draus. Neuen gegenüber sind die Meisten erstmal skeptisch eingestellt.", erklärte John, als er meinem Blick folgte. Ich hasste es, wenn man mir meine Gefühle am Gesicht ablesen konnte, darum bemühte ich mich rasch meinem Gesicht wieder einen neutralen, unbekümmerten Ausdruck zu verpassen.
„Ich glaube wir sollten dich trotzdem erst mal beim Oberhaupt dieses Basispunktes anmelden gehen. Komm mit". Also folgte ich dem dunkelhaarigen jungen Mann, bis ans Ende des Ganges. Mein Blick fiel auf die Rohre die an der Decke entlangliefen, als mich ein dicker Tropfen Wasser im Genick traf und kühl an meinem Rücken hinab lief. Ich konnte mir kaum vorstellen wie es war, hier, versteckt vor der Außenwelt zu leben. War das mein Schicksal? Würde ich mich daran gewöhnen, weil mir einfach nichts mehr anderes übrig blieb?
John führte mich eine Treppe hinauf und in eine lichtdurchflutete Halle. In der Mitte des eindrucksvollen Bauwerks rosteten riesige Maschinen vor sich hin. Die Fenster waren zum Teil in Takt, zum Teil aber auch angeknackt oder ganz herausgebrochen. An diesen Stellen, waren die klaffenden Lücken mit Holzbrettern vernagelt worden, an denen sich nun der Efeu vorbei in das Gebäude rankte. Auch der Betonboden war an einigen Stellen aufgebrochen und Moos und einige Rankenpflanzen hatten ihren Weg ins Innere der Fabrikhalle bestritten.
John führte mich eine wackelig wirkende Metalltreppe neben einer der Maschinen hinauf, welche in ein geräumiges Büro führte, dessen Fenster hinaus auf das Gelände aber auch hinunter in die Fabrikhalle gingen.
Hier standen ein paar Schreibtische, auf denen Pläne und Karten ausgebreitet lagen, in einer Ecke befanden sich staubige Möbelstücke, die hier offenbar nur unterstellt waren. Einige zusammengewürfelte Sessel bildeten einen kleinen Kreis. Es schien eine Art von notdürftig eingerichtetem Besprechungsraum zu sein.
Als wir den Raum betraten, sah einer der Männer auf, der an einem Schreibtisch über irgendwelchen Plänen gebrütet hatte.
„Ah, John, du bist zurück!", dann fiel sein Blick auf mich.
„Dann ist das dein Bruder? Ist die Mission gelungen?"
„Nein, ähm das ist Kostas. Er ist..." er zögerte „Ein Freund meines Bruders. Und... irgendwie auch sein Besitzer gewesen." Der Mann sah skeptisch zu mir. Der feindselige Ausdruck in seinem Blick war nicht zu übersehen. Doch John legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Setzen wir uns, dann erklären wir dir alles. Ich hätte ihn nicht hergebracht, wenn ich ihm nicht vertrauen würde. Doch es bleibt nicht viel Zeit. Ich will meinen Bruder zurück!"
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Human Toy - Kostory
FanfictionWie viele Planten sind inzwischen bewohnt? Mik kann darüber nur mutmaßen. Auf seinem Heimatplaneten, gibt es keine Weltenreisenden. Allgemein scheinen diese Geschichten über andere Welten sehr weit hergeholt zu sein. Er und seine Familie hatten doch...