Mik
„Paps, bitte. Wir haben doch nur..."
„Was ihr genau getan habt, will ich lieber nicht wissen, vielen Dank", sagte Christos mit leicht pikiertem Blick.
„Wusstet du davon?", wandte er sich an Brien. Der sah verdutzt aus. „Nein, ich hatte keinen Schimmer", sagte er. Christos glaubte ihm anscheinend. Gut, immerhin hatte er ja wirklich nichts damit zu tun.
Christos holte die Leine, die direkt neben der Eingangstür ihren festen Platz hatte. Er fasste mich am Arm, weder zu fesst, noch besonders sanft. Es war eher eine auffordernde Geste. Ich erhob mich also mit einem mulmigen Gefühl von meinem Stuhl und mit Kimmys Hilfe verband er sein eigenes Armband mit meinem Halsband bevor er mich zur Tür führte. Nur verschwommen wurde mir klar, was das bedeutete. Er würde mich wegbringen. Er würde mich von hier fort schleifen und damit alles kaputt machen. John würde mich nicht finden, wo auch immer er mich hinbrachte. Und ich wäre von Kostas getrennt. Ich wäre von allen Menschengetrennt die mir je etwas bedeutetet hatten. Diese Tatsache belastete mich mehr, als die Frage wohin er mich bringen würde.
„Wo bringst du ihn hin?", fragte Kostas verzweifelt. Ihm schien dieses Detail wichtig zu sein.
„Er kann hier nicht bleiben. Ich werde nicht lange weg sein. Dann reden wir, wie es mit dir weiter gehen wird, Junge!"
„Du bringst ihn aber nicht zu dieser furchtbaren Arena? Bitte, Paps!"
„Für wie barbarisch hältst du mich?" fragte Christos empört. „Ich bringe ihn zu einem ganz normalen Marktplatz. Was mich angeht, verkaufe ich nur einen Haushaltssklaven den ich nicht mehr benötige. Der Junge muss ja nicht noch mehr darunter leiden, dass du dich nicht im Griff hattest!", und mit diesem Worten wurde ich von Kostas Vater hinaus in den Hausflur geführt. Er hatte die Geschichte geschluckt. Ich würde mein Sklavenleben weiter führen können. Nein, falsch, ich würde jetzt erst anfangen, ein Leben als Sklave zu führen. Das Leben, dem ich geglaubt hatte, entkommen zu sein. Vermutlich sollte ich glücklich sein, über die Chance. Doch das war ich nicht. Ich war einfach nur verzweifelt.
Christos brachte mich auf den Marktplatz. Er redete nicht mit mir und ich war ganz froh darüber. Immer wieder überlegte ich mich doch noch zu äußern. Konnte ich sicher sein, dass er Kostas schützen würde?
Was würde John denken, wenn er kam um mich abzuholen und von mir jede Spur fehlte? War er in der Lage mich ein weiteres Mal aufzuspüren?
Dem Händler sagte Christos, wie er es Kostas versprochen hatte, nichts von dem was er gesehen hatte. Stattdessen berichtete er, dass ich hauptsächlich dazu da gewesen war seinem Sohn Gesellschaft zu leisten und einige Aufgaben im Haushalt erledigt hatte.
Schließlich unterschrieb er einen Vertrag, löste die Leine und kassierte er für mich 3000 Mucs. Ob das nun viel war, oder eher ein Spottpreis, konnte ich nicht einschätzen. Zum Abschied sagte er nur ein knappes: „Ich wünschte es wäre anders gelaufen. Hab noch ein schönes Leben, Junge." und entfernte sich. Ich hatte nichts anderes Erwartet. Vermutlich hätte es viel schlimmer kommen können. Trotzdem war ich kurz davor ihn anzuflehen mich wieder mitzunehmen. Doch ich riss mich zusammen. Was hätte ich auch sagen können, um ihn umzustimmen?
Sobald er weg war wurde die Leine von meinem Halsbald abgelöst und ich wurde in einen Metallkäfig gesperrt, in dem nichts, als ein Krug Wasser stand. Keiner machte sich die Mühe mit mir zu reden. Für diese Leute war ich nichts als ein Stück Ware. Allerdings brauchte ich kein Genie zu sein, um zu wissen wie es weiter gehen würde. Bei der nächsten Auktion würde ich versteigert werden. Irgendwo da draußen lief schon jetzt mein neuer Besitzer herum. Jemand, von dem ich noch nicht wusste wer er war und was er mit mir vorhatte.
Kostas
Kaum dass mein Vater aus der Tür war ergriff Brian das Wort.
„Habt ihr wirklich...?, er ließ den Satz unbeendet, suchte aber meinen Blick. Ich spürte wie ich errötete, nickte aber schließlich während sich ein beklommenes Gefühl in meiner Magengegend ausbreitete.
„Oh", mehr schien ihm dazu nicht einzufallen.
Während wir darauf warteten dass mein Vater zurück kam, ließ ich im Zimmer auf und ab was meinen sich nahezu überschlagenden Gedankenstrom allerdings auch nicht zum Abreißen brachte.
Ich überlegte all mein Geld zusammen zu nehmen und Mik zurück zu kaufen. Ich könnte mit ihm durchbrennen. Aber wo sollten wir hingehen? Wo konnten wir unterkommen? Je mehr ich darüber nachdachte, umso aussichtsloser und erbärmlicher klang dieser Plan in meinem Kopf. Aber was sollte ich sonst tun? Ich musste doch irgendwas tun können!
Als mein Vater ohne Mik wiederkam ergriff mich Panik. Irgendwo in mir drin hatte ich anscheinend noch gehofft, dass er sich auf dem Weg umentschieden hatte. Dass er ihn wieder zurück bringen würde. Doch er war weg. Und ich hatte nicht mal die Gelegenheit bekommen mich zu verabschieden.
Die Stimme meines Vaters riss mich aus meinen trüben Gedanken. Er sprach so eindringlich, dass ich richtig zusammenzuckte.
„Kostas, es kann so nicht weiter gehen. Was hast du dir nur dabei gedacht? Du hast dich in Lebensgefahr gebracht, mit dieser Aktion. Und ihn auch! Das kann es dir doch nicht wert gewesen sein.", ich biss mir auf die Lippe und sah zu Boden.
„Wir werden dieses Thema einfach vergessen." Sprach mein Vater weiter. „Ich habe gerade mit dem Rector einer Privatschule mit Internat gesprochen, sie sind bereit dir einen Platz anzubieten." Er befahl Kimmy deren Informationen zu zeigen. Offenbar handelte es sich um eine Schule die eingepflanztes Wissen mit erlerntem kombinierte, und besonders Wert auf die Erziehung der Jugendlichen in Punkto Werte und Gesetze in unserem System legte.
„Du wirst diese Schule besuchen. Dort wirst du neue Freunde finden. Richtige Freunde. Vielleicht lernst du auch ein Mädchen kennen, wie du gesehen hast, ist es eine gemischte Schule.", langsam verstand ich, worauf mein Vater hinaus wollte. Doch ich sagte immernoch nichts, denn mir fiel nichts dazu ein. Wie es aussah, wurde ich soweiso nicht gefragt.
„Ich hätte dich hier nicht so lange alleine lassen dürfen. Wir werden nach heute einfach nie wieder davon sprechen, in Ordnung?" er wandte sich an Brian „Und dich bitte ich auch, stillschweigen darüber zu bewahren, was hier heute vorgefallen ist."
Brian nickte während ich nichts mehr sagen konnte. Vermutlich hätte ich mich vor ein paar Monaten darüber gefreut wieder auf eine Schule zu gehen. Und das Internat würde nichts daran ändern, wie oft ich meinen Vater sehen würde. Doch jetzt machte mir der Gedanke Angst. Ich würde fortgeschickt werden. Ich würde mich verstellen müssen. Ich würde mich mein ganzes Leben lang verstellen müssen! Keine Schule auf die er mich schicken konnte, würde mich so akzeptieren wie ich nunmal war. Das wurde mir so schlagartig bewusst, dass mir die Erkenntnis den Boden unter den Füßen wegzog. Ich ließ mich auf einen Stuhl plumpsen, unfähig meinem Vater in die Augen zu sehen.
„Kopf hoch, Junge. Von jetzt an wird alles besser. Du hast noch zehn Tage hier zu Hause, bis dein Flug zur neuen Schule geht. Solange kann dein Freund noch hier bleiben, wenn er es denn noch möchte." er sah zu Brian, der ohne zu zögern nickte. Diese kleine Geste, beruhigte mich irgendwie. Immerhin hatte ich bei ihm anscheinend nicht völlig verschissen.
Mein Vater nickte. „Gut, was ich eigentlich mit euch besprechen wollte, bevor uns dieses Ereignis aus der Bahn warf... Unser Sicherheitssystem wurde angegriffen. Es ist heute Nacht zum Teil außer Betrieb gewesen, aber so, dass es uns nicht auffiel. Dennoch hat es niemand in unsere Wohnung geschafft.", erklärte er zügig, und ich dachte sofort an Miks Bruder.
„Vielleicht war das nur ein Test. Ich habe mir in der nächsten Woche freigeräumt und werde von hier aus arbeiten, falls es weitere Zwischenfälle gibt. Aber seid unbesorgt, wir haben eines der sichersten Systeme. Ich gehe nicht davon aus, dass es irgendjemand hier hinein schafft."
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Human Toy - Kostory
Hayran KurguWie viele Planten sind inzwischen bewohnt? Mik kann darüber nur mutmaßen. Auf seinem Heimatplaneten, gibt es keine Weltenreisenden. Allgemein scheinen diese Geschichten über andere Welten sehr weit hergeholt zu sein. Er und seine Familie hatten doch...