Zwei Wochen später
Kostas
Ich sah ihn an, während er las. Seine Stirn war leicht gerunzelt, während seine Augen stetig auf dem Tablett weiter huschten. Er schien die Storys die er las förmlich aufzusaugen. Ich konnte mir kaum noch vorstellen, dass er früher nicht mal lesen konnte. Doch mit unserer Sprache, hatte er auch die Schriftsprache in sein Hirn gesetzt bekommen. Er hatte mir erklärt, wie er plötzlich hatte lesen können wie er unsere Sprache plötzlich beherschte. Ich kannte das gefühl von Wissen in meinem Kopf, was sich zunächst fremd anfühlte. Als wäre da etwas im eigenen Kopf, was da gar nicht hinein gehörte. Genauso ging es mir, nach meinen jährlichen Updates. Mik lächelte beim Lesen, er merkte gar nicht, dass ich ihn seit einigen Minuten beobachtete.
Innerhalb dieser wenigen Wochen war Mik mir so vertraut geworden, dass ich kaum fassen konnte, dass er noch keine zwei Monate hier war. Und dennoch unterschied uns etwas. Er war Untergebener. Ich der Meister.
Wir waren seit dem ersten und einzigen Versuch nicht mehr nach draußen gegangen. Mein Vater war einmal kurz hier gewesen, und hatte auch ein paarmal angerufen, aber eigentlich war er nach wie vor so gut wie nie zu Hause. Als er mal da gewesen war, hatte Mik kaum sein Zimmer verlassen. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, wenn mein Vater hier war, und ich wusste es selbst auch nicht wirklich, um ehrlich zu sein. Das letzte Mal, als wir anderen Menschen begegnet waren, war es in einem kleinen Drama geendet. Also hatten wir uns darauf geeinigt, dass er besser in seinem Zimmer blieb. Zumindest fürs erste.
„Wenn du schon genug von deinem Spielzeug hast, können wir ihn auch wieder verkaufen", hatte mein Vater am Morgen seiner erneuten Abreise gesagt. Um ein Haar hätte ich mir einen Zahn an der Gabel ausgebissen.
„Nein!", rief ich erschrocken aus. „Ich wollte nur meinen Abend gestern lieber mit dir allein verbringen, wo du doch so selten da bist.", log ich ihm dreist ins Gesicht. Mein Vater stutzte einen Moment, dann zuckte er aber mit den Achseln und nahm das Gesagte so hin. Manchmal fragte ich mich, ob er mich auch einfach loswerden würde, wäre es so einfach, wie einen Sklaven zu verkaufen.
Miks Augen huschten zu mir und fingen meinen Blick auf. Schnell wandte ich den Kopf ab, und sah auf mein eigenes Tablet. Lesen war nie so mein Ding gewesen, aber seit Mik regelmäßig las, wollte ich es zumindest mal versuchen.
„Was liest du da?", fragte er mich, und legte seinen eigenen Reader weg.
„Ach, irgendein Beziehungsdrama.", gab ich zu. Mik lachte.
„Seit wann liest du denn sowas? Seit wann liest du überhaupt?"
„Ich lese das, weil ich die Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Buch ziemlich gut finde.", sagte ich schulterzuckend.
„Und warum? Gute Frage. Naja... irgendwas muss ich machen, während du liest. Zocken macht kein Spaß mehr alleine.", gab ich zu. „Eigentlich macht fast nichts Spaß alleine."
„Ach was. Ab und an, ist es schon ganz schön für sich zu sein...", sagte er und ich schüttelte den Kopf.
„Ich habe jedenfalls gerne andere Menschen um mich."
„Immer noch Sehnsucht nach einer Freundin?", fragte er mit einem schiefen Lächeln.
„Quatsch, längst nicht mehr. Ich hab doch dich", sagte ich. Dann stutzte ich bei meinen eigenen Worten. „So war das nicht gemeint...", nuschelte ich, als mich sein Blick traf.
Mik seufzte und starrte wieder auf das Tablet. Daran, dass sich seine Augen nicht bewegten, merkte ich aber, dass er nicht las.
„Was hab ich nun schon wieder falsch gemacht?", fragte ich leise.
„Nichts.", sagte er ohne aufzusehen. Ich seufzte.
„Manchmal bist du echt ansträngend."
„Tut mir leid.", nuschelte er, hob aber immer noch nicht den Blick.
Mik
Seine Worte hallten in meinem Kopf wieder. War es wirklich nur ein Versprecher? Oder war doch mehr hinter seinen Worten, als er sich vielleicht selbst eingestand? Ich konnte nicht klar denken. Es wurde immer schwieriger für mich klar zu denken, wenn er in meiner Nähe war. Kurzerhand stand ich auf und ging ohne mich nochmal umzugucken in mein Zimmer. Manchmal hatte ich das Gefühl, er würde mich sofort durchschauen, wenn ich jetzt in seiner Nähe blieb. In diesen Situationen floh ich lieber bevor ich mich verriet.
Ja, irgendwie hatte ich Gefühle für ihn entwickelt. Und das machte die Sache so viel komplizierter, als sie sowieso schon war. Ich war kaum eine Minute in meinem Zimmer, als Kostas leise die Tür aufschob.
„Alles in Ordnung?", fragte er und ich nickte schnell.
„Klar. Ich will nur kurz... Ich wollte nur kurz allein sein.", sagte ich leise.
„Du, das war nicht so gemeint. Ich meinte nur, dass ich froh bin, dass du jetzt hier bist, anstelle von irgendeinem Sklavenmädchen. Vermutlich hätte ich sie sowieso nicht gemocht."
Kostas redete, und ich wünschte mir nichts mehr, als dass er endlich still sein würde. Ich wollte das allen nicht hören. Es tat weh. Denn ein Teil von mir wünschte sich, dass er es genau so gemeint hatte, und er jetzt keine Richtigstellung zusammenstottern musste.
„Ist schon klar", sagte ich knapp. „Ich wollte wirklich nur kurz allein sein."
„Okay.", sagte Kostas und wandte sich ab. Er hatte bereits eine Hand an die Tür gelegt, als er sich wieder zu mir umdrehte.
„Wirklich alles gut?"
Ich rollte mit den Augen. Doch als er endlich aus meinem Zimmer verschwunden war, schien mich die Stille fast zu erdrücken.
Ich blieb in meinem Zimmer. Auch wenn ich mich in seine Nähe zurück sehnte, wusste ich nicht, wie ich weitermachen sollte. Im Moment.
DU LIEST GERADE
Human Toy - Kostory
Fiksi PenggemarWie viele Planten sind inzwischen bewohnt? Mik kann darüber nur mutmaßen. Auf seinem Heimatplaneten, gibt es keine Weltenreisenden. Allgemein scheinen diese Geschichten über andere Welten sehr weit hergeholt zu sein. Er und seine Familie hatten doch...