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Er sagte mir, ich solle auf mein Herz hören. Ich atmete tief durch und legte mein Gesicht in meine Hände. Jemand betrat den Raum, das spürte ich, doch ich sah nicht auf. Der Schlüssel wurde mir hingehalten und mir wurde klar, dass es Nathalie war.

»Nimm ihn und entscheide selbst. Du weißt, selbst mit Schlüssel wäre ich nicht hinein gekommen, denn die Wachen hätten mich nicht hinein gelassen. Ich weiß Melody bedeutet dir noch etwas, also lass nicht zu, dass ihr etwas geschieht. Das würdest du dir selber nie verzeihen«, sagte sie. Ich nahm den Schlüssel und sah sie an. Leicht lächelte sie mich an und verließ danach den raum. Eine ganze Weile betrachtete ich den Schlüssel.

Sie hatte Recht: Trotz allem bedeutete mir Melody noch etwas. Ich seufzte und stand auf. Die Sache mit meinem Vater hatte mich gerade ziemlich überrumpelt. Ich dachte immer, er steht hinter Luzifer und all seinen Regeln. Doch scheinbar ist dies nicht der Fall und ohne es zu bemerken wurden Nathalie und ich so erzogen, dass wir unsere eigene Meinung bildeten. Dass wir Sachen einfach hinterfragten, meistens jedenfalls. Und Mutter machte mit. Alle anderen Dämonen würden meinen Vater bei Luzifer verpfeifen, doch ich nicht. Ich wusste auf welcher Seite ich stand, schon immer. Hinter meinem Vater.

Schnell machte ich mich auf den Weg zum Schloss. Hoffentlich wird sie mir das irgendwann verzeihen.

Melody
Meine Mutter war angekettet und die ganze Zeit über versuchte ich die Ketten zu lösen. Jedoch erfolgslos. Irgendwann gab ich auf und lehnte mich an die Mauer. 

»Wir sind geliefert«, gab ich von mir und Nina, so sollte ich sie nennen, sah mich an. Ein leises lachen entwich ihr. »Wurdest du etwa erzogen, um aufzugeben?«, wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf. Natürlich nicht. Meine Mutter sagte mir immer, wenn ich etwas erreichen will, dann schaffe ich es auch. Außer ich tat nichts dafür. Doch das hier war eine aussichtslose Lage. Wir saßen in einem Kerker in der Unterwelt fest. Im Schloss von Luzifer. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr kommen.

»Nein, ich habe noch Hoffnung, dass wir überleben könnten, aber hier raus kommen wir nicht«, sagte ich. Eine Tür öffnete sich. Ich spannte mich an. Würde Luzifer jetzt kommen und mich holen? Oder einer seiner Wachen? Doch nein, es war Justin. Er stand nun vor dem Kerker und schloss auf. 

»Beeil dich. Wir haben vielleicht zehn Minuten bevor jemand etwas mitbekommt«, sagte er leise. Er hatte es sich anders überlegt. Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn er hasste mich doch nicht so sehr wie ich dachte. Ich stand auf, blieb jedoch stehen.

»Sie auch. Schließe ihre Fesseln auf, bitte«, flehte ich ihn an. Verwirrt sah er mich an. Er verstand nicht weshalb ich ihn darum bat. »Sie ist meine leibliche Mutter«, fügte ich hinzu. Er seufzte und kam rein, um ihre Ketten aufzuschließen. Nachdem er das getan hatte rannten wir alle drei aus dem Schloss heraus. Nach einer Weile blieben wir stehen.

»Es tut mir leid. Ich weiß nicht wieso ich das getan habe. Vielleicht war ich einfach nur so geschockt, dass ich nicht nachgedacht habe«, sagte er und in seinen Augen konnten man sehen wie sehr er es bereute. Ich lächelte leicht. 

»Hey, ist doch nicht schlimm, oder? Jeder wäre geschockt gewesen«, entgegnete ich, um ihm zu zeigen, dass ich nicht all zu sauer war. Eigentlich war ich es überhaupt nicht, denn etwas Gutes hatte es ja: Wir hatten Nina gerettet. Aber enttäuscht war ich dennoch ein bisschen. Ich hätte nicht erwartet, dass er so reagiert. Doch ich zeigte es ihm nicht.

»Aber nicht jeder hätte dich zu Luzifer gebracht«, sagte er. Ich seufzte, doch sagte nichts. Stattdessen ergriff Nina das Wort. 

»Du hattest es getan, weil es dir in dem Moment richtig erschien. Luzifer ist grausam und manipuliert die Leute zu seinem Gunsten. Mach dir keine Vorwürfe, schließlich bist du derjenige, der uns gerettet hat, oder?« Meine Mutter hatte nicht gelogen als sie sagte, dass Nina ein gutes Herz hatte. All die Jahre wurde sie von Dämonen gefangen gehalten und denoch sah sie das Gute in Justin. Auch, wenn er es sich selber wahrscheinlich nie eingestehen würde, er hatte ein gutes Herz. Nicht so wie Nina, aber denoch war er im Inneren gut. Vielleicht sieht er sich selber als Monster, doch ich hoffe, dass ihm bald klar wird: Nicht alle Monster machen grausame Sachen. 

»Wir sollten hier weg bevor uns jemand bemerkt«, sagte Justin schließlich. Wir nickten und liefen weiter, bis er schließlich wieder stehen blieb. Vorsichtig und zögernd nahm er meine Hand und das Tor in die Menschenwelt kam zum Vorschein. Justin wollte, dass Nina als erstes durch ging. Scheinbar konnte sie es so sehen. Dann traten wir hinein und kamen in der Gasse wieder raus. 

Es war stock duster und bestimmt schon nach Mitternacht. Wir liefen ein Stück. Keine Menschenseele war draußen. Wenigstens war es nicht kalt. Ich bot Nina an mit zu mir zu kommen und sie nahm das Angebot an. Sie freute sich schon darauf meine Eltern wieder zu sehen. Justin begleitete uns zu mir. Dann schloss ich die Tür auf und ließ Nina als erstes rein. Sofort kamen meine Eltern und meine Mutter umarmte sie. Scheinbar hatte sie sie wirklich vermisst. Sie nahm Nina mit in die Küche und sie begannen sich zu unterhalten. Ich wandte mich Justin zu. Oder jedenfalls wollte ich es. Doch er war schon weg. Ich seufzte und schloss die Tür.
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Am nächsten Tag in der Schule setzte ich mich neben Nathalie. Vor uns saßen Meck und Mary. Beiden hatte ich in der Nacht noch davon erzählt und sie gebeten trotzdem nicht sauer auf Justin zu sein. Mary fiel das sichtlich schwer, aber wenigstens versuchte sie es.

Den Test den wir gerade in Chemie geschrieben hatten habe ich sicherlich total verkackt. Jedenfalls sagte mir das mein Gefühl. Ich hatte vor gestern noch zu lernen, doch ich kam durch den kleinen Zwischenfall nicht dazu. Eigentlich war ich in Chemie recht gut, weshalb ich mir keine Sorgen machte. Eine schlechte Note kann mal passieren.

In der Mittagspause saß ich wie gewohnt bei Meck und Mary. Faith kam setzte sich gerade hin. »Ich hasse Geschichte«, gab sie genervt von sich. Mary grinste. »Also ich mag es.«

»Du hast ja auch einiges davon miterlebt«, entgegnete sie und begann ihr Essen zu essen. Es dauerte nicht lange und Madison gesellte sich ebenfalls zu uns und begann zu essen. Ich war schon fertig und unterhielt mich mit Meck über dies und jenes.

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Justin in unsere Richtung kam. Wollte er etwas zu uns?

Da ich das jetzt schon ein paar Mal gefragt wurde: Odeya Rush verkörpert Nathalie (an der Seite ist ein Bild). 

Demonic || j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt