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Melody

Nervös saß ich in der letzten Unterrichtsstunde des Tages neben Justin. Wir hatten beschlossen, den Unterricht dennoch zu besuchen. Vor allem wegen mir, da ich riesen Ärger bekommen würde, wenn herauskäme, dass ich die Schule geschwänzt hatte, auch wenn es wichtig war.

Nur leider konnte ich mich gerade überhaupt nicht auf das Fach konzentrieren. Der Lehrer - ein Vampir, der vielleicht Mitte zwanzig war - sah öfter zu mir rüber. Scheinbar war ihm meine Nervosität nicht entgangen, doch er schwieg. Wäre das hier eine normale Schule, dann würde er für einen Lehrer vielleicht zu jung aussehen.

Nathalie - die mit John vor uns saß - drehte sich kurz um und sah zu Justin. Dieser nickte ihr dann zu. Was hatten die Beiden geplant? Diese Frage schoss mir sofort durch den Kopf.

Nathalie hob die Hand. Gerade war Stillarbeit, weshalb es halbwegs ruhig in der Klasse war. Okay, aus allen Ecken hörte man Geflüster, doch das war's auch schon.

Der Lehrer forderte sie dazu auf zu sprechen. »Ich müsste mal auf die Toilette«, begann Nathalie höflich. »Dürfte ich gehen?«

Kurz schien der Lehrer darüber nachzudenken, gab aber schlussendlich sein okay dafür. Sie stand auf und machte sich auf den Weg.

Ich versuchte mich nun auf die Aufgabe zu konzentrieren, die wir bekommen hatten, doch ich verstand rein gar nichts. Verzweifelt las ich sie mir immer und immer wieder durch. In der Hoffnung, dass mir vielleicht doch noch eine Antwort einfiel, aber keine Chance. Zum Glück mussten wir das nicht abgeben.

»Hier«, kam es plötzlich leise von Justin und er schob mir seine Arbeit rüber. Eins konnte man ihm lassen: In der Schule war er nicht unbedingt der Schlechteste. Zwar kannte ich seinen Notenstand nicht, aber ich wusste auch, dass er keine drei auf dem Zeugnis hatte. Das hatte ich aus dem Gespräch beim Abendessen seiner Familie gestern herausgehört. Kurz wurde darüber gesprochen.

Dankend schenkte ich ihm ein Lächeln und begann das abzuschreiben. Natürlich mit meinen eigenen Worten. Als ich fertig war, schob ich sein Blatt wieder zu ihm.

Mir fiel auf, dass Nathalie noch nicht wieder aufgetaucht war, was bedeutete, dass sie nicht auf die Toilette gegangen ist. Hatte sie etwa alleine vor, herauszufinden, wo Madison und Faith waren? Wieso ließ Justin das zu? Oder wusste er, dass ihr nichts geschehen würde?

»Justin, Melody, John - kommt bitte einmal mit. Mary auch«, kam es plötzlich von unserem Lehrer und ich schreckte aus meinen Gedanken. Erst sah ich kurz zu Mary - die mit den Schultern zuckte, als sie mich sah - dann stand ich zögerlich auf. Wir alle folgten unserem Lehrer in einen separaten Raum. Er war ziemlich weit weg von dem, in welchem wir derzeit Unterricht hatten.

Als wir den Raum betraten, drehten wir uns zu ihm um. Dann griff Justin nach meiner Hand. Wir alle sahen unseren Lehrer fragend an.

»Was geht hier vor sich und wo ist Nathalie? Und versucht es gar nicht erst, sie ist garantiert nicht nur auf die Toilette gegangen«, sagte er. Ich biss mir auf die Unterlippe. Scheiße, was sollten wir jetzt sagen? Die Wahrheit? Das wäre eigentlich das Beste, doch war es wirklich sinnvoll?

Wir sahen uns alle an, Mary seufzte schließlich. Mir wurde bewusst, dass Mr. Cook - unser Lehrer - Mary hat mitkommen lassen, weil sie ein Vampir war und nicht unbedingt, weil er dachte, dass sie da mit drinnen steckte. Doch eine Vermutung davon musste er gehabt haben.

»Es geht um Madison und Faith. Sie wissen, dass wir alle mit ihnen befreundet sind, auch wenn es Werwölfe sind. Trotz all der Regeln eben. Und sie sind verschwunden, nachdem sie mit Gabriel reden wollten. Wir vermuten, dass Luzifer sie hat entführen lassen. Der Grund ist unwichtig«, erklärte sie ihm alles. Vermutlich kannten sie sich ein wenig. Jedenfalls sah es so aus. Sonst hätte Mary es nie einfach so erzählt, das wusste ich.

Mr. Cook schien das zu überraschen. Scheinbar hatte er mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Er überlegte, wie er darauf antworten könnte.

»Und Nathalie macht jetzt genau was?«, fragte er. Ach richtig, diese Erklärung hatte nur unsere derzeitige Lage erklärt. Nicht etwa, weshalb Nathalie verschwunden war. Doch das konnte Mary wahrscheinlich gar nicht so gut beantworten, denn Nathalie musste das mit Justin ausgemacht haben. Wann auch immer.

»Sie schnüffelt in der Unterwelt rum, um zu sehen, ob unsere Vermutung der Wahrheit entspricht«, meinte Justin. Hoffentlich kam sie nicht auf die Idee, die zwei alleine zu befreien, wenn sie wirklich bei Luzifer waren. Das könnte auch für sie tödlich enden.

»Allein?«, sagte Mr. Cook und Justin nickte. Wieder schien unser Lehrer zu überlegen, dann sah er zu Justin.

»Du müsstet wissen, wo sich die Erzengel aufhalten. Geh zu Gabriel und frag, ob die zwei jemals dort waren«, wies er ihn an. Auch wenn Justin das nicht zu gefallen schien, dass man ihm sagte was er zu tun hatte, nickte er grummelnd. Er gab mir einen Kuss und flüsterte mir ein 'Bis nachher' zu.

Nun war es offiziell: Ich konnte meinen Eltern absagen. Wir würden leider nicht mit in den Park gehen können, verdammt. Das würde ich ihnen schreiben, sobald ich konnte. Natürlich würde ich mir eine glaubhafte Lüge einfallen lassen. Zwar wussten sie irgendwie über Dämonen und all das bescheid, doch mit hineinziehen würde ich sie garantiert nicht.

»John, geh du Nathalie helfen. Es wäre besser, wenn sie nicht alleine ist«, sagte Mr. Cook zu ihm. Nickend verabschiedete er sich von uns und verschwand. Nun waren nur noch Mary und ich da.

»Und ihr zwei werdet mir jetzt verraten, wie ihr alle in dieses Schlamassel hineingeraten seid. Keine Lügen. Ich schwöre euch, ich werde schweigen wie ein Grab und versuchen euch zu helfen«, meinte Mr. Cook. Konnten wir ihm in diesem Punkt glauben, oder log er uns an? Ich konnte es nicht genau sagen uns sah deshalb zu Mary, die einfach begann ihm alles von Anfang an zu erzählen. Wieso vertraute sie ihm so sehr? Kannten sie sich vielleicht doch besser, als ich dachte?

»Ihr werdet das echt durchziehen, oder? Und die Erzengel helfen euch?« Wir nickten. Damit meinte er den Sturz von Luzifer. Als Mary erwähnt hatte, dass der König der Unterwelt ebenfalls auf unserer Seite war, schien Mr. Cook überrascht zu sein, sagte aber nichts dazu.

»Wir sollten mal mit Jona reden. Vielleicht würden die Vampire ja ebenfalls helfen«, schlug er vor und Mary nickte. Mr. Cook gab ein kurzes 'Wartet hier' von sich und ging.

Nun sah ich zu Mary und wollte wissen, weshalb sie wusste, dass sie ihm so sehr vertrauen konnte, wie sie es nun einmal zu tun scheint.

»Naja, er ist so was wie mein Vater, weißt du. Meine Eltern sind schon ewig tot, da sie keine Vampire waren und Trevor...eh Mr. Cook hat mich bei sich aufgenommen. Ich lebe da schon seit ich meine Eltern verlassen musste. Deshalb habe ich auch seinen Nachnamen angenommen. Offiziell bin ich seine kleine Schwester, da er noch zu jung wäre, mich als Tochter zu haben«, sagte sie und sah dabei auf ihre Finger. Während sie von ihren Eltern sprach, sah sie bedrückt aus, weshalb ich sie kurzerhand umarmte. Dennoch war ich noch immer überrascht über den Fakt, dass er quasi so was wie ihr Vater war. Das erklärte jedoch, weshalb sie ihm so vertraute. Dann kam Mr. Cook wieder herein.

Demonic || j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt