𝘵𝘸𝘦𝘭𝘷𝘦.

377 38 40
                                    

Er fing an leise zu lachen, und auch ich giggelte ein wenig.
Ich mochte es, wenn er lachte. Es war ansteckend.
Allgemein heiterte er mich irgendwie auf, mit der Art wie er sprach, sich verhielt und wie er mich behandelte.

Doch jetzt musste ich erst mal schnell nach Hause kommen, ich wollte wirklich nicht, dass Eomma sich zu große Sorgen um mich machte.

"Wir müssen hier rechts lang", dirigierte ich Hoseok.
Die Bahnstation war unterirdisch gelegt, weshalb sich hier unten nur wenig warme, stehende Luft befand.
Auch das Licht war nicht besonders vorteilhaft, ich sah dadurch immer noch bleicher und kränker aus. Deshalb senkte ich schnell den Kopf, um Hoseok den Anblick zu ersparen.

Er selbst sah natürlich wie immer atemberaubend gut aus, die Haut so rein und weich wie die eines kleinen Kindes und sein Teint war auch in diesem schlechten Licht hübsch und gleichmäßig.
Schon wieder fragte ich mich, wie es überhaupt möglich war, so ein faszinierendes Aussehen zu besitzen.
Ich könnte mich wohl Ewigkeiten damit beschäftigen, ihn einfach nur zu betrachten, jedes Detail seines hübschen Gesichts in mich aufzusaugen, in mir von Kopf bis Fuß einprägen.
Doch dafür war jetzt keine Zeit.

Eilig schob ich meinen Rollstuhl an, während Hobi mit langen Schritten neben mir herlief.
Gott, sogar die Art, wie er ging, fand ich irgendwie attraktiv. Ich hatte doch echt einen Knall...

In diesem Moment blieb Hoseok verwirrt stehen.
Wir waren am Fuße der Treppe angekommen, die nach oben ins Freie führte.
Die nackten, grauen Betonstufen türmten sich wie ein tückischer Drache vor mir auf, ein nur schwer überwindbares Hindernis.

"Uhm... Yoongi, ich will ja nichts sagen, aber ich weiß nicht, ob ich dich da hoch tragen kann...", meinte er unsicher, "Wie zur Hölle schaffst du das alleine?"

Sein Blick wanderte von den angsteinflößenden Stufen zu meinem Rollstuhl und wieder zurück.

Gottchen, wie süß. Glaubte er wirklich, ich ließ mich jeden Tag von jemandem da hoch schleppen?
Leise begann ich zu kichern.
Verwirrt, aber trotzdem leicht lachend schaute Hoseok mich an, sein Gesichtsausdruck war ein einziges, riesiges Fragezeichen.

Grinsend schaute ich zu ihm hinauf.
"Weißt du, es gibt da etwas ganz, ganz tolles und praktisches, das nennt sich Aufzug. Müsstest du doch eigentlich kennen?", erklärte ich ironisch, ich konnte meine Belustigung nicht verstecken.

Breit grinste ich ihn an, und er schlug sich lauthals lachend mit der flachen Hand gegen die Stirn.
"Shit, da hätte ich auch echt selbst draufkommen können..."
Belustigt lächelte ich ihn an.
"Schon gut, dir fällt sowas wahrscheinlich einfach nur nie auf... Ich hab früher auch nicht drauf geachtet."
Schulterzuckend bedeutete ihm, mir zum Fahrstuhl zu folgen.

Allerdings war mir der winzige, unsichere Blick von Hoseok nicht entgangen, als ich "früher" erwähnt hatte.
Ganz kurz hatten seine sonst so leuchtenden Augen sich verdunkelt, und für einen Wimpernschlag war eine zarte, kaum sichtbare Falte zwischen seinen Augenbrauen aufgetaucht.
Hatte ich ihn damit verunsichert?
Er war gut mit dem Rollstuhl an sich umgegangen, hatte keine blöden Bemerkungen gemacht und auch nicht heimlich gestarrt.
Er hatte sich toll verhalten, genauso, wie es für mich angenehm war.
Das gerade war das erste Mal, dass er ein wenig überfordert mit der ganzen Sache wirkte, als wüsste er nicht, wie er sich verhalten, wie er reagieren sollte.

Ich wollte ihn nicht bedrücken, ich wollte ihn da nicht mit reinziehen. Aber mir war genauso klar, dass, sofern wir weiterhin in Kontakt bleiben würden (was ich mir zugegebenermaßen sehr wünschte), wir irgendwann darauf zu sprechen kommen würden.
Irgendwann musste ich ihm die Geschichte erzählen, und was das ganze Dilemma mit sich brachte.

Doch dafür war noch genug Zeit, ich wollte ihn auf keinen Fall schon beim ersten Treffen damit konfrontieren. Ich wollte, dass er Zeit hatte, selbst darüber nachzudenken.

Mit seinen schlanken, langen Fingern drückte Hoseok die Taste für den Aufzug, die sogleich grün aufleuchtete.
Mit einem dumpfen Rumpeln wurde der Fahrstuhl zu uns hinab befördert. Gleich darauf öffneten sich die schweren Metalltüren und ich rollte von Hoseok gefolgt in das kleine Kabinchen.
Er stellte sich direkt hinter mich und betätigte wieder den Knopf.

Ich konnte seine Körperwärme an meinem Rücken spüren, und fast bildete ich mir ein, auch die Energie, die von ihm ausging, wahrzunehmen.
Wir waren uns nah in diesem engen Aufzug, seine Seite berührte sanft meine Schulter, was ein aufgeregtes Kribbeln durch meinen Körper schickte.
Unauffällig schluckte ich, wusste nicht wohin mit meinen Händen.

Unsicher legte ich sie in meinen Schoß und spielte nervös mit meinen Fingern.
In diesem Moment brach Hoseok die Stille.

"Eigentlich fahr ich überhaupt nicht gerne Aufzug", meinte er mit unbekümmerter Miene, " Ich bin früher mal mit meiner Tante stecken geblieben. Wir saßen zweieinhalb Stunden da drin und ich hab mir vor Angst in die Hose gemacht."

Oh nein, der Arme... Ich stellte mir ihn als Kind so unglaublich süß vor.
Die weiche Babyhaut, das wuschelige Haar und eine zarte, kleine Nase, in Kombination mit seinen putzigen Wangen und den Augen, die sich beim Lächeln in kleine Halbmonde verwandelten.
Trotzdem musste ich bei der Vorstellung grinsen, was Hoseok sofort erwiderte.

Interessiert lauschte ich ihm, und kicherte leise, als er erzählte, wie seine Tante ihm anschließend ihren Schal mit den pinken Blumen um die Hüfte gebunden hatte, um den Fleck zu verdecken.

Schon öffneten sich die Türen und wir traten beziehungsweise fuhren aus dem Fahrstuhl heraus.

"Wie weit ist es bis zu dir nach Hause?", fragte Hobi, als wir die Bahnstation verließen.

"Nicht weit, vielleicht 10 Minuten", erklärte ich und zeigte in die vage Richtung, in der sich mein Zuhause befand.
"Ok, das kann ich mir bestimmt merken für den Rückweg... zur Not gibt es ja noch Google Maps", grinste er.

Moment, er wollte mich bis vor meine Haustür begleiten?
Ich hatte damit gerechnet, dass er mich an der Station verabschiedete und sich sofort auf den Rückweg machte.
Aber um ehrlich zu sein gefiel es mir, dass er mitkommen wollte.
So konnte ich noch ein bisschen länger in seiner Nähe bleiben...

Hoseok hatte wohl meinen kurzen Moment der Verwirrung bemerkt, ein winziger, kaum sichtbarer Rotschimmer legte sich auf seine Wangen, während er mich unsicher anschaute.
"Also, vorausgesetzt natürlich, es ist okay für dich, wenn ich dich noch voll nach Hause bringe... ich kann auch hier gehen, wenn du magst", er verhaspelte sich ganz kurz, um dann weiterzusprechen.
"Ich... Ich dachte nur, weil es ja schon dunkel ist und deine Eomma sich doch Sorgen um sich macht und, ähm, es ist zu zweit bestimmt sicherer...?"

Nun konnte ich deutlich die Röte in seinem Gesicht sehen, es war ihm sichtbar peinlich.

Beschwichtigend legte ich ihm meine Hand auf den Unterarm.
"Ich würde mich echt freuen, wenn du noch mitkommst, wirklich. Danke."

𝙩𝙧𝙪𝙚 𝙗𝙚𝙖𝙪𝙩𝙮 | 𝙨𝙤𝙥𝙚Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt