𝘵𝘩𝘳𝘦𝘦.

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hope_dnc
Yoongilein... willst du, ähm, also hast du vielleicht auch mal Lust mich in Reallife zu treffen?

Erschrocken weiteten sich meine Augen. Mein Herzschlag schnellte sofort hoch, und mir wurde schlagartig total heiß.
Shit.

Es war so weit... er hatte gefragt. Und verdammt, was sollte ich darauf bloß antworten?
Natürlich hatte ich Lust ihn zu treffen. Ich wünschte es mir sogar sehr.
Aber dann würde er herausfinden, dass ich ihm mein Handicap verschwiegen hatte... er würde bestimmt sauer sein.
Das wollte ich nicht... Ich wollte ihn doch einfach nur nicht verlieren, ich brauchte ihn so sehr. Er brachte sein Licht in meinen dunklen Tagen, von dem ich so sehr abhängig war.
Immer wieder baute er mich auf, wenn ich mies drauf war, mal wieder kurz davor war rettungslos in meiner Verzweiflung zu versinken.
Dann war er da, sprach mir gut zu und munterte mich mit seiner fröhlichen, großherzigen Art auf.

Wenn ich ihm allerdings absagte, wäre er womöglich auch traurig und verletzt, was ich aber unbedingt vermeiden wollte.
Hoseok war so ein Sonnenschein, er sollte nicht wegen mir traurig sein.
Aber... Ich mochte ihn.
Ich mochte ihn mehr als die meisten anderen Menschen, die ich in echt kannte.
Und wenn er mich nach einem Treffen fragte, dann musste er mich doch auch irgendwo zurück mögen, oder?
Man fragte ja niemanden, den man nicht leiden konnte, danach.
Die Frage war bloß, würde er mich danach immer noch mögen?
Überfordert atmete ich aus.
Vielleicht sollte ich es einfach tun. Vielleicht sollte ich einfach mal mutig sein, und etwas tun, vor dem ich Angst hatte.
Seit einem halben Jahr vergrub ich mich in meinem Zimmer, ließ niemanden an mich heran und verweigerte sämtliche Soziale Kontakte außerhalb meiner Familie.
Das konnte so nicht weitergehen.

Auf einmal erfasste mich eine Welle der Überzeugung.
Ich würde Hoseok zusagen. Ehrlich und offen würde ich mich ihm zeigen, dem Versteckspiel ein Ende machen.
Endlich musste mal etwas passieren, meine momentane Verhaltensweise brachte mich nirgendwo hin.

Seltsam von mir selbst angetrieben und angefeuert griff ich energisch wieder zu meinem Smartphone.
Das zog ich jetzt durch.
Schnell und konzentriert tippte ich meine Antwort ein, überprüfte meine Nachricht noch kurz auf Rechtschreibfehler und atmete tief durch.
Mein Herz schlug schon wieder wie wild, die Aufregung pochte durch meinen ganzen Körper.
Ohne weiter nachzudenken klickte ich auf 'Senden'.

Keine Sekunde später war die Nachricht zugestellt.
Erschrocken, dass ich gerade wirklich meinen Schatten übersprungen hatte, quiekte ich auf und warf mein Handy hinter mich auf mein Bett.
Alles wird gut werden, Yoongi, redete ich mir ein. Er mag dich. Er wird dich auch mit deinem Äußeren mögen...
Verzweifelt wiederholte ich immer die selben Sätze im Stillen.
Jetzt konnte ich nichts mehr rückgängig machen... war es doch ein Fehler gewesen?
Hin- und Hergerissen zwischen Aufgregung, Reue und diesem dummen, mulmigen Gefühl in meinem Bauch vergrub ich mein Gesicht im Kopfkissen.
Das durfte doch nicht wahr sein, ich war so ein Idiot.

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yoon.gi93
Klar, wieso nicht?
Würde mich echt freuen c:

hope_dnc
Echt jetzt???
Du bist wirklich einverstanden?
Ja?
OMOOOOOOO *^*
tbh yoongi, ich hatte so schiss dass du Nein sagst... aber ich würde dich so gern mal in rl sehen und wir wohnen ja sogar in derselben Stadt~
UWU I'M SO HAPPYYYY ʕ→ᴥ←ʔ
Danke, Yoongilein♡

Er war so glücklich... und dennoch bereute ich es, zugesagt zu haben. Die Euphorie und die spontane Überzeugung, alles schaffen zu können von vorhin waren wie weggewischt. Sofort waren die Selbstzweifel wieder da, und der unumgehbare Gedanke, Hoseok könne mich verabscheuen.

Wieso saß ich auch in diesem bescheuerten Rollstuhl? Ohne diese schreckliche Lähmung hätte ich einfach mein altes Leben weiterführen können, und wäre nicht so gefangen in diesem tückischen Netz voller Selbsthass, Verzweiflung und Trauer.
Mit einem Schweren Seufzer schob ich mein Handy in meine Hosentasche und verließ mein Zimmer.
Ich brauchte jetzt einen Rat und guten Zuspruch.
Zielstrebig rollte ich über den Flur auf Jeongguks Zimmertür zu und hob meine Hand, um zu klopfen.
Ganz kurz blieb sie in der Luft hängen, zögerlich und unsicher.
Doch dann klopfte ich zaghaft gegen das helle Holz.

Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und rollte ein Stück näher, um hinter der Tür vor in den Raum lugen zu können.
Mein kleiner Bruder saß auf seinem Bett, einen Zeichenblock in der Hand, Kopfhörer auf den Ohren und ließ seinen Bleistift konzentriert über das Papier wandern.
Seine Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, während er das helle Blatt mit feinen, kontrollierten Bewegungen in ein wahrscheinlich wie immer perfektes Kunstwerk verwandelte.
Dabei wollte ich ihn nicht stören.

Gerade wollte ich wieder zurück fahren und die Tür wieder schließen, da hob Jeongguk verwundert den Kopf.
Ertappt hielt ich in der Bewegung inne und erwiderte den Augenkontakt.

Schnell zog er sich die Kopfhörer ab und setzte verwundert zu einer Frage an.
"Yoongi, was machst du denn hier? Was gibt's?"

Klar wunderte er sich. Ich hatte schon lange nicht mehr von mir aus seinen Kontakt gesucht, geschweige denn selbstständig sein Zimmer betreten.

"Uhm... Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob du mit mir raus gehst, aber ich will dich nicht stören...", murmelte ich und wollte wieder zum Rückzug ansetzen.

Ggukies Gesicht verzog sich überrascht.
Schnell legte er den Block beiseite und ne sprang vom Bett auf.
"Nein, nein, ich begleite dich, warte!", rief er hektisch, während er in seinem Kleiderschrank wühlte.
Wehmütig betrachtete ich ihn dabei.
Er war gewachsen, sehr sogar.
Für seine fünfzehn Jahre hatte er schon einen ziemlich guten Körper, seine Schultern waren breiter geworden, seine Figur allgemein maskuliner.
Er war schon immer ein bisschen größer als ich gewesen, denn ich war einfach klein und zierlich.
Nicht gerade das, wonach ein Junge in meinem Alter strebte, aber seit meinem Unfall brauchte dass ja eh niemanden zu interessieren.
Nun saß ich ja im Rollstuhl, da kümmerte es niemanden, wie groß ich war.
Schnell wandte ich meinen Blick von Jeongguks gut gebautem Rücken ab.
Jetzt war nicht der Moment, um mir selbst über die unfaire Verteilung unserer männlichen Gene leid zu tun.
Schon stand mein Bruder in einem leichten Pullover vor mir und strahlte mich an.

Sein immer noch etwas ungläubige, aber sehr glückliche Gesichtsausdruck ließ mich innerlich schmunzeln.
Er schien es wohl kaum glauben zu können, dass ich ihn gerade freiwillig dazu gebeten hatte, mit mir aus dem Haus zu gehen.

Was man ihm allerdings nicht verübeln konnte, denn das letzte Mal, dass ich eigenwillig an der frischen Luft gewesen war, lag einige Zeit zurück.
Zwar musste ich natürlich, wenn nicht gerade wie jetzt Ferien waren, täglich in die Schule, und Eomma zwang mich auch des öfteren sanft, einen Fuß vor die Tür zu setzen, aber aus eigenem Wille war dies schon länger nicht passiert.

Was man mir auch ansah. Meine Haut war so weiß wie Milch, was einen starken Kontrast zu meinen pechschwarzen Haaren bildete.
Ggukies Haut war bräuner, er trieb viel Sport in seiner Freizeit, wobei er viel in der Sonne war.
Dagegen war ich nunmal das reinste Gespenst.

"Eomma? Yoongi und ich gehen raus!", rief Jeongguk laut in Richtung Wohnzimmer.
"Was?", die Stimme meiner Mutter klang ebenfalls verwirrt.
Ich hörte Schritte, und schon stand sie im Türrahmen.
Erstaunt ließ sie ihren Blick über ihre zwei Söhne wandern, der eine groß, schlank und hübsch, der andere klein, zierlich und bleich in seinem Rollstuhl.
"Ihr macht was?", wiederholte sie ungläubig.

"Wir gehen raus. Wahrscheinlich in den Park. Bis später!", schnitt ich Ggukie, der gerade losplappern wollte, das Wort ab.
Es war mir unangenehm, so im Mittelpunkt zu stehen, auch wenn es nur meine Familie war.
Klar, die beiden waren super überrascht, aber mir war es unangenehm. Gut, es war schon etwas seltsam, dass ich auf einmal unbedingt raus wollte, doch ich wollte jetzt endlich los.
Ungeduldig wendete ich meinen Rollstuhl, griff nach meiner Jeansjacke an der Garderobe und dem Hausschlüssel.

Ich konnte förmlich spüren, was für erstaunte und verwirrte Blicke die beiden sich hinter meinem Rücken zuwarfen.

"Können wir dann jetzt los?"

𝙩𝙧𝙪𝙚 𝙗𝙚𝙖𝙪𝙩𝙮 | 𝙨𝙤𝙥𝙚Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt