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Das vibrierende Handy auf dem Nachttisch weckte Marco am Morgen. Träge und noch immer unter der Decke begraben ragte unter dem Stoff ein linker Arm hervor, der blind nach dem Gerät auf dem Nachttisch tastete.

Nach einigen Sekunden berührten die Finger schließlich jenen gesuchten Gegenstand und zogen das Handy zurück zu dem Deckenhaufen, aus dem auch langsam ein Kopf heraus lugte.

Mit zusammengekniffenen Augen und Haaren die einem Nest glichen, entsperrte Marco sein Handy und laß die Nachricht die dort von Axel im Mannschaftschat stand:

"Der Chef hat die Einheit eine Stunde vorgezogen. Er hat mich gerade angerufen."

Blitzartig schlug Marcos Blick auf die Zeitanzeige am oberen Displayrand und sein Herz begann schon zu rasen, als sein Kopf die aktuelle Zeit noch gar nicht richtig verarbeitet hatte.

Es war 8:43Uhr. Das Training heute war für halb elf angesetzt, was hieß die neue Uhrzeit wäre nun halb zehn. Marco hatte also genau 47 Minuten Zeit um in der Kabine aufzutauchen.

"Shit!", fluchte er sofort und sprang beinahe aus dem Bett.

Er stolperte auf seinen Kleiderschrank zu und fischte wild irgendwelche Sachen hervor. Was genau er sich da zusammenwürfelte, bekam er gar nicht richtig mit, aber das war ihm auch egal. Er hatte keine Zeit um seine Outfitwahl zu überdenken.

Eilig rannte er anschließend ins angrenzende Badezimmer, warf sich seine ausgewählten Klamotten über den Körper und eilte dann die Treppen hinunter.

Mit unruhigen Fingern schmierte er sich dort Butter auf eine Scheibe Brot, als Scarlett mit müden Augen, blinzelnd und in einem weißen Morgenmantel gehüllt in der Tür auftauchte.

"Was machst du denn jetzt schon für einen Stress?", fragte die Blondine mit kratziger Stimme.

"Favre hat die Einheit eine Stunde vorgezogen", entgegnete Marco nur während er sein Brot belegte.

Scarlett schien das derweil nicht zu beeinflussen. Noch immer müde lief sie auf Marco zu und legte ihm die Hände beruhigend auf die Schultern.

"Marco, es ist kurz vor neun und du fährst zum Trainingsgelände nicht länger als fünfzehn Minuten. Mach dir doch einfach so früh bitte keine Hektik."

Mit noch immer nervösen Augen drehte Marco sich daraufhin zu Scarlett um, die die Ruhe selbst zu scheinen war.

"Ich hab jetzt echt keine Zeit für deine Rede Scarli", entgegnete er und wollte gerade mit seinem Brot in der Hand an Scarlett vorbei, als diese ihn aufhielt.

"Moment", meinte sie nur und fuhr mit ihren Händen durch Marcos Haar um es zurecht zu legen, "du hast nicht mal an deine Haare gedacht. Langsam mach ich mir Sorgen."

Marco drehte seinen Kopf schließlich von der Blondine weg und verschwand an ihr vorbei.

"Ich zieh einfach ne Mütze auf. Dann sieht die sowieso niemand!", meinte er und biss in sein Brot, während er im Flur verschwand.

Scarlett sah nur noch dabei zu, wie er schließlich aus der Tür verschwand und eilig davon fuhr.

Mit großen Schritten und geschulterter Tasche lief Marco zielstrebig auf das Trainingsgebäude zu als er seinen Wagen auf dem Profispielerparkplatz geparkt hatte.

In seinem Kopf schwirrten tausend Gedanken und Sorgen, sodass er kaum bei Aufmerksamkeit war als er die Tür des Gebäudes öffnete und sie schwungvoll direkt in Marios Hacke stieß.

"Au! Sag mal bist du bescheuert?!", fluchte der 26-jährige während er ins Straucheln kam.

Augenblicklich legte sich Marcos Tunnelblick und er begann allmählich wieder seine Umgebung wahrzunehmen.

"Oh Sorry", brachte er nur glorreich hervor und reichte Mario, der gegen die Wand gestoßen war, eine Hand.

Mario ergriff ohne weiter darüber nachzudenken die ihm angebotene Hand. Erst als er wieder auf beiden Beinen stand und aufsah, erkannte er, dass er Marco vor sich stehen hatte. In einer Millisekunde, wenn nicht sogar einer Nanosekunde, durchfuhr Mario wieder dieses so vertraute und erfüllende Kribbeln.

"Oh, du bist es", sagte er nun ebenfalls mit wenig Verstand dahinter.

"Ja...", flüsterte Marco beinahe im Gegenzug.

Drei gute Sekunden standen sie sich gegenüber und hielten noch immer die Hand des anderen.

"Ähm...", schüttelte Mario als erster wieder seine Gedanken ab, "auch spät dran? Ich war schon überrascht, dass die Einheit vorgezogen wurde."

"Ja. Ich bin vor einer halben Stunde von Axels Nachricht wach geworden", erklärte Marco.

"Ging mir nicht anderes. Wie ich sehe hattest du auch keine Zeit mehr für deine Haare", sprach Mario mit einem leichten Lächeln und betrachtete Marcos Haare, ehe er seine Hand in das blonde Haar schob und versuchte sie wieder vorsichtig etwas zu richten.

Marco rührte sich derweil kein Stück und ließ Mario einfach machen. Viel zu sehr fasziniert war er von den Augen und dem Lächeln im Gesicht seines Ex-Freundes.

Normalerweise durfte niemand seine Haare anfassen, doch Mario war schon immer die Ausnahme gewesen. Ihm würde und wird er es nie verweigern.

Konzentriert legte Mario derweil die Haare seines Gegenübers zurecht. Er war so damit beschäftigt, dass er Marcos intensiven Blick erst nach einigen Sekunden bemerkte. Als er ihm dann jedoch auffiel, versteinerte er in seiner Bewegung und sah Marco nur ebenso eindringlich an.

Unbemerkt rutschte Marios Hand dabei von Marcos Haaren langsam seitlich hinab an seinen Nacken. Die beiden waren so in ihr Anstarren vertieft, dass sie gar nicht registrierten wie sie sich Millimeter für Millimeter näher kamen.

"Wir sollten uns umziehen gehen. Wir sind eh schon spät dran", hauchte Marco schließlich ohne dabei den Augenkontakt auch nur für eine Sekunde zu unterbrechen.

"Ja... Sollten wir...", murmelte Mario auch nur gedankenverloren und hielt den Blick aufrecht.

"Mario...", hauchte Marco daraufhin etwas traurig und beendete ihren kleinen Anstarrwettbewerb schließlich.

Mario sah daraufhin auch beschämt zu Boden, atmete einmal tief durch und zog seine Hand wieder von Marco zurück.

Der Blonde hatte ja recht. Das ganze hier war ursprünglich nur zustande gekommen, weil sie es beide eilig hatten zum Training zu kommen, da sie zu spät dran waren.

"Ja... Dann los. Die andern sind bestimmt schon alle auf dem Platz", sagte Mario nachdem er sich geräuspert hatte, griff nach seiner Tasche, die er bei dem Zusammenstoß mit der Tür hatte fallen lassen, schulterte sie und verschwand schließlich in Richtung Kabine.

Marco sah ihm nur kurz nach, ehe er ihm ebenfalls folgte.

Hope for LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt