Mit einem Seufzen stellte Marco seine Sporttasche neben der Tür ab. So war das überhaupt nicht geplant. Er hatte Mario doch nur nichts von Favres Plänen erzählt, um ihn nicht zu verletzen und weil es einfach nicht seine Aufgabe war. Er wollte ihn schützen und für ihn da sein, doch das ging irgendwie nach hinten los.
Er sah sich im Raum um und lauschte einfach nur für einen Moment, doch er hörte nichts. Kein Schluchzen, keinen Wutschrei, Kein Gemurmel. Es war komplett still.
"Mario?!", rief er noch einmal durch's leere Haus, doch auch daraufhin folgte keine Reaktion. Er seufzte erneut. Er hatte seinen Freund wohl wirklich vergrault.
Niedergeschlagen schlurfte er, nachdem er seine Schuhe los war, in die Küche und schenkte sich ein Glas Wasser ein.
Mario war wirklich sauer auf ihn gewesen. Marco hatte es genau an dem Funkeln in seinen Augen erkannt. Es würde eine ganze Weile und viele Espressos dauern, bis er sich wieder beruhigt haben würde. Marco musste sich also wirklich etwas einfallen lassen um ihn zu beruhigen.
Mit einem schnellen Handgriff zog er schließlich sein Handy aus der Hosentasche und begann einen Chatverlauf zu öffnen.
"Sind sie sich wirklich sicher wegen Mario? Ich glaube er könnte uns allen auf dem Platz helfen. Vor allem mir."
"Nein, Marco. Wir haben das geklärt. Mario bekommt wann anders seine Spielzeit."
"Im nächsten Spiel?", fragte Marco weiter hoffnungsvoll in der nächsten Nachricht an seinen Trainer.
"Das wird sich zeigen wenn es soweit ist und er gut trainiert hat."
Mit einem erneuten Seufzen sperrte Marco sein Handy wieder. Er kannte Favre lang genug um zu wissen, dass er Mario nach diesen Worten auch im nächsten Spiel nicht in den Kader berufen würde.
Er war hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war Favre der beste Trainer unter dem er je trainiert hatte. Er hatte ihn damals groß gemacht und es ihm ermöglicht wieder nach Dortmund zurückzukehren, wo er nun mehr als glücklich war. Andererseits pflegte Favre aber auch eine deutliche Abneigung gegenüber Mario und der war nun mal Marcos Freund. Marco konnte nie barrierefrei glücklich sein, wenn Mario es nicht auch war. Marios Glück stand einfach auf derselben Ebene wie sein Eigenes.
Mit einem schnellen Griff nach seinem Glas, exte Marco das restliche Wasser.
Das schlimmste an diesem ganzen Dilemma war, dass er nichts tun konnte um beide Seiten glücklich zu machen. Er stand in einem Zwiespalt. Gegen die Entscheidungen des Trainers konnte er nichts einwenden. Er konnte, gerade als Kapitän, nicht einfach nicht kommen und streiken. Das würde einfach ein schlechtes Licht auf ihn und alle werfen. Würde er für Mario streiken und protestieren, wäre er der Nächste, der von der Tribüne aus zuschauen durfte.
Gefrustet donnerte er das Glas auf die Spüle und stützte sich mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen gegen die Küchenzeile. Ihm waren einfach die Hände gebunden.
Eines wurde ihm im nächsten Augenblick jedoch klar: Er konnte nicht so tatenlos hier rumsitzen und nichts tun. Er hatte versucht mit Favre zu sprechen, doch der hatte seine Bitten verweigert. Mehr konnte er da einfach nicht tun. Auch als Kapitän nicht. Der Trainer entschied immer noch wer spielen durfte und wer nicht.
Doch auch tatenlos dabei zusehen, wie sein Freund langsam an der Gesamtsituation zerbrach, war keine Option. Er musste ihn so schnell es ging finden und für ihn da sein. Er wusste genau, dass Mario das in solch einer Situation brauchte. Er wusste, dass er ihn brauchte.
Nachdem der Dortmunder Kapitän so noch einmal tief durchgeatmet hatte, drückte er sich von der Theke ab und lief zurück in den Flur. Er musste Mario finden und er wusste genau wohin er dafür musste.
Schnell zog er sich wieder die Schuhe an, schnappte sich die Autoschlüssel und fuhr anschließend davon.
Das Auto hielt er erst wieder an, als er an einem Waldrand angekommen war. Er stieg aus, verschloss seinen Wagen und lief dann auf dem Feldweg in den Wald hinein.
Er war schon einige Meter gelaufen, bis er vom Weg ab auf einen kleinen Trampelpfad bog. Dieser führte durch das Gebüsch zu einem kleinen Steinbruch. Genau dort entdeckte Marco eine Facette, die mit hängenden Schultern auf einem Stein saß und gedankenverloren seine Beine baumeln ließ.
Ganz vorsichtig, um ihn nicht zu stören oder aufzuschrecken, schritt Marco auf die Facette zu und setzte sich neben sie. Ein kurzes Schniefen ertönte daraufhin und die hängenden Schultern richteten sich auf.
"Ich hab immer gesagt Favre ist der beste Trainer den ich je hatte, aber er ist auch ein sturköpfiger Idiot", sprach Marco nach einer Weile des Schweigens, "als er mir gesagt hat, dass er dich streichen will, war ich komplett überrascht und verwirrt. Ich hab ihn gefragt warum er das machen will und er hat daraufhin gemeint du wärst nicht gut genug."
Wieder war ein Schniefen zu hören. Gefolgt von einem Arm, der über das Gesicht von seinem Nachbar fuhr.
"Er ist ein Idiot wenn er das denkt. Er muss zwischen 2011 und 2013 scheinbar Tomaten auf den Augen gehabt haben. Das, oder er war zu fokussiert auf mich... Egal was von beidem der Fall war, er war blind... Du bist definitiv gut genug. Du hilfst unseren Kollegen durch deine schlauen Spielideen und flinken Pässe. Du machst jedes Team ein Stück weit besser."
Marco machte daraufhin eine Pause und sah zu der Person neben ihm. Dunkle, braune, leicht rötliche Augen funkelten ihn an. Augen, die so viel Trauer und Hoffnung in sich trugen.
"Aber vor allem machst du mich besser", fuhr Marco weiter überzeugt und mit fester Stimme fort, "du machst mich in jeder Hinsicht besser. Egal ob auf oder neben dem Platz. Du gibst mir die Lebensfreude und die Kraft an mich zu glauben und jeden Schritt zu gehen. Du allein bist der Grund weshalb ich jeden Morgen mit einem Lächeln auf den Lippen aufwache. Du gibst mir Zuversicht und Kraft. Mut und Liebe. Du bist der Grund weshalb ich mich nach all diesen Verletzungen nie aufgegeben habe."
Sein Gegenüber schniefte erneut gerührt, während eine Träne seine Wange hinab kullerte.
"Ich liebe dich Mario. Ich liebe dich über alles, egal was Favre sagt. Egal ob du spielst oder nicht. Ob du im Kader bist oder nicht. Ich liebe dich trotzdem. Und ich bin verdammt stolz auf dich."
Marco legte dem Jüngeren daraufhin eine Hand an die Wange und strich seine Träne zur Seite. Er lächelte seinen Freund zaghaft an, ehe er ihm einen sanften Kuss auf die Stirn drückte.
Daraufhin erwachte Mario aus seiner kleinen Starre und schlang die Arme um Marco.
All dieser Mist, den er in letzter Zeit mitmachen musste, zerrte unheimlich an ihm. Es zerberstete ihm regelrecht das Herz, dass er nicht mehr spielen durfte. Es schmerzte ihn so sehr, dass er vergessen hatte, wie wichtig ihm auch Marco war. Gerade in diesem Moment unterstützte dieser ihn und half ihm dieses Tief zu überwinden. Mario durchfuhr bei dieser Erkenntnis einfach nur eine unglaubliche Wärme.
Auch Marco legte dem Brünetten die Arme um die Schultern und zog ihn an sich. Er wollte Mario jetzt einfach nur Halt geben und ihm klarmachen, dass er nicht alleine war.
Mario vergrub daraufhin sein Gesicht an dem Hals des Blonden und schniefte noch einmal, während ihm eine weiter Träne entrannte.
"Ich liebe dich auch", murmelte er gegen die weiche Haut an Marcos Hals und schmiegte sich nur weiter an ihn.
Marco strich seinem Freund derweil langsam und beruhigend durch's Haar und über den Rücken. Er wusste, dass nicht mehr gesagt werden musste und hielt Mario einfach nur. Das war alles was jener gerade brauchte. Mario brauchte einfach nur jemanden, der an ihm festhielt und ihm vertraute, genau wie es Marco tat und auch immer getan hatte.
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Hope for Love
FanfictionMario ist seit gut zwei Jahren wieder zu seiner alten Liebe zurückgekehrt: dem BVB. Neben dem Vertrauen des Vereins und der Hoffnung endlich wieder sportlich erfolgreich spielen zu können, gab es jedoch noch einen anderen ausschlaggebenden Punkt für...