Kapitel 1

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A./N.: Diese Fanfiktion habe ich auf fanfiktion.de gestartet und möchte sie euch nicht vorenthalten.
GLG
xxx Lillie

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Tobias

„Four?"
„Mmmh? Wer ist da?", grummle ich in mein Kopfkissen. 
„Four! Es ist halb 10! Wann willst du denn mal aufstehen? Heute sind doch deine Wahlen!"
„Mmh. Ich weiß das schon, Chris. Du musst mich nicht an die Wahlen heute erinnern. Ich wollte nur ausgeschlafen sein."

Ich bin noch immer schlaftrunken. Ich liege auf meiner Seite des Bettes und strecke die Hand aus, auf die andere Seite. 
Sie ist kalt und unberührt. Wie immer.
Ich schließe wieder die Augen und atme tief ein.

Ich kann und will die einzige Liebe meines Lebens nicht vergessen.

Wie im Schnelldurchlauf lasse ich alle unsere Momente – die Guten sowie die Schlechten – in meinem Kopf vorbei ziehen. 

Wie sie die erste Springerin ist, von Peter geschlagen wurde, Capture the flag,  ich sie vor dem sicheren Tod in der Schlucht bewahrte, unseren ersten Kuss, meine Angstlandschaft .... bis zu dem Moment als ich erfahren habe, dass sie zwar das Todesserum überlebt zu haben schien, aber dann erschossen wurde. 

Dann setzte ich mich auf und fahre über meine kurzen Haare, die vom Schlafen verdrückt sind. 

„Wie lange willst du mich eigentlich noch ‚Four' nennen?"
Christina steht vor mir und sagt: „Und wie lange willst du hier noch herum trödeln? Du wirst heute Präsident!" 

Das war keine Antwort auf meine Frage. Aber sie hat Recht. 
Die Wahl heute ist wirklich wichtig. 

Ich hoffe sie wäre stolz auf mich.
Immerhin hat sie es uns erst ermöglicht so weit zu kommen.
Ein ‚GD' wird womöglich Präsident der Vereinigten Staaten. 
Ihretwegen wollte ich nie wieder eine Waffe anrühren und habe als Politiker an Johanna Reyes' Seite für Gerechtigkeit gekämpft. 

Die Erinnerung an sie hat mir die Kraft gegeben weiter zu machen.
Jetzt denke ich, dass ich sie loslassen kann, wenn ich Präsident geworden bin. 
Dass wenn ich den Eid abhalte ich ihre Anwesenheit hinter mir spüre. 
Dass sie stolz auf mich ist und danach eine Last von mir abfällt.
Die Welt auf einmal erhellt wird, wie wenn der Wind den Vorhang am Fenster weg bläst und das Licht den Raum durchflutet.

Aber zuerst muss es soweit kommen. 
Ich bin 10 Jahre jünger als der andere Kandidat. 
Er hat mehr Erfahrung – politisch gesehen – und hatte kein so verkorkstes Leben wie ich.

„Um wie viel Uhr bist du mit deiner Rede dran?", fragt mich meine beste Freundin.
„Um eins. Ich werde dann live im ganzen Land zu sehen sein. Vor mir ist allerdings der andere Typ – Steetan – dran. Es wird nicht einfach."

Ich bin mittlerweile aufgestanden und habe meine Laufsachen aus der Schublade geholt und bin auf dem Weg ins Badezimmer.
Als ich angezogen und mit geputzten Zähnen wieder heraus komme fragt Christina mich:
„Hast du deine Rede auch schon fertig? Oder gehst du jetzt laufen um noch was schreiben zu können?" 
Sie kennt mich. 
„Nur noch ein paar Verbesserungen." Und das Hauptargument mich zu wählen. 
„Aber vielleicht werfe ich sie auch über Bord, wenn ich die Reaktionen der Menschen sehe."
„Es tut mir leid das jetzt zu sagen, aber das ist ein echt mieser Plan, Tobias." Ich schaue Christina an, die grinst. 

Ich schiebe sie aus meinem Zimmer, die Treppe hinunter. Auf dem Weg aus der Wohnung raus, hole ich mir noch eine Wasserflasche und schalte überall das Licht aus, das Christina beim Betreten meiner Wohnung angeschaltet hatte. 

Christina hat zwar keine Laufsachen an, aber trotzdem begleitet sie mich.
Wir laufen zwar öfters zusammen, aber trotzdem haben wir nicht mehr die Kondition wie zu unserer Ferox-Zeiten. 
Sie noch weniger als ich, da sie mit ihrem Job in der Agentur viel zu tun hat. 
Ich laufe aber jeden Tag die Strecke vom ehemaligen Ken-Hauptquartier zu meinem Appartement.

Zeke, der wieder auf mich zu gekommen ist sagt zu mir immer, wenn er unten auf mich wartet:
„Da ist er! Hat sich seinen Weg von der Obersten-Chefetage für den Rest des Tages freigekämpft und ist jetzt auf dem Weg zu seinem sehr kleinen, aber feinem Privatleben! WooHooo!"  Dann klopft er meine Schulter und treibt mich durch die Straßen. In seinem Blick sehe ich immer noch die Trauer. Aber auch Stolz. Ich weiß jetzt wie Christina und Tris sich fühlen mussten, nachdem sie sich wieder angenähert hatten. 
Will und Uriah. Beide von Freunden ermordet.

Christina und ich laufen wortlos nebeneinander durch die Straßen Chicagos. 
Ab und zu erkennt mich ein Passant und winkt, jubelt oder nickt uns zu.

Ich wurde von Journalisten schon oft gefragt, was das für eine Art von Beziehung zwischen Christina und mir ist. Und es ist jedes Mal die gleiche Antwort: Eine lange, tiefe Freundschaft, die von tiefen Einschnitten unserer beiden Leben geprägt wurde.  
Mehr gibt es da nicht zu sagen. 

Um viertel nach zehn kommen wir bei ihrem Appartement an, wo sie sich dann von mir verabschiedet.
„Wir sehen uns später, Tobias.", sagt sie mit ihrem typischen, breiten Christina-Lächeln.
Ich erwidere das Lächeln, da sie meinen normalen Namen nur in unernsten Momenten benutzt. 
‚Four' ist wahrscheinlich tief in ihr verankert, weil sie mich als den 'gnadenlosen' Ferox-Ausbilder, als sie mit Will, Peter und Tris eine Initiantin war, kennengelernt hatte. 
Nur bin ich nicht mehr dieser ‚Four'.

Ich bin jetzt Tobias Johnson.
Vertreter der Gemeinschaft der Experiment-
Städte und allen, die Gleichberechtigung für alle wollen. 

Mein Gegner will überall die Fraktionen einführen.
Er war in einer anderen Stadt des Experiments ein Amite gewesen und will die friedliche Ordung wieder zurück und auf die ganzen Staaten ausdehnen. 

Ich laufe weiter.
Diesmal muss ich nicht darauf achten, dass Christina hinter mir herkommt. 
Jetzt kann ich einfach laufen.
Dann kommen auch schon die Ideen.

Ich könnte den Menschen da draußen erzählen,
„dass das System der Fraktionen nur eine Zeitlang wieder funktionieren kann. 
Solange bis jemand wieder unzufrieden ist.
Und dass dann jemand wie meine einzige Liebe meines Lebens ihr Leben geben muss, damit alle anderen ungestört und in aller Frieden, ihr kleines Leben zu Ende leben können. 
Und dass das immer und immer wieder der Fall sein wird. 

Das System, das ich anstrebe, funktioniert in Chicago, wie in den anderen Experiment-Städten, hervorragend. Wie es schon in den Frühen des 21. Jahrhunderts funktionierte. Nur durch den 3. Weltkrieg wurde es ausgelöscht. 
Durch einen Krieg, der von einem Mann angezettelt wurde der in seinem Land ein alleinherrschender, machtversessener Regent war, der sich der Konsequenzen nicht bewusst war und wie ein Schwächling, ein Feigling, den Freitod wählte."

Ja. Das ist gut. 
Jetzt muss ich nur noch schnell genug zu Hause sein, um es aufzuschreiben. 

*_*_*_*_*_*

Die Rede von Steetan war gut. Ich habe aber ein paar Reaktionen von seinem Publikum vernommen, die mit seinen Absichten nicht einverstanden waren. 

Jetzt 15 Minuten vor meinem Live-Auftritt, vor dem Ken-Gebäude, rast mein Herz.

Es hatte zuletzt vor Jahren so schnell geschlagen, als ich mit Tris in dem Zimmer mit der Couch allein gewesen war. Ich war aufgeregt, voller Adrenalin und – vor allem – voller Liebe. 
Oder als ich mit ihrer Asche die Seilbahn herunter fuhr.
Beides wichtige Momente in meinem Leben, die mich nicht loslassen werden und meinen Charakter geprägt haben. 

Es wird Zeit für mich zu meinem Podium zu gehen und meine Rede zu halten. 
Ich ordne meine Stichpunkte, auch die Idee, die ich beim Laufen bekam , und schaue noch ein letztes Mal auf das kleine Tattoo an meinem linken Handgelenk.

„Sei tapfer" 

Das war unser Satz, den wir uns sagten, wenn wir unseren Mut, über unsere Grenzen zu gehen, sammeln mussten. Damit drückten wir unsere Liebe und unser Vertrauen ineinander und all das andere, was man nicht in Worte fassen kann aus. 

Ich ließ es mir vor sechs Monaten stechen, mit meiner Kandidatur für das Präsidentenamt.

Wäre Beatrice Prior noch unter uns, würde sie mich umarmen, küssen, mit der linken Hand, an der sie unseren Ehering trägt, meine Wange halten,  „Sei tapfer" sagen und dort unten in der ersten Reihe stehen.

Ich atme tief durch und lege los. 

Antagonism - Mein Widerstand gegen das Ende - Alternatives Ende - Die BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt