Kapitel 24

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  Tess



„Am besten wartest du draußen, während ich mit Evelyn rede. Und keine Angst, ich mach alles dafür, dass du heute nicht bei ihr schlafen musst. Versprochen", meine ich leise, lege meine Hände auf ihre Schultern und schaue ihr fest in die Augen.
„Dankeschön, Tess.", murmelt sie und es fließen immer noch mal wieder vereinzelte Tränen über ihr Gesicht, die sie aber sofort auffängt.
„Da gibt es nichts zu Danken. Das ist ein Teil der Berufung des Widerstands. Alle aufzunehmen, die sich durch Evelyn bedroht fühlen und ein neues Dach über dem Kopf suchen.", lächle ich ermutigend.
Ich nehme meine Hände von ihren Schultern und wende mich der Tür zu.
Ich klopfe zweimal, ehe ich ein mürrisches „Ja?" höre, dass selbstverständlich von Evelyn kommt.
Ich öffne vorsichtig die Tür.


„Hallo Evelyn. Störe ich?", frage ich vorsichtig.
„Tessalynd!", meint Evelyn und schaut von einem Dokumentenstapel auf.
„Nein tust du nicht. Ich schaue gerade nur eure Arbeiten von heute durch. Hast du zufällig etwas von Shilo gehört?", fragt sie ausgelaugt. Sie mag zwar ein gefühlskaltes Monster sein, aber irgendwann packt auch sie die Müdigkeit. Sie wendet sich wieder dem Stapel zu und blättert weiter.
Ich räuspere mich.
„Um ehrlich zu sein, ja. Genau deswegen bin ich hier.", meine ich.
„Ach wirklich?" Ihr Kopf schnellt wieder auf und sie hebt überrascht eine Augenbraue.
„Ja. Ich habe Shilo bei meinem Nachhauseweg aufgegabelt. Sie ist völlig durch den Wind und hat gesagt, dass ihr euch gestritten habt.", sage ich vorsichtig und schürze die Lippen.
Ich bin Evelyn sehr vorsichtig gegenüber. Ich darf meinen Job nicht verlieren, noch will ich diejenige sein, die nach Four und Tris gefoltert wird. Ich frage mich sowieso, warum die beiden das mit sich machen lassen wollen.
Evelyn seufzt.
„Hat sie sonst noch etwas gesagt?", fragt sie mich traurig.


Hat sie doch Gefühle?, schießt es mir durch den Kopf.


„Nein, sonst nichts." Ich mache eine kleine Pause und gehe weiter in den Raum hinein.
„Ich wollte dir anbieten, dass Shilo heute bei mir übernachten könnte. Dann hast du etwas weniger Stress. Und ein wenig Abstand würde sicherlich nicht nur Shilo gut bekommen, bis ihr beide euch wieder beruhigt habt.", sage ich in meinem mitfühlendsten Ton, den ich anschlagen kann.
„Mhh... vielleicht gar keine schlechte Idee.", gibt sie zu.
„Wie du meinst. Wohnt Jill eigentlich bei dir? Ich würde gerne auch mal mit ihr sprechen. Wenn dir das nichts ausmacht.", versucht sie im selben Ton zu sagen, wie zuvor, scheitert nur kläglich.


Sie ist doch keine so tolle Schauspielerin, wie sie immer macht.
Aber es war ja klar, dass sie Jill anspricht.
Natürlich macht es mir etwas aus, wenn Evelyn mit Jill sprechen will. Denn Jill reagiert in letzter Zeit was das Thema Evelyn oder Meghan angeht ein bisschen über.
Nett ausgedrückt.


„Ich kann sie fragen, dann kann ich sicher ein Telefonat einrichten. Ich kann dir nur nichts versprechen, schließlich bestimme ich nicht, was Jill zu tun und zu lassen hat. Sie wohnt nur bei mir.", erkläre ich Evelyn und hoffe, dass die Lüge nicht auffliegt.
Aber sie schaut mich gar nicht an, sondern bleibt dem Dokumentenstapel zugewandt.
„Gut.", murmelt sie. Anscheinend ist sie in einem Artikel versunken.
„Versuch dein bestes. Ich habe allerdings noch eine Frage.", wendet sie ein.
Ich atme tief durch.
Evelyn schaut auf und beobachtet mich eindringlich.
„Wenn du hier bist und du eben gesagt hast, dass du Shilo aufgegabelt hast, dann ist sie auch hier, oder?", fragt sie mich.

Antagonism - Mein Widerstand gegen das Ende - Alternatives Ende - Die BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt