Kapitel 14

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Migas p.o.v.

Endlich war es soweit. Endlich hatten wir die letzten Minuten unserer Trainingszeit vor der Brust, bevor wir gemeinsam im Team nach Seoul fahren würden. Ich konnte meine Freude kaum bändigen. Irgendwie erschien mir diese Gelegenheit einen neuen Abschnitt zu starten. Wenn ich bei dem Turnier gut abschneiden würde, dann würde der Schwimmverband genügend Druck auf ihn ausüben, sodass er mich starten lassen musste, egal was für irrsinnige Erklärungen er aufbrachte um es nicht zu tun.

"Ihr schwimmt euch bitte noch locker aus, aber ihre beide Juhee und Sumi, ihr kommt bitte schon einmal mit. Ich möchte gerne kurze Einzelgespräche mit euch führen, was eine gute Kommunikation zwischen uns stärken soll. Lee Sang-hyun wird sich um die Überwachung kümmern", erklärte er uns und verlies dann mit den beiden etwas verwirrt dreinschauenden jungen Frauen die Schwimmbahnen.

Lee Sang-Hyun war unser Co-Trainer, der wenig Rampenlicht abbekam, obwohl er sich sehr stark für die Überwachung der Entwicklung und die verbesserte Logistik einsetzte. Er war ein sehr stiller Mensch, dessen Persönlichkeit keiner so wirklich kannte, obwohl er schon seit mehreren Jahren in seinem Posten arbeitete. Ebenso wie seine eigene Persönlichkeit war auch die Beziehung und der Einfluss, den er auf unseren Cheftrainer hatte, ein gut gehütetes Geheimnis, über das sowohl die Medien als auch wir Sportlerinnen rätselten. 

Wir begannen unsere Bahnen entspannt zu ziehen, wobei ich ihn beobachtete, wie seine meist kalt blickenden Augen über das Wasser glitten und er uns beim Schwimmen zusah. Seine Hände hatte er auf seine Hüften aufgestützt und seine Beine standen fest auf den Boden. Diese Haltung spiegelte perfekt sein Bild wieder, das er tagtäglich auf uns machte.

"Noch zehn Minuten", meinte er in seiner dunklen Stimme und begann die Utensilien, die wir beim Training benutzt hatten, wieder zurück an ihren Lagerungsort zu packen. Dabei schien er vertieft zu sein und senkte ledglich recht unbemerkt seinen Kopf so, dass er uns noch im Blick hatte.

Meine Gedanken schweiften allerdings zu Juhee und Sumi ab. Was er wohl gerade mit ihnen besprach? Und wieso hatte er sich die beiden als erste herausgepickt? Ich konnte bloß abwarten und spekulieren, aber ich konnte diese Spannung, die sich in mir aufbaute, kaum aushalten. Was würde passieren, wenn ich wieder zu ihm müsste?

Plötzlich wurde mein Name aufgerufen und sofort stieg ich aus dem Becken, schnappte mir mein Handtuch und wickelte mich eng darin ein. Ich wollte möglichst viel bedecken und schwerer erreichbar machen. Auf meinem Weg zu Sumi, die bereits auf mich wartete und mir die Tür aufhielt, spürte ich wie ich zu zittern begann. Nicht wegen der Kälte, in Schwimmbäden herrschen wie bekanntlich unglaublich hohe Temperaturen, sondern wegen der Nervosität und Angst. 

"Alles gut bei dir?", fragte sie mich und legte einen Arm um meine Schultern. 

Ich sah sie möglichst entspannt an und lächelte nur als ich nickte. Bis heute war es ein Geheimnis, das tief vergraben in mir lag und dort würde auch sie es nicht herausbekommen.

"Worüber habt ihr gesprochen?", fragte ich sie schließlich.

"Nicht viel. Er hat uns gesagt in welchen Wettkämpfen wir an den Start gehen werden und uns unseren Zeitplan bis zum Wettkampf überreicht", begann sie zu erzählen.

"Und? Wo wirst du starten?", versuchte ich mich weiter etwas abzulenken, während Sumi mich in sein Büro brachte.

"100 m und 200 m Brust", erwähnte sie kurz, als wir gerade vor der leicht geöffneten Tür standen. Ich zitterte nun nicht mehr so viel, aber stattdessen hatten sich einige Tränen in meinen Augen gesammelt und mein Herz schlug völlig unkontrolliert.

"Wir warten vorne auf dich, ok?", erlangte sie erneut meine Aufmerksamkeit und sofort nickte ich. Danach verschwand sie und ich klopfte sanft an die Tür.

"Bitte tritt ein, Miga", erklang Hwang Jihos Stimme aus dem inneren. Ich folgte seiner Anweisung und öffnete die Tür. Auf seinem Tisch lagen einige Pläne und er blickte nun von ihnen auf und lächelte mich an.

"Bitte setzt dich doch", meinte er und lächelte noch immer. Diese Fassade war mir lange Zeit echt vorgekommen, doch nun wusste ich, dass es eben das war und nicht mehr. Eine Fassade um seine Ziele zu erreichen und seine Sachen ohne Konsequenzen durchzuziehen.

"Hier ist dein Plan für die nächste Woche", erklärte er und reichte mir ein Blatt. "Wir werden uns in zwei Stunden am Bahnhof treffen und von dort aus nach Seoul fahren. Dann werden wir in unsere Zimmer im Hotel beziehen und die restlichen zwei-drei Stunden stehen euch dann zur freien Verfügung. Am nächsten Tag folgt ein gemeinsames Frühstück und dann einige Trainingseinheiten. Du kannst dir den restlichen Plan ansehen und dann noch Rückfragen stellen"

"In welchen Wettkämpfen werde ich starten?", fragte ich und hielt danach die Luft an, weil ich furchtbare Angst vor seiner Antwort hatte. Als ob mir das helfen würde.

"100m Schmetterling und 200m Schmetterling. Wenn es sehr gut läuft, dann auch noch 100m und 200m Freistil", antwortete er mir. Wenn es gut läuft, zeigte mir schon wie es laufen würde und ich wollte mich bei dem Gedanken am liebsten sofort übergeben.

"Und diese "Tiefenanalyse" bedeutet was?", fragte ich vorsichtig und erwischte mich erneut dabei die Luft anzuhalten. Wann hatte ich mir das bloß angewöhnt?

"Nach den Trainingseinheiten sollten wir doch vor dem Wettkampf deine Wettkampffähigkeit überprüfen und dafür habe ich diese "Tiefenanalyse"- Stunden eingebaut. Dieser Wettkampf und die bald anstehenden sind schließlich eine der letzten Möglichkeiten der Vergleichbarkeit vor den Olympischen Spielen in wenigen Monaten"

Ich nickte und es schauderte mir bei dem Gedanken. Dennoch lächelte ich freundlich, erhob mich, verbeugte mich und verschwand dann mit dem Zettel in der Hand. Ich brauchte frische Luft und musste irgendwie meinen Kopf frei bekommen. Deshalb duschte ich so schnell ich konnte, zog mich an, föhnte meine Haare etwas und teilte dann Juhee und Sumi mit, dass ich zu unserer Wohnung laufen würde und sie mich nicht im Auto mitnehmen mussten. 

Der Weg würde etwa vierzig Minuten lang sein, aber ich konnte diese Zeit gut gebrauchen, um wieder etwas zu Verstand zu kommen und mich zu beruhigen. Und dann konnte ich mich endlich wieder auf meine Zeit in Seoul freuen. Ich würde meinen chaotischen älteren Brüder Taehyung wiedersehen und auch seine Bandkollegen, wobei ich mich dabei natürlich am meisten auf Jungkook freute. Ob es ihm wohl genauso ging. Ich hoffte es zumindest, denn ich mochte ihn auch gerne und wer weiß, vielleicht war es ja auch mehr.

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt