Kapitel 46

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Jungkooks p.o.v.

"Die Medien sehen das nur als weiteren Beweis für seine Schuld an. Die Aussage einer nahestehenden Person ist in solchen Zeiten, in denen das vermeintliche Opfer nicht aufzufinden ist, gold wert. Und die hergestellte Verbindung ist ja auch wirklich befriedigend", meinte er und wollte gerade fortfahren, als ich dazwischengretschte und sagte:

"Aber sie sind nicht wahr. Ich war an diesem Abend die erste Person, mit der Miga nach dem Streit mit Taehyung gesprochen hat. Ich weiß, dass er sie nicht geschlagen hat. Und Miga liebt Taehyung über alles. Die beiden haben es geschafft über die große Distanz Jahrelang eine stabile Beziehung aufrechtzuerhalten. Das würde doch kein so betiteltes Opfer freiwillig tun, wenn es in Sicherheit wäre"

Er sah mich an und versuchte mich noch immer zu schonen. Sie wussten wie sehr uns die ganzen Geschehnisse mitnahmen, aber deshalb würde ich mich noch lange nicht abwimmeln lassen. Die beiden brauchten uns gerade mehr denn je und ich würde meinem Bruder und meiner beste Freundin nicht so in den Flammen der Gesellschaft beim Verbrennen zusehen. Niemals.

"Das mag ja alles sein, Jungkook, aber es ist für sie belanglos. Wir brauchen Beweise und wir müssen Miga finden, damit sie eure Version bestätigen kann. Solange nur noch mehr dieser vermeintlichen Zusammenhänge veröffentlicht werden, wird nichts diese Welle aufhalten können als Beweise, die wir im Moment nicht haben"

"Wir bräuchten doch nur die originale Audiospur von dem Gespräch und Miga", sagte ich und schluckte, als ich an sie dachte. Wo war sie nur? Würde sie sich in einer solchen Situation wirklich mit Training versuchen den Kopf frei zu machen? So wie ich sie kannte, wäre es in einer anderen Situation denkbar, aber nicht, wenn Taehyung so beschossen werden würde. Sie wäre doch die Erste, die für ihn in die Bresche springen würde. Also was hinderte sie jetzt daran?"

Plötzlich erklang ein Klingelton und sofort hatte das Handy unseres Managers meine vollste Aufmerksamkeit. Es klingelte, er entschuldigte sich kurz und nahm ab. Er nickte und antwortete immer wieder mit "ja" und "nein", bevor er mich mehr oder weniger aus dem Zimmer warf. Gab es etwa neue Erkenntnisse, die zu schlimm waren, um sie mit mir teilen zu können?

Die Neuigkeiten hatten mich ziemlich zerschmettert, auch wenn ich sie unbedingt hören wollte. Ich bereute es nicht, aber mein Herz schmerzte mir bei dem Gedanken an Tae und Miga. Das konnte doch alles nicht der Wirklichkeit entsprechen. Das musste doch ein schlechter Witz sein. Oder ein wilder Traum, der uns aus den tiefsten Tiefen unseres Unterbewusstseins eine Nachricht senden wollte und das gerade auf diese Weise tat, damit es nachdrücklicher und "motivierender" war, etwas daran zu ändern. 

Ich sah vom Boden auf und erblickte während ich auf meine Zimmertür zulief Tae, der dort an der Tür lehnte. Sein Gesicht schien etwas eingefallen. Seine Züge hatten einiges an Energie und Jugenhaftigkeit eingebüßt. 

"Taehyung? Wartest du auf mich?", fragte ich, während ich mir weiter meinen Weg zu ihm bahnte. Ich versuchte meinen Gesichtsausdruck etwas zu kontrollieren und sanft und möglichst aufbauend zu lächeln. Ich hatte mich noch nicht entschieden, ob ich ihm die Neuigkeiten erzählen sollte oder nicht. Es war noch nicht vorbei und er würde jedes Pfund an Energie letztendlich noch brauchen, da war ich mir sicher. Und dennoch ging es hier gerade um ihn und seine kleine Schwester. Er musste es erfahren und dann war ich hoffentlich ein besserer Übermittler als die Medien.

"Ja. Ich brauch deine Hilfe", antwortete er und sah mich etwas gequält an. Worum ging es? Was wusste er und was wusste er noch nicht?

"Es geht um Miga", sagte er knapp und beobachtete mich dabei, als ich an ihm vorbei ging, die Tür öffnete und ihn mit in mein Zimmer nahm. Er lies sich auf mein Bett fallen und schien gleichzeitig vor Tatendrang zu sprudeln und furchtbar erschöpft zu sein. 

"Ja. Hast du etwas von ihr gehört?", fragte ich mit einem wieder erflammenden Hoffnungsfunken in meiner Brust. Allerdings schüttelte er bloß den Kopf, bevor er sagte:

"Es wurden aber neue "Details" veröffentlicht und ich muss einfach alles wissen, woran du dich noch erinnern kannst. Worüber genau habt ihr an diesem Abend gesprochen und hast du etwas von Dr. Jung gehört über die Testergebnisse?"

"Wir haben über belanglose Dinge geredet. Wir haben über die Olympiasituation geredet und darüber, dass sie dich immer furchtbar vermisst, wenn ihr euch nicht seht, aber dass sie damit gelernt hat umzugehen", erzählte ich und erinnerte mich an die Nacht zurück auf dem Balkon. Es war ein so schönes Gespräch gewesen, auch wenn sie ziemlich viel geweint hatte und ich mich dabei ziemlich hielflos gefühlt habe, hatte ich das Gefühl, dass diese Nacht unsere Freundschaft entscheidend gestartet und geprägt hat.

"Aber welche Details meinst du genau?", hängte ich meine Frage noch hinterran. Vielleicht wusste er mehr als ich und wenn das nicht so wahr, dann musste ich ihm alles sagen, was ich noch erfahren hatte. Wir brauchten eine gemeinsame Basis, mit der wir arbeiten konnten.

"Eine Teamkollegin von Miga hat ausgesagt, dass sie am Morgen des zweiten Finaltags von sich gegeben hätte, dass sie am Vorabend bei mir gewesen sei, was ja auch stimmt, aber sie hatte diese blauen Flecken ja schon als sie zu uns kam. Und jetzt wird das Bild scheinbar ja immer vollständiger. Also weißt du noch irgendetwas von Dr. Jung?"

"Nein, natürlich nicht. Das sind Migas persönliche Daten, die er nicht mit mir teilt. Ich weiß von nichts was in dem Behandlungszimmer abgelaufen ist und er wird es mir auch nicht sagen. So etwas nennt man Schweigepflicht, auch wenn es uns nicht immer als sinnvoll erscheint, ist es doch gut, dass wir sie haben"

"Ich weiß, aber ich muss unbedingt herausfinden was passiert ist und wie es Miga jetzt geht. Mein Gefühl ist nicht besonders aussagekräftig im Moment und es macht mich ganz verrückt jetzt hier zu sein und nicht bei ihr. Diese Schlagzeilen sind für sie ja auch furchtbar und ich weiß nicht wie sie darauf reagiert. Ich kann gerade nicht einschätzen was sie jetzt macht", meinte er und sein Gesicht war gezeichnet von der Sorge, von der er mir eben berichtet hatte.

"Mir geht es genauso, aber wir können von hieraus gar nichts daran ändern", erwiderte ich und sah ihn genau an, bevor ich ihn in eine feste Umarmung zog. Er musste noch so viel mehr leiden als ich und deshalb sollte ich ihm all meine verfügbare Energie übertragen, damit wir es durchstehen würden, bis wir wieder Zuhause waren.

Er erwiderte die Umarmung und drückte mich ebenso fest an sich. Unsere Bindung hatte schon immer einige Höhen und Tiefen mitgemacht, aber in diesem Moment fühlte sie sich stärker denn je an. Wir würden das zusammen durchstehen. Wir sieben würden jeden Sturm zusammen überstehen und danach wieder gemeinsam die Sonne betrachten. So waren wir schon immer und würden es hoffentlich auch immer bleiben. Ich hörte ein Klopfen an der Tür und löste mich von ihm, als er just überrascht nach seinem Handy griff. Ich wollte die Tür gerade öffnen, als ich Taehyungs aufgewühlte Stimme hinter mir hörte:

"Die Nachricht ist von Miga"



SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt